Eigenartige Vorwürfe

Roland Koch ist unsympathisch und polarisiert, keine Frage, ich kann ihn auch nicht leiden. Sich jetzt aber hinzustellen, sich zu feiern und zu betonen, dass Roland Koch mit Ausländerfeindlichkeit – der Dauervorwurf an Koch in den letzten Wochen – und „Rassismus“ (Gysi eben bei Anne Will) dieses Mal, Gott sei Dank, keinen Erfolg gehabt hätte, ist ein Unding und entlarvt leider einmal mehr die gängige Praxis, dass Kritik an Ausländern, in welcher Form auch immer, vom linken Parteienspektrum gerne mit der Keule der Ausländerfeindlichkeit niedergeknüppelt wird und bei dauerbetroffenen Dauerschuldigen auch die nötigen Vorbehalte hervorruft, wenn nur jemand das Wort „Fremdenfeindlichkeit“ in den Mund nimmt, wie es regelmäßig passiert. Unsere Vergangenheit, schon klar.

Wir dürfen scheinbar nicht mal mehr für unsere Werte eintreten. Wo zum Teufel ist denn Roland Koch ausländerfeindlich, wenn es um die erschreckende Jugendkriminalität geht und ein Großteil der Täter, gerne auch „jugendliche Intensivtäter“ genannt, eben mal Araber und Türken sind, und er das thematisiert. Das ist doch eine Tatsache, der man sich im 21. Jahrhundert stellen können muss, ohne von jemandem mit dem erhobenen Zeigefinger ermahnt zu werden. Wenn Koch diese härter bestrafen will, dabei aber generell von Jugendlichen spricht, schürt er doch keine Vorbehalte gegenüber Ausländern. Kein vernünftiger Mensch, egal ob Koch, ob Herrmann, Schäuble oder sonst wer, hat auch nur das Geringste gegen Ausländer, aber es sollte doch endlich möglich sein, der Realität schonungslos ins Auge zu blicken, ohne dass das mit Augenwischerei und scheinheiliger falscher Toleranz wieder verhindert wird.

Die Unterschriftenkampagne vor acht Jahren war ein Ding, sein hartes Auftreten in der Debatte um die Jugendkriminalität das andere. Da wird munter an der Sache vorbeipalavert, weil vor lauter toleranter Demut der Sinn für das Wesentliche verlorengegangen ist. Herrn Strucks Äußerungen sind das beste Beispiel.

Der Video-Beitrag des Zeit-Feuilleton-Chefs Jens Jessen spricht Bände und Henryk M. Broder beantwortet diesen im Spiegel eigentlich in angemessener Weise, der fast nichts hinzuzufügen ist.

Wenn Neonazis Ausländer verprügeln, schreien alle. Und zwar völlig zu Recht. Wenn Ausländer Deutsche verprügeln, schreien nicht alle und die Täter werden noch zu Opfern geredet. Warum? Irgendwie blöd, oder?

Von Alex

Einst habe ich an der Universität in Würzburg studiert, jetzt bin ich Lehrer. Mein Lieblingszitat stammt aus dem grandiosen österreichischen Film Poppitz: „Dänkn däaf mass, soogn liaba neet“ – schließlich sind zumindest die Gedanken frei – wer es nicht verstanden hat: „Denken darf man es, sagen besser nicht“

14 Kommentare

  1. Wenn Ausländer verprügelt werden, stecken zum Großteil Neonazis dahinter oder zumindest ein ausländerfeindlicher Hintergrund. Wenn Deutsche verprügelt werden, ist es aber nicht so, dass die Täter nur ausländische Jugendliche sind. Die Boulevardpresse greift sich nur eben diese Fälle mit Vorliebe auf. Eigentlich sind es aber eher Tätern aus einem sozial schwierigen Umfeld. Natürlich liegt es in der Natur der Sache, dass der Ausländeranteil in dieser Bevölkerungsgruppe höher ist, als in der Schicht der Besserverdiener. Aber warum wird nicht diskutiert, wo die Ursachen dafür liegen? Ganz einfach, weil man dann die eigene Unfähigkeit und Mitschuld eingestehen müßte. Da tut man sich leichter, wenn man auf die kriminellen Ausländer schimpft.

