Würzburg und seine Verhinderer… Seit der leider erfolgreichen Arcaden-Verhinderung 2006 haben einige Würzburger besonderen Gefallen am Verhindern gefunden und spielen sich als Allesbewahrer des Würzburger Stadtbildes auf, und wenn es sich um an sich unscheinbare graue Verteiler-Kästen der Telekom handelt, die das schnelle VDSL-Netz in Würzburg ermöglichen. Der gescheiterte Bürgerentscheid gegen einen FH-Neubau hat die Verhinderer auch nicht mundtot gemacht, im Gegenteil.
Mitte Januar habe ich noch beiläufig „Es hat sich zwar (noch) keine Bürgerinitiative gegründet“ geschrieben, jetzt scheint es so, als könnte ich mir die Klammern bald sparen. Der Verhinder Verschönerungsverein Würzburg (VVW) hat sich für 2009 auf die Fahne geschrieben, das geplante neue Augustinerhochhaus – genannt Tricyan Tower – in seiner jetzigen Form zu verhindern, weil das Stadtbild dadurch zerstört werde. Welche Überraschung, dass die Ringparkretter mit im Boot sitzen, irgendwas muss ja gerettet werden, wenn der Ringpark nicht vor der endgültigen Vernichtung bewahrt werden muss. Dem VVW ist der geplante Neubau zu hoch, zu massig und – wie Thomas Matterne richtig bemerkt – wohl einfach zu neu. Für einen vierstelligen Betrag hat der VVW jetzt auf eigene Kosten – machmal wünsche ich mir noch drastischere Auswirkungen der Finanzkrise – Fotomontagen anfertigen lassen, die die optische Apokalypse für das Würzburger Stadtbild dokumentieren wollen. Auf der Mainpost-Seite ist eine der Fotomontagen zu sehen, die ab Montag auf der VVW-Seite zu sehen sein sollen. Wirklich entsetzlich. Halb so hoch soll das neue Haus werden, halb so massiv, am besten also ein einstöckiges Ladenlokal, wie sie direkt nach dem Angriff 1945 häufig gebaut wurden. Wofür haben die Architekten überhaupt gearbeitet, wenn die Besserwisser viel klüger sind? Wieso haben sich die *#&%§? nicht früher beschwert und ihre Anliegen vorgebracht, die Zahlen sind doch längst bekannt? Das Ämterhochhaus ist ja schon länger einsturzgefähredet. Jetzt bereitet der VVW tatsächlich ein Bürgerbegehren vor und will Unterschriften sammeln, die Vorstufe zum Bürgerentscheid.
Andererseits will der VVW aber auch wieder die Statik des einsturzgefährdeten Ämterhochhauses prüfen lassen und dieses erhalten und sanieren, weil dieses knappe sechs Meter niedriger ist als das geplante und die Stadtansicht nicht zu stören scheint. Ein leidiges Hin und Her, über das sie wahrscheinlich sogar in Schilda lachen würden. Ich frage mich, wie lange sich Informica Real Invest, der Reichenberger Investor, dieses Affentheater noch anschaut. Am besten, die springen ab und mitten in der Stadt steht eine wunderbare Bauruine. Wäre es nicht meine Heimatstadt, ich würde jedem Investor gratulieren, der nur bei Erwähnung des Wortes „Würzburg“ abwinkt und laut auflacht, ganz gleich, ob etwas Großes oder etwas Kleines gebaut werden soll. Am Marktplatz wird das nächste Streitobjekt schon gebaut, Protest wird sich dann formieren, wenn S.Oliver die ersten Regale einräumt.
Ich bin gespannt, was als nächstes verhindert wird. Ich lege mich jetzt schon fest, dass die Straßenbahnanbindung von Hubland und Zupferhügel für großen Ärger sorgen wird: Egal, welche der Trassen letztlich gebaut wird, sie gefährden den Ringpark massiv, da jede geplante Route den Ringpark kreuzt. Und dann sind da die Anwohner, die zwar alle einen Ausbau der Straba wollen, aber nicht vor ihrer Haustür, das muss dann verhindert werden. Selbstverständlich werden alle für die jeweils andere Trasse sein, weil diese natürlich sinnvoller ist. IKEA kann wohl nicht mehr verhindert werden, da öffnen ja am 29. Juni schon die Tore. Schade eigentlich.
Vielleicht sollte ich meinen scherzhaft gemeinten Vorschlag, ein Bürgerbegehren gegen Würzburger Bürgerbegehren zu starten, doch in die Tat umsetzen. Das nervt so, dieses kleinkarierte Verhindern von allem, was neu, ungewohnt und irgendwie anders ist. Aber der VVW will ja auch die Mozartschule erhalten, weil dieses wunderschöne denkmalgeschützte Gebäude so wunderbar und anmutig ist. Wichtigtuer!
Achja, falls all die Verschönerungsversuche erfolgreich sein sollten, schlage ich folgenden Namen für das Augustinerhäuslein vor: Würzburger Kummerkasten.
[Nachtrag] Dazu passt die Meldung, dass OB Rosenthal mit zwei Parteigenossen auf Geldsuche für den Bahnhof ist, wie die Faust aufs Auge. Das Risiko hätte die mfi gehabt, die Verhinderer haben gesiegt, jetzt haben die Schnüdel ihre City-Galerie und Würzburg hat gar nichts. Nicht mal einen Bahnhof. Die BI-Klugscheißer schieben den Schwarzen Peter natürlich der Bahn zu…
Danke! Danke, dass du es mal wieder aussprichst.
Mittlerweile läuft ja Schweinfurt Wü den Rang ab, neu eröffnet die Stadtgalerie. SW haben trotz „Industrie und Kunst“-Slogan momentan die Nase vorne, und das bei gerade mal 53000 Einwohnern…
Weniger Klugscheißer, weniger Probleme.
Das stimmt, Schweinfurt wird echt immer attraktiver. Die Innentstadt ist nun weitgehend saniert, die Stadtbücherei sehr gelungen und an neuen (und alten) Kulturangeboten mangelt es auch nicht.
Aber zugegeben: Vor zehn Jahren war die Stadt noch ziemlich trist …
Würzburg brauche keine Schlaumeier, die Stadtratsentscheidungen hinterher wieder rückgängig machen wollen… Das ist mal ein Statement von unserem OB. Und wie Recht er hat.
Das Wort Verschönerungsverein löst bei mir inzwischen ähnliche Aggressionen aus wie die Wörter Bürgerinitiative und Ringpark in Gefahr.
Also ich finde zwar auch, dass nicht alles was gebaut werden kann auch gebaut werden sollte. Und Gewiss sind nicht alle Baumaßnahmen sind eine Verschönerung der Stadt. Aber ohne eine gute Infrastruktur stirbt eine Stadt auch schnell und leere Geschäftsräume und Häuser sehen auch nicht schön aus…