Probleme einer Wohlstandsgesellschaft

Wenn man keine echten Probleme mehr hat, sucht man sich welche. Das liegt wohl im Wesen der Menschen, nicht auch irgendwann einfach mal mit dem Erreichten zufrieden zu sein. Und wenn sich die Suche nicht mehr so einfach gestaltet, muss eben krampfhaft nachgeholfen werden, notfalls auch mit Nachdruck und fieser Penetranz. Bestes Beispiel ist wohl die derzeitige Sprachvergewaltigung durch Menschen und v.a. Menschinnen, die glauben, die deutsche Sprache benachteilige dauerhaft und massiv vor allem Frauen. Diese erklären Kritikern und Zweiflern wie mir dann reflexartig, dass der Verweis auf den Unterschied zwischen grammatischem und biologischem Geschlecht nicht angemessen sei und die Sprache sehr wohl männlich geprägt sei. Ich würde ja auch nicht wollen, dass ich als Lehrerin bezeichnet werde. Darüber, dass in politischen Reden und offiziellen Schreiben unbedingt männliche und weibliche Form genannt werden muss, habe ich mich hier schon mehrmals ausgelassen, jetzt wird – mal wieder – viel Geld dafür ausgegeben, eine solche scheinbare Benachteiligung auszumerzen: Das grün-rote Baden Württemberg gibt jetzt viel Steuergeld dafür aus, dass z.B. Studentenwerke zukünftig nicht mehr Studentenwerke heißen, sondern eben Studierendenwerke. Und warum? „Studentinnen- und Studentenwerk“ klingt nicht weniger doof als „StudentInnenwerk“ und der ganz normale Begriff benachteiligt ja ausschließlich Feministinnen, weil sie sich nicht damit abfinden wollen, dass erst das Suffix „-in“ das lediglich grammatisch männliche Wort „der Student“ eindeutig feminin markiert. Sie brauchen es halt. Die Humboldt-Universität Berlin gibt ihr Geld schließlich auch gern für die Pseudo-Forschung von Hardcore-Feministinnen aus, die glauben, ein geschlechtergerechter Ausgleich würde erst dann geschaffen werden, wenn neue geschlechtsneutrale Endungen wie „Studentx“ eingeführt würden. „Frau Professx“ soll es dann auch heißen. Probleme, die tatsächlich benachteiligte Frauen in anderen Ländern liebend gerne hätten, die minderwertig, ohne Rechte und vollverschleiert Leibeigene ihrer Ehemänner sind. Die Verunstaltung der deutschen Sprache wird wohl noch weiter voranschreiten, um die deutschen Feministinnen vor der Entrechtung zu retten. Gewitzt hat Henryk M. Broker gefragt, wer eigentlich die bösen alten weißen Männer vor der Diskriminierung schützt. Und wenn sie nicht wissen, ob sie ein alter weißer Mann oder doch eher eine alte weiße Frau sind, stehen ihnen ja die Unisex-Klos offen, für die die Grüne Jugend so sehr kämpft.

Ein anderes, aber sehr ähnlich gelagertes Phänomen sind sicherlich Veganer, Frutarier und andere Menschen mit komischem Essverhalten, die ihre Weltanschauung ebenfalls mit einer fiesen Penetranz zu propagieren versuchen, wie käme es sonst zu solchen Witzen wie:

Woran erkennt man einen Veganer? – Er sagt es dir.

Freiwilliger Verzicht auf etwas, was bei uns selbstverständlich vorhanden ist und zu unserer normalen Ernährung auch dazugehört. Ein Vegetarier mag aus Tierliebe auf Fleisch verzichten, wenn das die Welt in den eigenen Augen etwas besser macht. Ich kaufe mir lieber hochwertiges Fleisch, wo ich auch schmecke, dass das Tier ein glückliches Leben geführt hat. Aber auf alle Tierprodukte verzichten und das noch als bessere Lebensweise anderen aufs Auge drücken wollen, weil Sojamilch so viel toller ist? Milch und Eier gehören zu unserem täglichen Leben seit Jahrhunderten selbstverständlich dazu, da mutet es gerade lächerlich an, eine Anti-Milch-Kampagne zu starten, um ohne jeden wissenschaftlichen Beweis zu verbreiten, Milch sei ungesund und Ursache unserer Volkskrankheiten. Völliger Schwachsinn! Sektenartig, mit immer mehr Anhängern. Und wie sehr Menschen seit Jahrhunderten ihre Tiere schätzen, zeigt die Komplettverwertung des Schlachtviehs. Weggeworfen wurde da nur ganz ganz wenig, eigentlich gar nichts: Vor traditionellen Gerichten mag sich da mancher Fleischablehner ekeln, aber selbst Kopf und Knochen wurden noch ausgekocht, um Sulze, Markklößchen oder Kalbskopf herzustellen, weil sich das auch gut lagern lässt. Aus anderen Resten wurde Wurst, ohne dass das als Müll angesehen wurde. Und dass Industriewurst auf dem Vormarsch und allgegenwärtig ist, ist ein ganz anderes Phänomen, weil heutzutage alles auf dem Teller möglichst billig sein soll. Das nächste moderne Smartphone darf dafür gerne etwas mehr kosten. Besser wird die Welt dadurch nicht, nur nerviger.

Und während in der Dritten Welt Menschen gezwungen sind, in Slums und Favelas (oder wie die Armenviertel eben heißen) hausen müssen, wählen „Aussteiger“ einer Wohlstandsgesellschaft diese Lebensweise freiwillig, hausen in Berlin in ihrem Slum und sehen darin einen Ausdruck größtmöglicher Freiheit.

Perversitäten im Jahr 2014. Ob Slum-Bewohner das nachvollziehen könnten? Deutschland geht es einfach zu gut, die meisten Menschen haben kein Problem. Und genau das ist ihr größtes Problem.

Von Alex

Einst habe ich an der Universität in Würzburg studiert, jetzt bin ich Lehrer. Mein Lieblingszitat stammt aus dem grandiosen österreichischen Film Poppitz: „Dänkn däaf mass, soogn liaba neet“ – schließlich sind zumindest die Gedanken frei – wer es nicht verstanden hat: „Denken darf man es, sagen besser nicht“

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