    Gerade Roland Koch ist (bzw. jetzt war) das beste Beispiel. Wenn ich Polizei- und Richterstellen kürze, die schlechteste Justizbilanz in der Republik habe und eine schlechte Bildungspolitik fahre, dann ist es einfach zu durchsichtig, immer für den Wahlkampf das Thema Ausländerkriminalität aus der Schublade zu holen. Die Wähler haben das durchschaut und ihn zurecht abgestraft. Bevor Koch seine Kampagne losgetreten hat, wäre er der klare Sieger der Wahl geworden. Zwar hätte er wohl eine Koalition mit der FDP eingehen müssen, aber er wäre Ministerpräsident geblieben. Aber das war ihm ja nicht genug. Irgendwie kann ich kein Mitleid mit ihm haben und heute bewahrheitet sich das unsägliche Sprichwort: Schadenfreude ist die schönste Freude.

    Sicherlich ist es rechtens, das Thema Jugendkriminalität zum Thema zu machen. Dann aber bitte seriös und nicht nur zu Wahlkampfzwecken und -zeiten.

  2. Mitleid habe ich mit ihm ganz bestimmt nicht. Mir gefallen nur diese Mechanismen nicht, die immer und immer wieder greifen, wenn sich jemand des Themas Ausländerkriminalität annimmt.

    Die Statistiken lügen ja nicht, wenn ein Großteil der Gewaltverbrechen (alle anderen gehen zurück, die Gewalttaten junger Täter nehmen zu) von Ausländern begangen werden. Das muss doch dann offen und deutlich angesprochen werden, auch in Wahlkampfzeiten. Dass die U-Bahn-Überfälle, die die Diskussion angestoßen haben – endlich, muss ich sagen – in Wahlkampfzeiten gefallen sind, war eben Zufall, aber ganz bestimmt kein willkommener.

    Integration ist dabei ein Schlagwort, das immer dann groß geschrieben wird, wenn es um sie wieder schlecht bestellt ist. Integration kann aber nur dann funktionieren, wenn das beide wollen und ich glaube, dass dies ein entscheidender Punkt ist. Wenn der Integrationswille nur halbherzig oder gar nicht vorhanden ist, die deutsche Sprache kaum oder gar nicht gelernt wird (auch da hatte Koch in der Sache Recht, hat es aber falsch angegangen) und die Eltern der Jugendlichen bis heute nicht Deutsch können und sich auch nicht darum bemühen, dann können Programme noch so ausgeklügelt sein, sie greifen dann nicht. Den Willen zum gemeinsamen Miteinander haben wohl die meisten von uns, den können wir aber den Migranten nicht aufzwingen. Wenn der Karren dann im Dreck steckt und nicht mehr rauskommt und das Vorstrafenregister dicker als die Buddenbrooks sind, dann sollte es auch möglich sein zu sagen, Du bist hier nicht mehr willkommen. Sich dann zu fragen, was habe ICH falsch gemacht, gibt den anderen doch nur ein Alibi, weil auch er, oder gerade er, Pflichten hat, nicht nur Rechte. Und wenn wir dann eine Abschiebung fordern, sachlich und begründet, dann sind wir nicht ausländerfeindlich, sondern nehmen unser Recht als Gastgeber wahr. Dass auf diesen Zug die rechten Idioten gerne aufspringen, um ihr debiles Klientel zu bedienen, ist leider nicht zu vermeiden. Bewerten können sollte das aber jeder vernünftige Mensch.

    Es geht nicht immer nur darum, was der Staat für mich oder für andere tun kann, sondern auch darum, was der Einzelne, und da gehört auch jeder Migrant dazu, für den Staat tun kann. Das stammt nicht von mir, sondern von John F. Kennedy. Man kann niemanden zu seinem Glück zwingen.

  3. Der Wahlkampf von Ypsilanti und Co, den sie jetzt selbst so feiern, war eine Kampagne gegen Roland Koch als Person, die Inhalte waren meines Erachtens völlig zweitrangig. Ordentliche Hetze gegen Koch als Fremdenfeind, NPD-Nähe und andere unsachliche Vorwürfe, das hat gewirkt.

    Eine merkwürdige Diskussionskultur. Jetzt loben die alle das eindeutige Votum gegen die Ausländerfeindlichkeit, ich könnte über diese Scheinheiligkeit kotzen.

  4. ich habe das alles aus zeitgründen nicht so intensiv verfolgt wie ich es in bayern getan hätte. und glücklicherweise musste ich auch nicht in hessen wählen.
    aber die alterntive wäre halt gewesen, jemanden zu wählen, der mir perönlich unsympathisch ist, oder jemanden, der kein wirkliches programm hatte/hat.
    anscheinend haben das 5,1% der hessischen wähler auch so gesehen, denn anders möchte ich mir die linke nicht erklären – der spitzenkandidat nicht bekannt, das programm nicht bekannt – wer wählt denn die?

