Wie der Hirte bei Äsop

Zur Abwechslung – SMAUL ist ja inzwischen voll auf dieser Seite angekommen und fühlt sich sehr wohl – mal wieder ein Beitrag von mir, der schon länger in den Fingern gejuckt hat und nicht in einem Zug entstanden ist. Es geht zwar nicht um Würzburg, aber politisch bewegt mich der momentane Zeitgeist doch so sehr, dass das hier einfach mal rausmuss. Bei den vor mir immer weniger geschätzten Grünen scheint die Angst vor allem Möglichen eine so große Rolle zu spielen, dass ich immer öfter an Äsops Hirten und dessen Scherze denken muss. Der Hirte rief gerne Dorfbewohner zu Hilfe, weil angeblich Wölfe seine Herde angriffen. Aufgeschreckt kamen sie zu ihm, wurden dann aber mit Gelächter wieder fortgeschickt. Einige Male ließen sie das über sich ergehen, dann passierte es jedoch, dass tatsächlich Wölfe kamen und der Hirte um Hilfe rief. Die Dorfbewohner reagierten nicht mehr, weil sie das Rufen nur noch für Blödsinn hielten. Jetzt scherzen die spaßbefreiten grünen Dauersirenen selten bis nie, weil ihnen sowieso alles viel zu ernst erscheint, aber die ständige Panikschieberei dürfte dazu führen, dass die Menschen reagieren wie die Dorfbewohner. Nämlich gar nicht oder eben zutiefst genervt. Das Ergebnis der letzten Bundestagswahl sprach doch sehr für sich, nachdem Fukushima kurzfristig für einen Wählerzulauf gesorgt hat.

Einige Wochen lang wusste ich gar nicht mehr, was nerviger ist: Die ollen Pegida-Wügida-Irgendwasgida-Demos mit ihren platten und dämlichen Parolen oder die fast schon hysterischen Gegendemonstranten, die nur noch Nazis sahen und mal wieder „Wehret den Anfängen!“ schrien. Waren nicht unmittelbar nach dem Pariser Anschlag plötzlich alle Charlie und für die Meinungsfreiheit? Natürlich! Aber scheinbar gilt diese oft gepriesene und oft strapazierte Meinungsfreiheit nur für Menschen, deren Meinung im eigenen Weltbild einen Platz finden darf. Den -gidas wollte und will man jedenfalls das Recht absprechen, ihre teils kruden Parolen öffentlich kundzutun. Man setzt sich ihnen in den Weg, Sprechchöre sollen deren Demo stören, es wurde sogar dazu aufgerufen, die Demo ganz zu blockieren, weil es kein Recht auf Nazipropaganda gäbe. Gegen Nazis sei das nur legitim, rechtfertigten sich am Würzburger Montagsspaziergang Beteiligte. Gebetsmühlenartig. Penetrant. Gepanzerte Polizisten mussten also Woche für Woche das Demonstrationsrecht durchsetzen, stets beschimpft von „Gegendemonstranten“, die das nicht wahrhaben wollten. Immer wieder gab es Gewaltausbrüche, vor allem gegen Polizisten. Zudem wurde nur zu gerne das Schreckensszenario vom brennenden Asylantenheim wieder ausgegraben, Wasser auf die Mühlen war natürlich der feige Anschlag auf das Haus in Tröglitz, für den gleich die halbe Republik verantwortlich gemacht wurde. Rassismus werde wieder salonfähig, heißt es. Überhaupt ist „Nazi“ inzwischen zum Kampfbegriff für jede unbequeme, ungeliebte und nicht akzeptierte Meinung geworden. Die AfD sah sich sofort mit Nazi-Vorwürfen konfrontiert, ein Unterschied zur NPD wird kaum noch gemacht. Lächerlich. Die politische Schmuddelecke ist seit Luckes erstem Auftreten reserviert, bei Wahlen musste sich jeder erst einmal zutiefst betroffen äußern, wenn die AfD mehr als 5% geholt hat. Dass die sich wie die Piraten früher oder später selbst erledigen, zweitrangig. Die Gefahr ist wichtig, die Gefahr bringt Emotionen und Emotionen bringen Stimmen. Wir müssen gegen Nazis kämpfen, weil diese jeden Tag mehr werden. Punkt. Wer zudem gegen rot-grüne und grün-rote Lehrpläne mit allen möglichen sexuellen Ausrichtungen demonstriert, ist ein Nazi, wer für das Recht auf Leben und gegen Abtreibung demonstriert, ist ein Nazi, wer den Gender-Stuss ablehnt, ist ein Nazi, und wer irgendetwas Negatives über den Islam zu sagen wagt, ist sowieso ein Nazi, ein Rassist, ein Faschist. Wenn Seehofer am Aschermittwoch wettert, Deutschland sei nicht das Sozialamt für den Balkan, bekommt er die volle Nazi-Breitseite, weil das ja die NPD so oder ähnlich auch mal plakatiert hat. Heißt das in Zukunft, alle Wörter, alle Metaphern, die Nazis mal verwendet haben, dürfen nie mehr verwendet werden? Freiwild weiß da gerade mal wieder ein Lied zu singen; wer gegen Nazis sein will und die Hände nicht schmutzig machen will, demonstriert gegen die Südtiroler Nazis.

