Wer für alles offen ist…

…ist nicht ganz dicht.

Dass der neue US-Präsident Barack Obama das Gefangenenlager in Guantanamo, Symbol der kompromisslosen Politik von George W. Bush, binnen eines Jahres schließen will, ist ein gutes Zeichen für den Wechsel nach acht Jahren teils fragwürdigem Kampf gegen den Terror, die Erwartungshaltung ist schließlich schier erdrückend, mir tut der arme Mann richtig leid, was er alles in kürzester Zeit richten soll, was sein Vorgänger vermasselt hat.

Wieso Europa Häftlinge aus Guantanamo aufnehmen soll, wieso Deutschland frühere Terrorverdächtige aufnehmen soll, verstehe ich aber nicht. Das Lager haben die USA eingerichtet, die Insassen wurden von den USA entführt, also ist es doch ein rein amerikanisches Problem, was mit den Häftlingen passiert. Sind sie unschuldig, können die USA ohne Bedenken Asyl gewähren, so viele sind es ja nicht. Sind sie den zu USA zu gefährlich, sind sie das wohl für Europa auch. Zurückschicken geht nicht, weil vielen in ihrer Heimat Verfolgung droht. Unser Außenminister, SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier, will ja Obama unterstützen und Häftlinge aus Guantanamo bei uns aufnehmen, Innenminister Schäuble hat ihn zurückgepfiffen und in der Koalition ist ein Streit entbrannt.

Wenn die Amerikaner Menschen nach Kuba bringen können, aber ein Prozess nicht möglich ist und die Verdächtigen (möglicherweise) unschuldig sind, wieso soll dann Europa in die Bresche springen? Soll Deutschland vermeintliche Terrorverdächtige aufnehmen? Was ist so unmenschlich, sich dagegen auszusprechen? Es liegt ja wieder auf der Hand, wer ganz eifrig dafür ist, die Häftlinge aufzunehmen, Frau Künast will gleich aus purer Dankbarkeit gegenüber Amerika Häftlinge nach Deutschland holen. Ich hätte sie gerne gehört, wenn George W. Bush Guantanamo aufgelöst hätte und das gleiche Problem bestünde…

Von Alex

Einst habe ich an der Universität in Würzburg studiert, jetzt bin ich Lehrer. Mein Lieblingszitat stammt aus dem grandiosen österreichischen Film Poppitz: „Dänkn däaf mass, soogn liaba neet“ – schließlich sind zumindest die Gedanken frei – wer es nicht verstanden hat: „Denken darf man es, sagen besser nicht“

2 Kommentare

  1. Ich denke, dass das Thema zu kompliziert ist, als dass man sich so eindeutig äußern kann. Es geht ja nun nicht in erster Linie darum, wer das Problem verursacht hat (der genießt gerade sein Leben als Privatier), sondern wie man es lösen kann. Da die Mehrzahl der Internierten voraussichtlich kein Asyl in den USA beantragen wird, wird man eine Lösung für diese Menschen suchen müssen; denn wenn sie vor ihrer Inhaftierung keinen Hass auf Amerika haben, dann haben sie ihn jetzt auf jeden Fall. Daher sollte man vielleicht verhindern, dass diese Leute in einem afghanischen Terrorcamp ein neues Zuhause finden. Ich denke, es wird eine schwierige Aufgabe sein, einer gewissen Anzahl der Internierten so etwas wie ein normales Leben in Deutschland zu ermöglichen; aber es wird wohl eine Aufgabe sein, um die wir nicht herum kommen werden.

  2. Das ist freilich ein völlig berechtigter Einwand, aber dieses Hurra-wir-sind-alle-Obama-und-helfen-sofort finde ich trotzdem bei manchen merkwürdig (im Vergleich zu vorher, wo US-freundliche Außenpolitik sofort verwerflich war), da Obama, so wie ich es seit Reagan miterlebt habe, wie jeder andere Präsident auch zuerst US-Interessen durchsetzen wird und dann auch mal an die anderen denkt.

    Da werden noch viele Köpfe rauchen… Ich frage mich trotzdem, warum die USA das nicht erstmal alleine versuchen sollen.

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