Stockterroristen

Es scheint in Südtirol ein Landesgesetz – ein lege provinziale – zu geben, das besagt, dass man für den Fall, dass man zu Fuß die Wanderwege in den Sextener Dolomiten benutzen will, unbedingt und ohne jede Ausnahme Wanderstöcke oder besser gesagt Teleskop-Wanderstöcke benutzen muss. Sind schon die Hausfrauen auf Radwegen ein Greuel, kriegt man in den Alpen tatsächlich einen Schaden, weil jeder Flachlandtiroler den Hochalpinisten in sich entdeckt und dies im Kauf von Teleskopstöcken verwirklicht sieht. Ganze Gruppen sind uns begegnet, die unbeholfen ihre Stöcke über die schmalen Pfade getragen haben, nicht aber, ohne den Rand links und rechts zu perforieren. Das tollste Bild bot eine geführte Gruppe mit etwa 15 Personen. Die munteren Damen und Herren hatten selbstverständlich alle Stöcke, ohne Ausnahme, nur eine hatte keine – die Bergführerin. Ein bitteres Moment war unsere Wanderung zur Rotwandwiesenhütte, bei der wir teilweise richtig klettern mussten und Stöcke nur hinderlich gewesen wären. Nach zwei Stunden, in denen wir nur Klapperstörche gesehen haben, wollte ich dem ersten richtigen Wanderer gratulieren, dass er diese schwere Wanderung ohne Stöcke bewältigen kann. K. hat das dann für mich erledigt, sie war schneller. Der gratulierte Mann freute sich, v.a. mit Blick auf seine bestockte Ehefrau, die sich fortan Spott anhören musste. Erstaunlicherweise kam uns gleich noch ein Pärchen entgegen, beide ohne Stöcke. Hier kannte meine Begeisterung keine Grenzen mehr, ich habe dem Mann mit dem Milchsuppengesicht und der Erdinger-Mütze gratuliert, musste mir aber dann im schlimmsten Sächsisch anhören, dass es „dööö öööbn“ noch „gonnz schööön groxelisch“ wird und er dort Stöcke vermisst hätte. Da war ich bedient. Ein vom Stock-Virus infizierter Ossi!!! Wie er allerdings das extrem steile und steinige Stück mit Stöcken hätte bewältigen wollen, hätte ich gerne gesehen.

Ich bin ja ziemlich neidisch, dass es wohl vor ein paar Jahren jemanden gab, der den Leuten erzählt hat, mit Teleskopstöcken ist das Wandern noch besser. Ist jemand alt oder einfach unsicher, ist das ja in Ordnung, aber muss jeder Rucksacktourist diesem Trend folgen? Da verdienen sich Firmen dumm und dämlich, man kann ihnen zu ihrer „Erfindung“ nur gratulieren. Erzähle den Leuten, sie brauchen Nordic-Walking-Kleidung und sie kaufen alles – vom Shirt, über die Hose bis zu den Schuhen! Es kommt nur auf die Verpackung an. Clever! Ich muss mir so was auch ausdenken!

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Von Alex

Einst habe ich an der Universität in Würzburg studiert, jetzt bin ich Lehrer. Mein Lieblingszitat stammt aus dem grandiosen österreichischen Film Poppitz: „Dänkn däaf mass, soogn liaba neet“ – schließlich sind zumindest die Gedanken frei – wer es nicht verstanden hat: „Denken darf man es, sagen besser nicht“

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