Überhaupt mag mir nicht in den Kopf gehen, warum immer lauter vor Nazis gewarnt wird, während zeitgleich linksextremistische Straftaten zunehmen und die islamistische Gefahr nicht von der Hand zu weisen ist. Mir mag auch nicht in den Kopf gehen, warum immer eifrig betont wird, wie bunt jede Stadt ist, wenn zeitgleich die ganz die Schwarz gehüllten „Gegendemonstranten“ gewalttätig werden. In Frankfurt hat zur Eröffnung des EZB-Hochhauses ein Mob gewütet, der in seiner Verachtung vor dem Eigentum anderer und vor der Polizei vor nichts zurückgeschreckt hat. Die gleichen Nazi-Frühwarner haben dann plötzlich versucht, diese sinnlose Gewalt mit noch kruderen Theorien zu rechtfertigen. Jakob Augstein wettert in seiner Spiegel-Kolumne nur zu gerne gegen die rassistischen und hässlichen Deutschen und bläst so in genau das Horn, das unsere Grünen schon seit Jahren bis zum Erbrechen ertönen lassen. Nazi hier, Nazi dort, und wer auch nur so tut, als bekämpfe er Nazis, ist ein besserer Mensch. Automatisch. Und wenn er sich bei der WSB über Freiwild-Plakate an Bushaltestellen beschwert. Er rettet die Welt und macht diese ein bisschen besser. Glaubt er.

An dem hysterischen Nazi-Dauerwarnton mag ich mich gar nicht festbeißen, obwohl ich es schon getan habe. Ich war bei dem Hirtenjungen, der ständig Panik macht und alle aufscheucht. Markenzeichen der Grünen ist es seit vielen Jahren, Panik zu verbreiten, um so jedes Thema, das Emotionen weckt, für die eigenen Wahlkampfzwecke auszuschlachten. Fukushima wurde genutzt, um die Atompanik zu schüren, die dann zu einer überstürzten Energiewende geführt hat, die jetzt vor allem teuer ist. Kaum war letzte Woche klar, dass Grafenrheinfeld nicht am 31.05. vom Netz geht, schon wurde wieder die Angst geschürt, der GAU könnte doch noch wahr werden. Warum? Das AKW läuft wohl drei Wochen länger, weil das Brennmaterial, das ohnehin vorhanden ist, noch länger Strom liefert. Pfui. Böse.

Die obersten Vertreter der Grünen werden offenbar in Medienseminaren geimpft (Es sei denn, sie sind Impfgegner in alternativen Vierteln!), wie sie sich vor Kameras zu verhalten haben. Roth, Özdemir, Peter, Trittin, Ströbele, sie alle können das hervorragend: Schaue betrübt, dann betroffen, reiße dabei die Augen immer weiter auf, bis der Blick starr und bedrohlich wirkt, um schließlich völlige Empörung zu vermitteln, damit die nun folgende Warnung vor den möglichen Folgen möglichst überzeugend beim Zuschauer ankommt. Skandalisiere dabei mit immer drastischeren Wort- und Satzungeheuern das Vorgehen der Regierung, sei fassungslos und betone dabei, wie schlimm vor allem die CSU am rechten äußeren Rand nach Wählern fischt, wie unfähig die Merkel-Regierung agiert und wie unbedingt notwendig es sei, dass diese Regierung (zutiefst abfällig betont) abgelöst werde.

Und am Ende sind hoffentlich noch mehr Dorfbewohner so richtig genervt und erkennen, dass die ständige Panikmache eine olle Masche ist, hinter der eher weltfremder Idealismus steckt, der mit der Realität konfrontiert schnell zu einem Luftschloss wird. Selbst ein gutes Gewissen haben, indem man anderen ein schlechtes einredet, auch das funktioniert hoffentlich nicht ewig.

 

Von Alex

Einst habe ich an der Universität in Würzburg studiert, jetzt bin ich Lehrer. Mein Lieblingszitat stammt aus dem grandiosen österreichischen Film Poppitz: „Dänkn däaf mass, soogn liaba neet“ – schließlich sind zumindest die Gedanken frei – wer es nicht verstanden hat: „Denken darf man es, sagen besser nicht“