Ypsilanti Dilettanti – Was bin ich schadenfroh

Getreu Edmund Stoibers Ausruf am politischen Aschermittwoch vor einigen Jahren passt dieser Reim heute wie die Faust aufs Auge. Ich lasse meiner Schadenfreude selten so freien Lauf wie ich das jetzt tue.

Ist das nicht großartig, was da in Hessen abläuft? Im Wahlkampf war schon die Maxime „Hauptsache, der Koch ist weg“ maßgeblich, Inhalte spielten kaum eine Rolle, was nachkommt, schien völlig egal zu sein, wichtig war nur die Demission Kochs. Die Strategie ging auf, wenn auch nicht richtig, die CDU blieb zwar ganz knapp stärkste Fraktion, eine regierungsfähige Mehrheit aber war weg. Es folgte ein unsägliches Machtgeschacher und vor lauter Machtgeilheit wurden Wahlversprechen seitens SPD und Grüne mal eben vergessen, damit Andrea Ypsilanti hessische Ministerpräsidentin Roland Koch endlich abgewählt werden kann. Ohne Mehrheit, aber mit Duldung der Kommunisten. Eine Koalition wäre dann doch zu viel des Guten gewesen. Der damalige SPD-Chef Beck ließ den Hessen freie Hand und die Grünen waren überraschend schnell mit im Boot.

Gewählt wurde Ypsilanti aber nicht, weil Dagmar Metzger ihre Zustimmung verweigerte und auch auf heftigen Druck aus Ypsilantis Umfeld an ihrer Meinung festhielt. Roland Koch ist seitdem geschäftsführender Ministerpräsident ohne eigene Mehrheit, dem sollte morgen ein Ende gesetzt werden, Ypsilanti ließ das Abstimmen üben, üben und üben, aber ihr Gegenspieler vom konservativen Flügel der SPD, Jürgen Walter, galt spätestens seit der Kabinettsbildung als Wackelkandidat, da er keinen Ministerposten bekam und sowieso gegen eine Zusammenarbeit mit den Linken war. Und seit heute Vormittag ist es sicher, Ypsilantis Machtstreben ist vorbei, drei weitere SPD-Abgeordnete neben Frau Metzger, u.a. Herr Walter, machen das miese Spiel nicht mit und haben heute angekündigt, nicht für Y zu stimmen.. Ich verstehe zwar nicht, warum die vier SPD-Politiker jetzt „Rebellen“ sind oder sein sollen, aber das ist eher nebensächlich. Sie halten an den Wahlversprechen fest und stehen dafür ein. Es zeichnete sich in den letzten Tagen schon ab, dass trotz aller Probeabstimmungen die Wahl scheitern könnte, dass es aber so deutlich wird und schon vor der Wahl passiert, hätte ich mir nicht zu träumen gewagt. Der Hessen-SPD darf man auch weiterhin getrost Wortbruch vorwerfen, die vier „Abtrünnigen“ (Zitat FAZ) stehen schließlich nicht für die Parteitagsentschlüsse, die Ypsilanti grünes Licht gegeben haben. Was für ein wunderbares Szenario, Ypsilanti wird für ihr machtgieriges Spiel abgestraft. Jetzt ist Müntefering halt tief betroffen und andere Sozen sind gar empört, das wird sich wieder legen und insgeheim werden sie irgendwann froh sein, denn mit Blick auf die Bundestagswahl hätte man doch der SPD eher geglaubt, die Benzinpreise würden auf unter einen Euro sinken als ihre Beteuerungen, es gäbe auf Bundesebene keine Zusammenarbeit mit der SED. Mit ihrer Entscheidung haben sie nur etwas arg lange gewartet, diese Kritik verstehe ich, auch wenn Münte sich jetzt nicht so künstlich aufregen muss. Die vier stehen wenigstens zu den Versprechungen aus dem Wahlkampf. Hochanständig ist diese Haltung dem Wähler gegenüber auf jeden Fall.

