Zufriedene Schadenfreude

Nachdem ich noch am Freitag unschlüssig war, ob ich wirklich zum Bürgerentscheid über die Blockrandbebauung am Platz’schen Garten gehen soll, bin ich am Sonntag doch ins Wahllokal in der Oberthür-Schule. Ich hatte mich bezüglich des Quorums geirrt, die Bürgerinitiative benötigte von 10% der wahlberechtigten Würzburger eine JA-Stimme, meine Zweifel, ich könnte mit meiner NEIN-Stimme zum Quorum beitragen, waren also unberechtigt und schlicht falsch.

Dass der Bürgerentscheid am Quorum gescheitert ist, finde ich prima. Die Tatsache, dass von den 102.379 Wahlberechtigten nur lediglich 15,74% (16.092) abgestimmt haben, dass von diesen aber 6608 Wähler ins Wahllokal gegangen sind, um wie ich mit NEIN zu stimmen, ist ein gutes Zeichen, auch für zukünftige Bauvorhaben, bei denen sich ein paar aufgebrachte Anlieger berufen fühlen, aus ihrem Gram über die verbaute Sicht ein Allgemeinanliegen zu konstruieren, um mit fadenscheinigen Argumenten auf Stimmenfang zu gehen. Ich bin richtig schadenfroh, dass es am Ende „nur“ 789 Stimmen waren, die unseren Würzburger Wutbürgerchen gefehlt haben, um mit ihrer IG Paradiesgarten Erfolg zu haben. Ich bin aber auch froh über dieses Ergebnis, dass vielleicht zukünftige Nachbarschafts-Bürgerentscheid-Initiatoren länger darüber nachdenken, ihre Zeit, ihre Nerven und ihr Geld zu investieren, damit am Ende der Steuerzahler nicht für die gut 100.000€ aufkommen muss, die der Spaß die Stadt Würzburg gekostet hat. Für dieses Geld hätten Sinnvolleres anschaffen können. Erstaunlich finde ich, das nur am Rande, dass die Wahlbeteiligung und die Zustimmung im Steinbachtal nach dem Frauenland am höchsten war (21,59% Wahlbeteiligung, 13,33% der Wahlberechtigten dafür). Böse gefragt: Wohnen hier etwa die meisten Hauseigentümer, die Angst um den Wert ihrer Immobilien in der Gegend haben?

Ein so sinnvolles demokratisches Instrument darf einfach nicht für solch überflüssige Anlässe missbraucht werden. Auch wenn Herr Jungbauer in seinem super Leitartikel schreibt, Demokratie gebe es nicht zum Nulltarif, daher sei das Geld nicht zum Fenster rausgeworfen worden, auf diese Weise darf Steuergeld nicht vergeudet werden, wenn es wie hier um eine Angelegenheit geht, die über den betroffenen Straßenzug hinaus nur noch sehr wenig Relevanz hat. Nur weil sich ein paar Anwohner gegen ein Bauvorhaben auflehnen, muss daraus kein Bürgerentscheid werden, auch wenn mit den fadenscheinigen Argumenten erstaunlich viele Unterschriften gesammelt wurden. Ich möchte nicht wissen, was den Leuten so erzählt wurde, damit die unterschreiben.

Von Alex

Einst habe ich an der Universität in Würzburg studiert, jetzt bin ich Lehrer. Mein Lieblingszitat stammt aus dem grandiosen österreichischen Film Poppitz: „Dänkn däaf mass, soogn liaba neet“ – schließlich sind zumindest die Gedanken frei – wer es nicht verstanden hat: „Denken darf man es, sagen besser nicht“

2 Kommentare

  1. Eines habe ich allerdings noch nicht verstanden, besonders nicht nach den Kommentaren in der Main-Post:

    Warum gab es den Protest erst nach der Baugenehmigung?
    Ich kenne das von Leuten, die in weit weniger wichtiger Lage gebaut haben, dass sie erst die Unterschrift von allen Anwohnern haben mussten, bevor sie die Baugenehmigung bekommen haben. Für sowas gibt es doch dann auch ein Einspruchsverfahren, wenn ich mich recht erinnere.
    Auch die Änderung des Raumnutzungsplans hat doch eine Einspruchsfrist und wird nicht still und leise beschlossen. Kenne das aktuell aus Lohr, wo aus einem Mischgebiet ein Wohngebiet gemacht werden soll und die benachbarte Glashütte schonmal Einspruch erhoben hat, da sie sonst ein Problem mit dem Emissionsschutzgesetz bekommt.

    Scheinbar war das ja alles schon durch, sonst hätte man das ja auf dem Wege und mit viel weniger Aufwand regeln können.
    Hat da einfach jemand gepennt?

  2. Du kannst ja total ausgewogen argumentieren. Das kenn ich vor dir gar nicht. Mich würde mal interessieren, ob der Entscheid überhaupt relevant gewesen wäre. Hätte man dem Investor wirklich noch die Baugenehmigung entziehen können? Dann wäre die Stadt wohl auch noch von Schadensersatzklagen überrollt worden… So viel zum Preis der Demokratie.

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