Casting-Wahnsinn, die Vierte

Eine Woche hat es gedauert, jetzt war es wieder soweit: Mittwochabend. Komische Leute im Fernsehen anschauen und auslachen. Noch schöner wäre es selbstverständlich, wenn jeder das Gelächter mitbekäme, der trotz fehlenden Talents allen Ernstes zum Casting der Gesangsshow DSDS geht. Wer sagt den Leuten, sie könnten singen? Trauen sich Eltern und Freunde nicht, ehrlich zu sagen, dass sich das scheiße anhört? Muss man sich das erst von einer leidgeplagten Jury anhören? Offensichtlich. Jedem so, wie er es verdient. Da müssen sich dann Politiker nicht empören und Kontrollgremien auf den Plan gerufen werden, weil die Leute recht rüde abgekanzelt werden:

Tonia bescheinigt sich große Bühnenpräsenz, war schon 2005 dabei und singt so hoch, dass Glas zerspringt und Bohlen sich die „Ohren zutackern“ will. Agron hat immer noch seinen ersten Bartflaum, Bohlen vermutet, dass „ein seltsames Tier in seinem Gesicht gestorben“ sei. Er hat sich den Text aufgeschrieben, nur war kaum ein Wort richtig geschrieben und beim „Singen“ hat es auch nicht weiter geholfen, dass er noch einen Blick riskiert hat. Ein anderer singt, als hätte er sich was in den Arsch geschoben und mit Peter aus Neuss ist wieder mal ein selbstherrlicher Jüngling am Start, der zuerst Bohlens Hand quetscht, dann „Maniac“ aus sich heraus presst und sich dann wundert, dass Henn eine Notschlachtung empfiehlt und Bohlen etwas eingeklemmt vermutet.

Dazwischen überzeugen die Brüder Jonathan und Thomas mal die Jury voll und ganz, echt stark, die beiden. Dafür kommt Tiger Lars, der mit seinem Schlips und seinem Keyboard wie ein schlechter Alleinunterhalter wirkt und noch schlechter singt als ein solcher. Weil er ein Lied von Bohlen singt, ist der stinksauer, weil sein Lied verstümmelt wurde und trägt sich mit Selbstmordgedanken. Er trägt das Urteil der Jury mit Fassung, ganz anders als die pummelige Samanta, nach eigenem Bekunden eine dramatische Person: Ihren Gesang unterbricht Heinz Henn mit den Worten „Jetzt ist genug, da bricht ja der Turm vom Dom weg.“ Samanta ist fassungslos und fängt in völliger Selbstüberschätzung das Diskutieren an. Ein bleicher Gnom wird zum Frankenstein-Fuck-Monster-Verschnitt, kann nicht viel mehr als „Shut the fuck up“ sagen, weil Bohlen ihn als „Rolle Drops“ bezeichnet hat, der wie ein „verklemmter Furz“ singe. Es gab natürlich noch weitere beleidigte Leberwürste, die Bohlen Ahnungslosigkeit unterstellen, Komplexe bei der Jury vermuten, aber weiter vollstens von sich überzeugt sind. Ein Araber fühlt sich in seiner Ehre als echter Mann tief verletzt, weil die Frau gelacht hat.

Highlight diesmal ist Menderes, der schon zum vierten Mal dabei ist. Jedesmal ist er mit seiner fiesen Piepsstimme lustig aufgefallen und auch dieses Mal ist es eine musikalische Naturkatastrophe: Henn lacht sich kaputt, Bohlen auch. Der Schlumpfen-Cowboy-Joe klingt besser und Bohlen sagt „Du klingst, als wenn dir der Euter schwillt“. Er sei unter den Top5 der schlechtesten Leute. Menderes erwartet eine neue Chance, die bekommt er aber nicht. Fast hätte Bohlen ihm den Recall-Zettel gegeben, allerdings verbunden mit dem Versprechen NIE mehr zu singen.

Zuletzt kam Sandra, bei der ich Zahnschmerzen bekommen habe. Henn hielt sich die Ohren zu, Anja Lukaseder sieht Pinks Lied vergewaltigt. „Nimm deine Stimme und geh“, so das Fazit von Dieter. Eine Rothaarige war nicht auszuhalten und durfte sich anhören, sie klinge wie mit ner „Klobürste im Arsch“.

Ich werde was vermissen, die besten 120 sind nicht mehr lustig!

Von Alex

Einst habe ich an der Universität in Würzburg studiert, jetzt bin ich Lehrer. Mein Lieblingszitat stammt aus dem grandiosen österreichischen Film Poppitz: „Dänkn däaf mass, soogn liaba neet“ – schließlich sind zumindest die Gedanken frei – wer es nicht verstanden hat: „Denken darf man es, sagen besser nicht“