Unglaublich! Eine manipulierte MP-Umfrage…

Seit Freitag ist dieser Artikel zur leidlichen „Diskussion“ um den geplanten Stadtslogan und deren Bewertung durch die Würzburg AG bei der Mainpost online, parallel dazu wurde eine Umfrage geschaltet, bei der man abstimmen konnte, ob man a) mit dem dämlichen – Ich werde wieder meiner Vorbildfunktion in keinster Weise gerecht… – Spruch leben kann, b) einen anderen Spruch möchte UND an der Auwahl beteiligt werden möchte oder ob man c) gar keinen Spruch will, weil Würzburg bekannt genug ist. Recht schnell war eine große – natürlich nicht-repräsentative – Mehrheit gegen den Slogan, am Freitagabend waren es nur knapp 10%, die mit dem Provinz-Weltniveau leben wollten. Über Nacht wurden die vielen stillen Befürworter dann auf wunderliche Weise aufgeschreckt, beim Online-Zeitunglesen am Samstagmittag waren es plötzlich über 50%, die provinziell auf Weltniveau weiterleben möchten. Da die Umfrage keine IP- oder Zeitsperre hat, hätte sich jeder an den Rechner setzen und fleißig gegenklicken können (oder das Ganze schonender machen können), eigene Stimmen beeinflussten das Ergebnis nur noch in geringem Maße und ließen vermuten, dass da doch sehr viele Stimmen abgegeben wurden. Manuell oder automatisch, letztlich ist das egal. Mal ehrlich: Wer hat denn schon Spaß und Interesse daran, eine so leicht zu manipulierende Umfrage zu manipulieren? Und dann noch mit diesem Ergebnis? Ein Tor schießen, weil einer verletzt am Boden liegt, macht schließlich auch keinen Spaß.

Zurecht – oder: Zum Glück für die Mainpost – wird das Umfrageergebnis nicht veröffentlicht, es wäre ein Armutszeugnis gewesen, sich auf eine solche Spielzeugumfrage zu berufen. Gleichzeitig schreibt die Mainpost aber in eigener Sache darüber, dass sogar Bauanleitungen für die Manipulation veröffentlicht wurden, geht aber nicht darauf ein, dass diese „Bauanleitung“ erst online ging, als die größte Manipulation längst gelaufen war, nämlich am späten Sonntagnachmittag. Es ist August, es sind Ferien, aber wenn die Verantwortlichen, die im Zweifel das Geld in die Hand nehmen müssen, um die Kampagne abzusegnen, wieder zurück im Rathaus sind, wird hoffentlich ein Machtwort gesprochen und dem nervigen Spuk ein Ende bereitet. Was soll das ganze Theater um einen Spruch? Dann diskutieren und schimpfen wir endlich nicht mehr über einen Spruch, als ob wir in unserer Stadt keine anderen Sorgen hätten. Den Anschein hat es nämlich bald. Drollig ist in dem Zusammenhang auch, wie die Mainpost fleißig die wenigen positiven Stimmen (meist aus Kreisen der Würzburg AG) zitiert, als Aktionär der Würzburg AG kann die Mediengruppe Mainpost ja nicht in den eigenen Stall kacken.

Noch etwas zu dem Spruch, was vielleicht auch schon gesagt wurde: Rein sprachwissenschaftlich betrachtet habe ich mit „Provinz auf Weltniveau“ oder eben „Die Provinz auf Weltniveau“ noch ein anderes Problem. Das klitzekleine Wörtchen „auf“ – ich spare mir das Fachvokabular – erweckt den Anschein, als ob Würzburg Provinz ist und zwar auf einem offenbar unübertreffbaren Niveau. Mehr Provinz scheint kaum möglich. Noch ein Grund, das Ganze doof zu finden, ein doppeldeutiger Stadtslogan, der zum Verarschen einlädt. Ersetzt man nun „auf“ durch „mit“, dann drückt das „Weltniveau“ schon eher die angedachte Qualität der Provinz aus, in der ich dennoch nicht leben will. Ich könnte das jetzt noch weiter ausführen, so wie ich es gelernt habe, das wäre aber doch ermüdend. Kurz: Würzburg ist keine Provinz und wird hoffentlich auch keine, wenn wir weiterhin von einem Oberzentrum in Nordbayern sprechen wollen.

Zum Schluss noch etwas zu der Tatsache, dass die Würzburg AG die ganze „Diskussionum die Werbekampagne als Erfolg wertet: Eine schallende Ohrfeige hat für die Herren wohl auch etwas Gutes, sie fördert die Durchblutung…

Von Alex

Einst habe ich an der Universität in Würzburg studiert, jetzt bin ich Lehrer. Mein Lieblingszitat stammt aus dem grandiosen österreichischen Film Poppitz: „Dänkn däaf mass, soogn liaba neet“ – schließlich sind zumindest die Gedanken frei – wer es nicht verstanden hat: „Denken darf man es, sagen besser nicht“

7 Kommentare

  1. Aber schön, dass jetzt einigen MP Lesern mal ein Licht aufgeht. Mich wundert, dass keiner über die Mitgliedschaft der MP bei der W.AG wusste – wobei das ja nicht wirklich ein Geheimnis war.

  2. Naja, selbst geschrieben haben sie darüber auch nie was, nur recht unkritisch berichtet. Auf der Seite der WAG steht es aber unübersehbar. Und der Geschäftsführer der Mainpost ist ja auch Aufsichtsratsmitglied.

  3. Die Kategorie dieses Beitrags ist toll: „Geschmackspolizei“.
    Überhaupt sind die Kommentatoren aber einfach alle zu doof, das brilliante Konzept (auch ohne Erklärung) zu verstehen.

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