  5. Republikaner oder NPD im Landtag? Ein Aufschrei von allen. Und wieder zu Recht. Die Linke im Landtag? Ein Aufschrei nicht von allen und die anderen überlegen gar, ob sie mit deren Hilfe nicht die Regierung stellen könnten.

    Die grasen die Leute ab, die unzufrieden und offen für hohle und unrealistische Phrasen sind und rechten Parteien nicht in die Arme laufen wollen.

    Siehe Würzburg: Die Reps können mangels ausreichender Unterschriften nicht kandidieren. Schön, freut mich auch, dass die Würzburger so weit ganz klar denken. Die Linke darf kandidieren und es wird eben hingenommen.

  6. Ich würde Wetten darauf abschließen, dass Frau Ypsilanti mit Hilfe der Linken Ministerpräsidentin wird. Ich hoffe auf die Grünen, dass die das nicht mitmachen. Tarek Al Wazir hat eine Zusammenarbeit mit den SED-Nachfolgern ja ausgeschlossen.

    Aber: Eine geheime Wahl Anfang April und, huch, da waren es plötzlich mehr als 56 Stimmen. Dieser Flirt mit der FDP ist vorgeschoben, um am Ende sagen zu können, es bliebe keine andere Alternative.

  7. Man sollte schön langsam mal damit aufhören, die Linke immer als SED-Nachfolgepartei zu bezeichnen. Diese Argumentation ist schon sehr gestrig und bringt keinen weiter. Außerdem stammt die Hälfte der Partei aus WASP ab und in Hessen werden die schon Leute aufgestellt haben, die keinen DDR-Hintergrund haben. Außerdem hatte Adenauer ja auch nicht gerade eine reine Weste, was die braune Vergangenheit angeht.

    Man kann gegen Die Linke sein, wie man möchte, aber Fakt ist, dass sie ein demokratisches Parteiprogramm hat und sich an die Regeln unserer Republik hält. Wie war es anfangs mit den Grünen? Die Panik, die vor Die Linke verbreitet wird, stellt sich für mich nur als Existenzangst der „Großen“ dar. Früher war die FDP einzige kleine Partei und dank ihres Wendehalses immer der umworbene Mehrheitsbeschaffer. Dann kamen die Grünen und alles polarisierte sich (nach anfänglichem „Wie kann man nur mit denen“) in schwarz/gelb oder rot/grün. Jetzt kommt eine fünfte Partei und die alten Spielchen gehen nicht mehr auf. Also schimpfen alle. Die FDP und CDU/CSU, weil ihnen das Parteiprogramm nicht passt, SPD und Grüne, weil sie ihnen Stimmen wegnehmen. Ich denek, irgendwann wird man sich aber abgefunden haben und Die Linke wird dauerhaft zum deutschen Parteienbild gehören.

    Nicht, dass wir uns falsch verstehen: Wählen möchte ich sie aber auch nicht.

  8. Mit diesem mehr oder weniger programmlosen Auftreten und dem gerne auch populistischen Einsammeln der frustrierten Protestwähler (wie es Lafontaine und Gysi betreiben) kann ich überhaupt nichts anfangen, weil den Leuten, die denen ihre Stimme geben, am Ende nicht geholfen ist.

    In der Opposition utopische Dinge zu fordern und auf den Putz zu hauen, ist das eine, in der Regierung Verantwortung zu übernehmen das andere. Beide, Lafontaine und Gysi, haben das schon eindrucksvoll bewiesen, indem sie sich ganz schnell wieder aus den Regierungen gestohlen haben.

    Ich sehe schon, wir müssen mal ordentlich diskutieren!

  9. ich bezeichne die linke nicht als sed-nachfolgepartei. ich finde es gut, dass es eine linke in deutschland gibt.
    was micht stört, ist, dass die ganzen ehemaligen sed-XXXdamit es a. nicht zenieren mussXXX ja wohl nicht alle unpolitisch geworden sind. und ich glaube, dass die wenigsten von denen in die fdp eingetreten sind. wo könnten also wohl die überzeugten sedler sitzen.

  10. dreck, jetzt hatte ich mich beim namen vertippt! also zweiter versuch:

    wette verloren! aber knapp war’s schon.

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