Mit dem Fahrrad durch Würzburg

Turnusgemäß kommt in der Mainpost mal wieder das Thema „Radfahren in Würzburg“ auf das Tableau und ebenso turnusgemäß darf auch der ADFC seinen Senf dazugeben und in gleicher Weise wird wieder einmal auch offenbar, dass es unglaublich schwer sein muss, Rücksicht aufeinander zu nehmen oder sich an Verkehrsregeln zu halten. Zugegeben, als Radfahrer hat man es in Würzburg schwer, da Radwege einfach mal ins Leere führen und das an Stellen, wo man danach schon in Schwierigkeiten geraten könnte, wenn man sich nicht auskennt. Ein Beispiel: Fährt man von der Rottendorfer Straße kommend in die Stadt, kann man am Rennweg endlich auf einem Radweg fahren, ehe der Radweg an der Husarenstraße schon wieder endet und ziemlich eigenwillig auf den Rennweg mündet, just vor dem Oeggtor, wo die Straße sowieso verengt wird und entgegenkommende Autofahrer ständig die Vorfahrt missachten, was die Aufmerksamkeit der Autofahrer nicht unbedingt auf einen Radfahrer fokussiert. An den nächsten Kreuzungen geht das munter so weiter und die geschilderten Probleme sind sicher nicht nur meine, sondern die vieler Radfahrer, ganz gleich, aus welchem Stadtteil sie kommen. Das Radwegenetz ist in der Tat nicht gut, wenn auch nicht so schlecht, wie es oftmals gemacht wird: Eigene Spuren gibt es, nur eben nicht in der engen Innenstadt, zum Hubland kommt man auf einem von der Straße abgegrenzten Radweg, der aber immer wieder zugeparkt wird, wie es in der Seinsheimstraße oder Erthalstraße nur zu oft vorkommt. Alles ist nicht schlecht, aber vieles eben verbesserungsfähig; wo aber auf den teilweise engen Straßen in der Stadt noch Platz für einen Radweg sein soll, weiß ich nicht. Die Ausschilderung für Radtouristen hat sich zwar in den letzten Jahren zwar deutlich verbessert, am Main entlang die Stadt zu passieren bringt aber auch angesichts der zahlreichen Baustellen manche Schwierigkeit mit sich. Das teilweise unzureichende Radwegenetz ist das eine Problem, das andere ist die reichlich künstliche Aufregung, weil derzeit verstärkt auch Verkehrsverstöße von Radfahrern geahndet werden.

Wenn sich der ADFC jetzt erzürnt und sogar von einer „Hatz“ auf Radler spricht, verstehe ich das nicht. Ob man unbedingt gegen Radler einschreiten muss, die auf den Gleisen in der Sanderstraße in die Innenstadt fahren, kann man bezweifeln, weil Ausnahmeregelung für Radfahrer oftmals wirklich hilfreich wären und unnötige Umwege in der Praxis kaum durchsetzbar sind; dass Rotlichtverstöße von Radler mehr überwacht werden, kann ich nur unterstützen, nachdem mir erst letzten Sonntag fast einer ins Auto gefahren wäre und ich dafür noch einen Mittelfinger und einen Scheibenwischer gesehen habe. Auch Vorfahrtsregeln kann man einhalten, ohne dafür die schlechten Radwege als Entschuldigung heranzuziehen. Und gegen die Richtung in den Berliner Ring zu fahren, ist genauso dämlich wie das Durchschlängeln im Stau, wenn es sowieso eng ist.


Auf diese Weise habe ich auch noch selten Radfahrer in der Sanderstraße fahren sehen. Wirklich klug ist das nicht.

Der ADFC will eine „Hatz“ erkannt haben, statt Razzia-ähnlicher Methoden sollten lieber die Ursachen behoben werden. Alles so schön einfach in der Theorie, wenn man Ursachen aufzeigt, aber die Argumentation hinkt trotzdem, selbst wenn mancher Verstoß tatsächlich nicht tragisch ist und die Ursache leicht zu beheben wäre. Man kann aber auch nicht von einem Autofahrer erwarten, dass er wie selbstverständlich in Einbahnstraßen auf Radfahrer achtet. Genau das aber erwarten offenbar viele. Umgekehrt auf Autos achten? Wozu? Die Münzstraße ist da ein gutes Beispiel. Wenn Radfahrer bergab auf dem Gehweg fahren und Fußgänger oder Autofahrer gefährden, die aus ihrem Grundstück kommen, kann das nicht einfach übergangen werden, da leider auch mir als leidenschaftlichem Radfahrer die Rücksichtslosigkeit und Gleichgültigkeit vieler Radfahrer auffällt, und dafür fehlt mir dann auch das Verständnis. Eine Verallgemeinerung ist immer gefährlich, davon halte ich auch nichts, ich würde mich persönlich auch sehr ärgern, wenn ich als braver Radfahrer zur Kasse gebeten würde, aber gerade in der Fußgängerzone ist Rücksicht oftmals ein Fremdwort und auf der Alten Mainbrücke ist Schieben im dichten Gedränge auch mal sinnvoller, genau das passiert aber nur zu selten. Man kann sich bei diesem Thema ähnlich streiten wie beim Rauchverbot, es wird immer zwei Meinungen geben, aber etwas naiv einfach Rücksicht einzufordern ist eben schwerer als Regeln durchzusetzen und leider ist es eben auch so, dass bei vielen erst Strafen dazu führen, dass sich jemand ändert. Wer würde sein Verhalten ändern, wenn er belehrt und mit der Aufforderung mehr Obacht zu geben wieder entlassen würde? Eine fehlende Beleuchtung kann auch nicht durch Flutlichtmasten am Straßenrand ersetzt werden. Wenn täglich etwa 600 Parkverstöße bestraft werden und im Vergleich dazu etwa 30 Strafen gegen Radler ausgesprochen wurden, ist das wirklich keine Hatz, und das Radlerprivileg, gegen Verkehrsregeln verstoßen zu dürfen, gibt es trotz gegenteiliger Meinungen nicht.

Der ADFC betreibt ja gerne Lobbyarbeit für die Radfahrer, was ja auch völlig in Ordnung ist, die Argumentation bezüglich einer möglichen Helmpflicht ist aber ähnlich albern und wenig nachvollziehbar wie das Klagen über eine „Hatz“, der sich viele gerne anschließen, wenn man sich die Kommentare unter den verlinkten MP-Artikeln anschaut. Rücksicht nehmen ist für viele leider viel zu schwer, es schimpft sich ja so leicht auf die anderen.

Von Alex

Einst habe ich an der Universität in Würzburg studiert, jetzt bin ich Lehrer. Mein Lieblingszitat stammt aus dem grandiosen österreichischen Film Poppitz: „Dänkn däaf mass, soogn liaba neet“ – schließlich sind zumindest die Gedanken frei – wer es nicht verstanden hat: „Denken darf man es, sagen besser nicht“