Jetzt bin ich mal gespannt, ob sich Ypsilanti morgen wirklich noch der Wahl stellt. Sie kann ja mal Heide Simonis anrufen, wie sich das anfühlt, in vier Wahlgängen keine Mehrheit zu bekommen. Bei der Gelegenheit kann sie sich gleich erkundigen, ob eine Tanzshow geplant ist, ansonsten wartet bei RTL auch das Dschungelcamp, da kann Frau Y. dann gleich wieder baden gehen..

Die von mir schon im August gewünschte politische Entsorgung Ypsilantis ist damit wohl erreicht, oder? Eine Chronologie der Ereignisse seit Januar findet sich hier.

Von Alex

Einst habe ich an der Universität in Würzburg studiert, jetzt bin ich Lehrer. Mein Lieblingszitat stammt aus dem grandiosen österreichischen Film Poppitz: „Dänkn däaf mass, soogn liaba neet“ – schließlich sind zumindest die Gedanken frei – wer es nicht verstanden hat: „Denken darf man es, sagen besser nicht“

9 Kommentare

  1. Seit ich heut um zwei nach Hause gekommen bin, hab ich mich auf deinen Kommentar zu dem Thema gefreut 😉

    Das es eine Zusammenarbeit von SPD und SED auf Bundesebene geben wird, halte ich für ausgeschlossen. Wie das mit der Linken aussieht, steht auf nem andern Stern…

    Aber was passiert jetzt in Hessen? Erinnern wir uns: sollte sich jeder an seine Wahlversprechen halten (was dir ja sehr wichtig scheint), ist es unmöglich eine regierungsfähige Mehrheit zu bilden. Also 5-jährige geschäftsführende Allein-Herrschaft der CDU? Klingt mir auch nicht sehr demokratisch…

    Mein Vorschlag: solange wählen lassen, bis das Volk endlich merkt, dass die Kommunisten nix im Parlament zu suchen haben. Dann klappts auch mit der Zweierkoalition.

    Oder man lässt die Sache mit den Koalitionsversprechen vor der Wahl ganz, aber das wäre wohl zu einfach…

  2. Jamaika wäre möglich, ohne dass Wahlversprechen gebrochen werden. Meine ich zumindest.

    Neuwahlen sind aber in diesem Fall wohl das Beste. Diese würden im Januar – frühestens – stattfinden, dann ist ein Jahr vergangen, ohne dass sich etwas bewegt hat, das kann so nicht weitergehen.

    Mein Wunsch-Szenario sieht ja so aus, dass bei Neuwahlen dann die Linken rausfallen und am Ende ganz dumm, pardon, noch dümmer dastehen. Die haben nichts in Parlamenten verloren, die stehen für mich auf einer Ebene mit der NPD. Sprüche klopfen und Parolen rausbrüllen, aber letztlich keinem helfen.

  3. Seit um zwei? Da musstest du ja noch voll lange warten. Dabei habe ich es schon vor zwölf gewusst.

    Das freut mich aber. Und ehrt mich.

  4. War ein guter Montag. 🙂
    Keine Linke an der Macht und Ypsi ist wohl weg vom Fenster.
    Den Beck hatte sie vorher indirekt mitgenommen.

    Wenn jetzt noch Obama das Ding nach Hause schaukelt, sieht die politische Landschaft ziemlich gut aus!

  5. auf einer ebene mit der npd finde ich ein bisschen hart, weil eine (echte) linke partei gar nicht so verkehrt ist. was mich an der linken stört ist aber, dass die ex-sed-hansel ja nicht alle auf einmal unpolitisch geworden sein werden und sicher nur die wenigsten in die cdu, spd oder sonst eine partei eingetreten sind. wo werden die sich also rumtreiben?

  6. Und genau deshalb, weil die alten SED-Kader in der Partei mit dem anderen Namen ihr „neues“ altes Zuhause gefunden haben, steht die Linke für mich auf einer Stufe mit der NPD.

    Zwei Links gefällig? Dieser Artikel http://www.zeit.de/online/2008/45/antisemitismus-von-links beschäftigt sich mit Antisemitismus-Vorwürfen gegen die Linke bzw. gegen die DDR, und dieser hier http://www.br-online.de/das-erste/report-muenchen/report-aleppo-israel-ID1223205037854.xml berichtet über NVA-Soldaten, die vor 35 Jahren in geheimer Mission gegen Israel unterwegs waren.

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