Süddeutsche Doppelmoral

Ist das Abbrennen von bengalischen Feuern jetzt südländische Begeisterung, gar feurige Unterstützung oder doch nur dummdreistes Chaotentum? Fakt ist, Feuerwerkskörper im Stadion sind verboten und das völlig zu recht. Wer einmal mitten in einem solchen Rauchkegel gestanden war, weiß spätestens dann, warum. Fakt ist aber auch, dass man sich bei der Süddeutschen Zeitung nicht ganz einig zu sein scheint, wie man solche Zündeleien auf den Tribünen kommentieren soll.

Unlängst haben sich die Frankfurter Fans in Karlsruhe ziemlich danebenbenommen und auf den Tribünen Feuerwerkskörper und Rauchbomben gezündet, die sie ins Stadion geschmuggelt haben. Ein Bericht in der SZ über die deutsche Ultra-Szene wird mit einem Foto von besagtem Spiel versehen, die Bild-Unterschrift lautet vielsagend:

Die Dummen und die Dreisten sterben nie aus, erst recht nicht in der deutschen Hooligan- und Ultra-Szene. Hier finden es Frankfurter Fans intelligent, Feuerwerkskörper in Karlsruhe abzubrennen.

So weit, so gut. Ganz anders liest sich das aber beim Foto-Bericht der SZ über das Spiel des Hamburger SV gegen Galatasaray Istanbul. Die türkischen Fans haben auf den Rängen mehr als ein paar Feuerwerkskörper gezündet, aber in der SZ ist das plötzlich die feurige Unterstützung der eigenen Mannschaft in einem hitzigen Spiel. Dumm und dreist ist da plötzlich niemand mehr. Innerhalb einer Woche sollte man doch wissen, welche Position die Redaktion vertritt. Oder darf man als anständiger Journalist Gästefans nicht dumme Chaoten nennen, solange es stereotyp deutsche Hooligans gibt?


Von Alex

Einst habe ich an der Universität in Würzburg studiert, jetzt bin ich Lehrer. Mein Lieblingszitat stammt aus dem grandiosen österreichischen Film Poppitz: „Dänkn däaf mass, soogn liaba neet“ – schließlich sind zumindest die Gedanken frei – wer es nicht verstanden hat: „Denken darf man es, sagen besser nicht“

11 Kommentare

  1. Ich würde da nichts überinterpretieren –
    der Kommentar als journalistische Textsorte ist eben eine subjektive Gattung, da kann es nicht nur vorkommen, dass sich zwei Autoren widersprechen, da ist es sogar erwünscht.

    Ich persönlich würde schön die Hände von einer Zeitung lassen, in der sogar im Kommentar die „Redaktionsmeinung“ vertreten werden muss.

  2. Es geht ja nicht um die EINE Redaktionsmeinung, sondern darum, dass wirklich gefährliche Vorgänge sehr bedenklich bewertet werden. Hätten gestern die Cottbusser Fans Ähnliches wie die Türken veranstaltet, wären es wieder Randale gewesen.

    Die SZ halt…

  3. „Es geht ja nicht um die EINE Redaktionsmeinung, sondern darum, dass wirklich gefährliche Vorgänge sehr bedenklich bewertet werden.“

    Ich bin kein Fußballfan und meine Stadionerlebnisse kann ich an einer Hand abzählen, aber dass es gefährlich und dumm ist, im Stadion jegliche Art Feuerwerkskörper abzubrennen, kann ich gut nachvollziehen. Bis dahin stimme ich also zu.

    „Hätten gestern die Cottbusser Fans Ähnliches wie die Türken veranstaltet, wären es wieder Randale gewesen.“

    Das kannst du aber eben nicht wissen. Wir haben hier zwei Kommentare von (wahrscheinlich) zwei unterschiedlichen Autoren. Der Bildkommentar hat keine Autorenangabe, zumindest habe ich keine gefunden. Ich finde eben nicht, dass man einer Zeitung auf Basis von subjektiven Kommentaren Doppelmoral vorwerfen kann.

  4. Doch, der mahnende Zeigefinger wird nämlich national immer erhoben, international ist das dann südländisches Flair. Das lässt sich in gewisser Hinsicht nachvollziehen, da die Bengalos dort lange dazugehört haben und in Deutschland Nachahmer gefunden hat, solange das noch nicht verboten war. Heute ist das aber überall verboten und da ist so ein verharmlosender SZ-Kommentar einfach nur blöd und ignorant.

  5. meine meinung zu bengalos kennst du!
    wer in einen stehblock geht, sollte damit rechnen – wer bengalos aus dem stehblock raus auf’s feld oder sonstwohin wirft oder raketen abschießt oder ähnlichen scheiß macht, hat nichts im stadion zu suchen!

  6. Gerade im engen Stehblock ist das scheißgefährlich. Das war im Olympiastadion aber um einiges extremer als jetzt im knallroten Gummiboot.

  7. Passend dazu fackeln gerade zu viele Bremer Deppen bengalische Feuer im Gästeblock ab. Wer da kontrolliert hat, hat wohl gar nichts gesehen.

  8. Die Doppelmoral kennt auch das ZDF, denn Katrin Müller-Hohenstein erwartet in den Heute-Nachrichten für den Abend ein echtes Feuerwerk-Spektakel, da die Fans von Galatasaray für das Abbrennen von zahlreichen bengalischen Feuern bekannt seien.

    Entscheidet euch endlich, ob das Chaoten sind oder Fans, die für stimmungsvolle Bilder sorgen. Gestern wurden die Bremer schließlich im Sekundentakt verteufelt. Und das zu Recht.

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