Ich habe eine Ess-Störung

Ich drehe gerade ein bisschen durch: In der Standardsprache, die irgendwelche hochinteligenten Menschen, die noch nie in Süddeutschland unterwegs waren, festgelegt haben, gibt es diese dämliche Unterscheidung zwischen dem stimmhaften s, in der Lautschrift [z], und dem stimmlosen s, [s]. Nun lässt sich das stimmlose s leicht überall einbauen, vor allem in Unterfranken, wo ich herkomme. Da spricht man die Hose ganz einfach [ho:sÉ™], fertig. Jetzt muss ich mir aber, zumindest bis Freitag, angewöhnen, dass man das in der Standardsprache [ho:zÉ™] ausspricht. Eine „super Hose“ spricht sich also [zu:pɐ] [ho:zÉ™]. Ich werde narrisch mit diesem Scheiß, das habe ich noch nie gekonnt. Jetzt habe ich mir aber Regeln rausgesucht, weil im Examen schon oft die Aufgabe dran kam, dass man begründen muss, warum man den einen s-Laut so, den anderen so ausspricht. Daher schreibe ich jetzt auswendig, für alle und v.a. für mich die Regel hier auf, wann welches s wie gesprochen wird:

  • s + Sonorant (m, n , l, r, Å‹): stimmlos [s], z.B. Bosnien
  • Sonorant +s: stimmhaft [z], z.B. Hirse
  • s am Wortanfang: stimmhaft [z], z.B. Suppe; wenn ich in Würzburg je eine [zupÉ™] bestellen sollte, möge mich die bedienende Person bitte auslachen
  • einfaches s nach kurzem Vokal, stimmlos [s], z.B. bist
  • folgt ein weiterer Vokal auf dieses eben beschriebene s, schreiben wir ss, sprechen aber trotzdem stimmlos [s|, z.B. Wasser
  • am Wortende immer [s] wegen der Auslautverhärtung; in der Flexion wird dann aber aus der Gans [gans] die Gänse [gÉ›nzÉ™]
  • ss und ß sind immer [s]
  • Alles klar? Zumindest leuchtet es mir ein und auf Wunsch führe ich die Absurdität dieser Aufgabe für einen süddeutschen Erdenbürger gerne mal vor.

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    Kategorisiert in Uni / Schule

    Von Alex

    Einst habe ich an der Universität in Würzburg studiert, jetzt bin ich Lehrer. Mein Lieblingszitat stammt aus dem grandiosen österreichischen Film Poppitz: „Dänkn däaf mass, soogn liaba neet“ – schließlich sind zumindest die Gedanken frei – wer es nicht verstanden hat: „Denken darf man es, sagen besser nicht“

    4 Kommentare

    1. Nanü? Da scheint dir aber zu Anfang ein kleiner Fehler passiert zu sein: Müsste es – anhand des restlichen Textes – nicht „…stimmlosen s, in der Lautschrift [s], und dem stimmhaften s, [z].“ heißen?

      Ansonsten frage ich mich, so als Nicht-Franke *g*, wie man Hose oder Suppe ohne stimmhaftes s aussprechen sollte… Das geht gar nicht, zumindest krieg‘ ich das nicht stimmlos über die Lippen. 😀

    2. Hallöchen auch!

      Erstma vielen Dank für diese Erläuterung, denn ich bin wie du schon fast an diesem Thema verzweifelt! Vor ungefähr zwei Wochen hab ich mir ein Buch über Fremdsprachenerwerb ausgeliehen, in dem eben verschiedene Sprachen in Abgrenzung zum Deutschen dargestellt waren. U.a. eben auch die nicht überall vorhandene Unterscheidung zwischen stimmhafen und -losen „s“! Erläutert werden sollte dies an den Wörtern „Wasser“ und „Sonne“. Was für mich als Bambergerin, aber in der „s“-Aussprache mal gar keinen Unterschied gemacht hat. Hab wirklich schon gedacht, ich hätte nen Hör- oder Sprachfehler! Das es sowas wie ein stimmhaftes „s“ im Süddeutschen NICHT gibt, war natürlich net dabei gestanden!

      LG Black_Betty

    3. Gerngeschehen! Toll, jetzt konnte ich noch jemandem damit helfen! Ich dachte auch, ich wäre doof! Gut, wenn man jemanden kennt, der ein Säusler ist!

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