Meerschwein ich dich grüße

Dieser Artikel sollte eigentlich schon am Freitag fertig sein, aber in der Schule haben wir eine Art Hausmeister, der darauf bestand, das Internet-Café der Schule zu schließen. Was blieb mir also anderes übrig als abzubrechen. Jener Hausmeister ist wie ein Wachhund hier. Nachts kann man zu jeder Zeit klingeln, er macht auf. Nebenbei hilft er auch in der Küche und sorgt dafür, dass sich ab 10 Uhr abends keiner mehr auf der Terrasse oder im sowieso eiskalten Aufenthaltsraum aufhält – Nachtruhe. Als ich – aus dem Internet-Café verwiesen – auf die Terrasse kam, durfte ich unfreiwillig Salsa lernen, weil ein männlicher Tanzpartner fehlte und neben dem Tanzlehrer nur vier Interessierte anwesend waren. Ich war zu überrumpelt, sodass ich den Spaß mitmachte. Jetzt komme ich aber dann doch mal zu dem, was ich ursprünglich berichten wollte.

Am Freitag war ein sehr angenehmer Vormittag im Kindergarten: Als ich ankam, waren nur wenige Kinder da und in dem einen Klassenzimmer waren Lehrerinnen und Eltern versammelt. Ich habe mich draußen aufgehalten, auf die paar Kinder aufgepasst und jene davon abgehalten, ins Klassenzimmer zu gehen. Nach zehn Minuten habe ich einen Ball organisiert und bin mit den Zwergen zum benachbarten Bolzplatz gelaufen, wo wir über eine Stunde gespielt haben. Kurz vor halb zehn sind wir wieder zurück, wo sich die Veranstaltung gerade auflöste; Unterricht – wenn man das so nennen kann – fand zumindest an diesem Tag nicht statt. Ich habe noch kurz beim Aufräumen geholfen und dann sind wir – die drei Lehrerinnen (eine kam später nach), die Angestellte und ich – auch schon mit dem Bus in die Stadt gefahren. Dort sind wir in einen größeren eingestiegen, der uns für nur einen Sol eine Stunde lang nach Tipon befördert hat. Angeblich gibt es in Tipon nämlich das beste Cuy. Unterwegs sind immer wieder Landleute eingestiegen, die entweder einen Sack Reis oder andere Lebensmittel in den Bus oder auf die Transportfläche auf dem Dach gewuchtet haben. In Tipon suchten die Lehrerinnen eine Cuyeria aus. Ich weiß nicht, nach welchen Kriterien, aber sie ließen sich immer die Meerschweinchen zeigen und irgendwann blieben wir auch, nachdem sie den Preis von 30 Soles auf 25 heruntergehandelt und die Exemplare ausgesucht hatten. Bald kam der Teller mit dem Meerschweinchen (Cuy al horno = Meerschweinchen aus dem Ofen), dazu zwei (wie immer) trockene Kartoffeln (die werden mit in den Ofen geworfen), eine Art Nudelauflauf und eine gefüllte, scharfe Paprikaschote. Als ich mir mit Messer und Gabel am Meerschweinchen Orientierung verschaffen wollte, wurde mir gleich gesagt, ich soll mit den Händen essen. Ich habe ein Bein abgebrochen und gegessen (ohne den Knochen natürlich). Ich kann jetzt nicht sagen, dass es wie Hähnchen geschmeckt hat, aber es war nicht schlecht. Die anderen Beine schmeckten nicht anders. Die peruanischen Damen waren derweil dabei, ihr Cuy wie gekonnt zu verdrücken. Sie fingen fast alle mit dem Kopf an und mir verging etwas der Appetit, als ich sehen musste, was davon übrig blieb, nämlich nur ein paar wenige kleine Knochen. Ich hatte inzwischen die Haut abgegessen, die zwar knusprig, aber zäh war. Im Inneren steckte ein Gewürzbüschel, der leider dem ganzen Fleisch eine Geschmacksnote verlieh, die mir etwas wider ging. Nun kam auch ich zum Kopf. Die Lehrerinnen hatten – glaub ich – Spaß daran, mir beim Essen zuzusehen. Ich habe einfach mal den Kopf abgerissen (mit dem Messer nachgeholfen) und die kleinen Ohren abgeknabbert, weil sie schön knusprig waren. Von der Stirn, den Backen und um das Maul habe ich auch noch einige Fleischfetzen erwischt, dann – fand ich – gab es nichts Genießbares mehr am Kopf. Spätestens als ich den Unterkiefer ausgebrochen habe und die Speiseröhre zum Vorschein kam, wusste ich, dass ich vom Kopf nichts mehr essen wollte. Dass die Peruaner das ganze Innenleben essen, ist für mich nur schwer begreifbar. Vom Körper habe ich dann noch das gegessen, was ich auch am Hähnchen esse, dann war für mich Schluss; genug Fleisch hatte ich gegessen. Mein Teller hat ausgesehen wie ein Schlachtfeld, während auf den anderen Teller nur ein paar Knochen, die kleinen Rippen sowie der Gewürzbüschel lagen. Was sie nicht schafften, landete in Tüten (einschließlich der Beilagen). Ich würde es vielleicht irgendwann wieder essen, aber so schnell muss es nicht sein. Der Gewürzbüschel hat bestimmt viel ausgemacht, daher kann ich mir vorstellen, dass es bei einer anderen Zubereitung besser schmeckt. Da man Cuy meistens zu besonderen Anlässen isst (bei uns war es der Geburtstag einer Lehrerin), bin ich froh um die Erfahrung, würde aber auch beim nächsten Mal nicht mehr davon verspeisen.

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Der Bus zurück war leider so voll, dass ich die ganze Strecke mit eingezogenem Bus (auch die größeren Busse sind nicht hoch) stehen musste.

5 Kommentare

  1. Das Tier auf dem Bild sieht aus wie „das kleine Arschloch“ aus dem Trickfilm kurz nach seiner Geburt 😀

  2. Hallo Leute, ich habe einige Bericht sooo aufmerksam gelesen weil ich aus Cusco bin und lebe in Dt.seit ´96. Ich finde es toll wie die Berichte geschrieben werden auch wenn ich einige Vettos anlegen würde, aber ich respektiere Eure Meinungen, bon auch froh dass Ihr in Perú seid um „neues“ zu sehen, zu erleben, deshalb geht mein Respekt vor euch…Meerschweinchen esse ich gern, nur der Kopf muss nicht unbedingt sein,das ißt ja reichlich meine Mama,sie fäng mit dem Kopf an, es ist geschmackssache und die Gewürzebüschel ist sehr wichtig,mittendrin sind Gewürze die sehr gut damit die Verdaduung von Cuy gut wird.
    Ich liebe mein Heiamtland Cusco.Perú und liebe auch Deutschland mein zweites Heimatland…un koche mal etwas deutsches wenn ich Gäste in Cusco habe, schmuggele auch Knöddeln und das jedemenge! hahaha und meine verwandte schauen auch merkwürdig die Klose an,bis sie es probieren mit deutsche Soße und peruanischen rinderfleisch, dann sind sie zufrieden und die Knödeln vergessen sie auch nicht.Liebe Grüße!Tumi

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