Inzwischen liebe ich die Kommentar-Funktion in der Online-Ausgabe unserer Main Post. Einerseits lässt sich mit wenigen Worten eine hitzige Diskussion anzetteln, wenn man nur die richtigen Leute provoziert, die sich dann – welch Überraschung – prompt provozieren lassen. Der Rest ist dann meist ein Selbstläufer, dem man dann amüsiert schweigend folgen kann.
Bei in der Sache bereits hitzigen Themen braucht es gar keinen Anstoß, da gibt dann jeder gerne seinen Senf dazu und lässt mal richtig Dampf ab, auch wenn es völlig an der Sache vorbeigeht. Ein Beispiel gefällig? Eine noch junge Dame hat ihr Fahrrad wie jeden Tag am Bahnhof abgestellt, um anschließend mit der Bahn zur Arbeit zu pendeln. Da im Bereich der – zugegeben – wenigen Fahrradstellplätze kein Platz mehr war, hat sie ihr Velo eben in der Nähe des Seiteneinganges angeschlossen. Das war allerdings ein Fehler, als sie nämlich am Abend ihr Rad holen wollte, war dieses nicht mehr da. Entfernt. Am Service-Point (bei der DB geht wie bei der Telekom auch der Denglisch-Teufel um) musste sie erfahren, dass dieses kostenpflichtig entfernt wurde, blöd war nur, dass zur Ausösung zwei (!) Mitarbeiter nötig sind und die waren nicht mehr da, also bekam sie ihr Rad erst Tage später zurück. Diese Regelung wurde inzwischen aufgehoben.
Offenbar sind seit kurzem Schilder am Bahnhof aufgestellt, die auf eine Entfernung des Rades für den Fall hinweisen, falls dieses außerhalb der markierten Bereiche abgestellt wird. Das war der Fall. Und gestört hat es auch. Der Fluchtweg wurde behindert.
Anstatt sich nun an die eigene Nase zu fassen und mal zu überlegen, ob der Fehler nicht wirklich bei einem selbst liegt und zähneknirschend die Folgen zu akzeptieren, ist es natürlich die böse Bahn, die an allem schuld zu sein scheint, die junge Dame informiert die Zeitung und die Main Post berichtet gerne über diese Frechheit. Wenn die Dame wirklich einen Fluchtweg blockiert hat, hat sie es nicht anders verdient. Man kann Fahrräder immer so abstellen, dass sie niemanden stören.
Und wieso habe ich mit der Kommentar-Funktion angefangen? In der Folge hat sich eine „Diskussion“ entwickelt, in der auf die Bahn und ihren hässlichen Bahnhof geschimpft wird, auf die unmögliche Preispolitik und auf alles, wo DB draufsteht. Der Bahnhof ist insgesamt untragbar, der Bahnhof stinkt, gehört erneuert, der Husumer Bahnhof ist schöner, die Arcaden-Gegner kriegen ihr Fett weg, Bahnfahren ist doch nicht billiger und und und. Einer erkennt, dass völlig am Thema vorbeidiskutiert wird, ein anderer bemerkt, wenn er sein Auto im Ringpark abstelle, wo auch keine Schilder stünden, dürfte er sich auch nicht beschweren, wenn dieses abgeschleppt würde. Schönes Beispiel. Und ganz wichtig ist, dass wieder mal ordentlich geschimpft werden durfte.
Die Dame sollte nicht überlegen, wie ihr weiteres Vorgehen aussehen könnte, sie sollte einfach mal darauf achten, wo sie ihr Rad abstellt, ob sie jemanden behindert und welche Schilder vielleicht sogar darauf hinweisen. Jedes Rad wird nämlich die böse DB nicht entfernen lassen.
Ändert sich daran etwas, wenn der Bahnhof renoviert ist?
[Nachtrag 10.52 Uhr] Besonders gerne kommen die Kommentatoren aus ihren Löchern gekrochen, wenn die „Kirche“, sei es katholisch oder evangelisch, Thema ist. Da wird dann auf die Kirche geschimpft, egal, ob es passt oder nicht. Ganz aktuell, der Beginn der Kreuzbergwallfahrt, oder eben die Meldung von heute: Das evangelische Dekanat bemüht sich um die Kirchenräume in den Leightons, auch das katholische Dekanat ist wohl an Räumlichkeiten für die Seelsorge im neuen Stadtteil interessiert. Die böse „Kirche“, da muss man aber auch sofort losschimpfen.
Sehr lustig, aber selten dämlich die Diskussion. Die reden völlig am Thema vorbei.
Klar, das ist ja das Lustige daran. Noch dümmer finde ich aber die Tatsache, dass die Main-Post darüber berichtet, welch große Frechheit sich die Bahn mal wieder erlaubt hat.
Der marode Bahnhof und die Inkompetenz beim Fahrradabstellen sind zwei Paar Stiefel, die sich miteinander nicht in Einklang bringen lassen.
Ich finde es auch immer genial, wenn Leute für Fehler „Lehrgeld“ zahlen müssen, den Fehler aber nicht einsehen und dann rumdiskutieren und andere dafür verantwortlich machen.
Dazu gibt es ja auch immer lustige TV Sendungen.
Und dann noch zur Zeitung zu rennen und rumzuheulen ist richtig niedrig.
Dazu passt auch diese Meldung hier:
http://www.spiegel.de/panorama/justiz/0,1518,574525,00.html
Irgendein Journalist findet sich immer, der das dann noch veröffentlicht.
Für die Kommentare bei Mainpost-Online würde sich jedes Blog schämen (naja, fast jedes ;-)). Aber dort scheint das keinen zu stören, dass man sich da auch mal weit über die Schmerzgrenze hinweg persönlich beleidigt, von dem eigentlichen Thema meilenweit entfernt ist, etc.
Bei dem Unfall in Knetzgau, wo anschließend noch gut 40 Russen angerückt, wurde der Kommentarbereich ausnahmsweise mal geschlossen, weil wohl ein paar Idioten zu viel rassistischen Scheiß reingeschrieben haben.
Das gab aber dann einen gesonderten Beitrag, dass sie das gemacht haben.
Klasse ist ja auch die Anmerkung der Name der Dame sei „von der Redaktion geändert“ – nebendran ist aber ein Bild von ihr mit Rad abgebildet. Hat was von Bildzeitung… 😉