Schnee

Um das Thema einer älteren Mitbürgerin gestern an der Bushaltestelle aufzugreifen: „Kalt ist es, gell? Aber wenigstens ist es trocken. Gehört halt zum Winter.“ Wie mir das zuwider ist. Völlig belangloser Smalltalk zwischen wildfremden Menschen, nur um irgendetwas zu sagen. Natürlich ist es kalt, aber es war nur gestern trocken, heute schneit es und eben auch richtig reichlich. Aber auch das gehört zum Winter, nur nicht unbedingt in Würzburg. Worauf will ich eigentlich hinaus? Richtig, Smalltalk, weil irgendjemand meint, das Schweigen an der Bushaltestelle, im Aufzug, an der Supermarktkasse, im Bus, in der Straßenbahn sei unbehaglich. Für mich ist es das nicht. Ein paar stille Momente sind manchmal sehr schön. Gestern war zum Glück ich nicht betroffen, aber eine Studentin, unwesentlich jünger als ich. Die hat auch immer brav geantwortet – und es ging echt die ganze Zeit ums Wetter. Ich wollte dieses Mal weghören, interessiert mich einfach nicht, aber die wurden immer lauter. Ich war dafür letzte Woche dran und die gute alte Dame hat es einfach nicht gecheckt, dass ich a) an einem Gespräch nicht interessiert war und b) nicht verstanden habe, was sie immer wieder neu angefangen hat, weil ich Musik im Ohr hatte. Auch nett: Ungefragt hat ein Rentner einer anderen Rentnerin seine Krankheitsgeschichte mitgeteilt. Komprimiert, aber mit der wichtigen Information, dass er bei der nächsten Ohnmacht sterben wird bzw. muss. Bei der Information ätte sich die Erste Hilfe schon erübrigt.
Deshalb die Aufforderung an alle Bushaltestellen-Bus-Straßenbahn-Arztpraxen-Aufzugs-Quatscher: Sprecht mich nicht an, ich will nicht mit euch reden!

Von Alex

Einst habe ich an der Universität in Würzburg studiert, jetzt bin ich Lehrer. Mein Lieblingszitat stammt aus dem grandiosen österreichischen Film Poppitz: „Dänkn däaf mass, soogn liaba neet“ – schließlich sind zumindest die Gedanken frei – wer es nicht verstanden hat: „Denken darf man es, sagen besser nicht“

2 Kommentare

Kommentare sind geschlossen.