Auch Fans dürfen nicht alles!

Wie war das noch im Herbst, als sich Robert Enke vor einen Zug warf und bekannt wurde, dass er unter Depressionen litt? Ging da nicht ein Aufschrei durchs Land, dass sich der Umgang der Fans mit den Spielern auch ändern müsste? Utopisch und völlig naiv eigentlich, daran zu glauben und das ernsthaft zu fordern. Geändert hat sich gar nichts, im Gegenteil, Spielern wird in Sprechchören angedroht, sie bei Abstieg umzubringen, die Szenen im Berliner Olympiastadion sahen so aus, als wollten die Chaoten ernstmachen.

Dass Paolo Guerrero einem Fan seine Trinkflasche in die Fresse geworfen hat (um im Jargon zu bleiben), weil der ihn vorher beleidigt hatte, ist ein Unding und darf nicht passieren, nicht einem Profi. Wenn ich zu einem Landesliga-Spiel gehe und einem Spieler was zurufe, brauche ich mich nicht wundern, wenn ich ein „Halt die Fresse, blöde Sau!“ zurückbekomme, in der Liga ist das schon was anderes, da dürfen sich Profis nicht mal einen Stinkefinger erlauben, selbst wenn sie das ganze Spiel über übelst beschimpft werden. Wenn der Hamburger Zuschauer aber tatsächlich „Schwule Sau“ gerufen hat und Paolo Guerrero geraten hat, nach Peru zurückzugehen, dann muss ich sagen, dass ich dann auch eine Spur weit schadenfroh bin, dass Guerrero so gut gezielt hat. Auf der Tribüne über dem Spielertunnel sind keine billigen Plätze, meist sitzen dort die betuchteren Fans Kunden, die für ihr Geld unterhalten werden wollen. Wenn der Herr dann so gezielt einen eigenen Spieler beschimpft, der selbst noch enttäuscht ist und ein Hitzkopf ist, dann ist die Reaktion eigentlich ziemlich menschlich, ohne dass ich diese Aktion rechtfertigen oder entschuldigen will. Das geht nicht. Wenn Guerrero tatsächlich so lange gesperrt wird, dann sollte der HSV seinem „Fan“ seine Dauerkarte für die gleiche Zeit sperren. Mit seinem Eintrittsgeld erkauft man sich nicht das Recht, andere Menschen in dieser üblen Weise zu beleidigen.

Eigene Spieler beschimpft man schon gar nicht in dieser Art und Weise, dafür kommt Schalke schließlich einmal im Jahr. 😉

[Ergänzung] Guerrero wurde vom DFB für fünf Spiele gesperrt, zudem muss er 20.000€ zahlen. Hinzu kommt die empfindliche vereinsinterne Geldstrafe. Zudem ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen Körperverletzung. Ermitteln die auch gegen den Fan?


Von Alex

Einst habe ich an der Universität in Würzburg studiert, jetzt bin ich Lehrer. Mein Lieblingszitat stammt aus dem grandiosen österreichischen Film Poppitz: „Dänkn däaf mass, soogn liaba neet“ – schließlich sind zumindest die Gedanken frei – wer es nicht verstanden hat: „Denken darf man es, sagen besser nicht“

2 Kommentare

  1. Genau meine Meinung. Warum müssen sich die Spieler beleidigen lassen?! Nur weil sie viel Geld verdienen?
    Ich denke, dass sich Guerrero selbst am meisten über das Spiel geärgert hat und dann nicht noch Beleidigungen braucht.

  2. Ich fand den Wurf nicht schlecht. Traf ja scheinbar den richtigen Addressaten.

    Sicher kann man als Fan mal ausflippen, wenn Schiri oder Profikicker Ihr Geld nicht wert sind, aber jemand gezielt so an zu gehen und zu beschimpfen…traut man sich natürlich nur von der sicheren Bühne aus.

    Ich hoffe für den Beschimpfer, dass ihn die HSV Hooligans nicht ausfindig machen. Die dürften leicht angepisst sein…

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