Bush jun. ist bald nicht mehr Präsident. Und dann?

George W. Bush war mit der Sicherheit der US-Präsident, der am meisten polarisiert hat, seit ich mich für Politik interessiere und das Weltgeschehen in den Nachrichten verfolge. Ronald Reagan fand ich nett, beurteilen konnte ich ihn noch nicht, der hat immer gewunken und gelacht. George Bush folgte für nur vier Jahre, in denen sich aber die Weltordnung komplett geändert hat, ehe Bill Clinton und eben George W. Bush für je acht Jahre ins Weiße Haus einzogen. Unter Bush jun. veränderte sich die Weltordnung mit den Terroranschlägen vom 11. September 2001 erneut und der islamistische Terror war plötzlich allgegenwärtig.

Jetzt wurde also Barack Obama zum 44. Präsident der USA gewählt, er wird am 20. Januar vereidigt, aber können wir hier wirklich beurteilen, dass sich jetzt alles ändert, nur weil der böse Dabblju bald nicht mehr regiert? Was machen all die, die in den vergangenen acht Jahren mit großer Freude auf alles eingedroschen haben (natürlich meist nur verbal), wo USA draufstand. USA-Bashing kann doch jetzt nicht weitergehen, wenn jetzt der Strahlemann aus Hawaii, ein Schwarzer noch dazu, von der Gangway winkt? Was bringt es, in den Nachrichten Bilder aus Kenia zu zeigen, wo Menschenmassen auf der Straße völlig ausflippen, weil Bush „abgewählt“ wurde. Die hätten auch schon letzte Woche feiern können, schließlich endet Bushs Präsidentschaft so oder so Mitte Januar. Ist die Welt jetzt wieder gut? Kommen die Taliban in Afghanistan jetzt aus ihren Höhlen gekrochen und bereiten den internationalen Truppen eine besinnliche Vorweihnachtszeit und backen Plätzchen? Reist der Spinner aus Teheran Achmedmachtdschihad iranische Präsident schon bald nach Israel und reicht einem Juden demonstrativ die Hand. Baut Nordkorea Windkraftwerke? Ist das Feindbild der Welt weg und das Himmelreich nahe? Die Jubelstürme weltweit sind schon beeindruckend, dabei wurde doch „nur“ ein Präsident gewählt, den wir überhaupt nicht einschätzen können, weil wir ihn zu wenig kennen. Die Probleme, mit denen Bush konfrontiert wurde, bleiben die gleichen. Ich weiß auch nicht, wer besser gewesen wäre oder besser ist, McCain oder Obama, mir war der Barack Obama sympathischer, aber ein Kriterium für eine Wahl ist das ja normalerweise nicht. Jedenfalls nicht für mich. Er ist auch jünger und charismatischer, das sind aber auch keine Kriterien. Er ist von der Partei, die gegen Bush ist. Für die meisten wohl das Kriterium schlechthin. Das macht ihn zum Heilsbringer. Jubeln die G8-Randalierer mit ihren attac-Fahnen beim nächsten Gipfel dem US-Präsidenten zu? Da bricht jetzt echt ein Feindbild weg.

Die US-Mentalität, der amerikanische Traum, ist eine ganz andere, damit kenne ich mich zu wenig aus, um mir darüber ein Urteil zu erlauben, was doof oder nicht doof ist. Barack Obama verkörpert jedenfalls, so habe ich das im Wahlkampf wahrgenommen, genau diesen Traum und deshalb wurde er gewählt. Er hat sich den Leuten großartig präsentiert und muss jetzt zeigen, dass der „Change“ nicht nur im Oval Office kommt. Ich bin gespannt und drücke dem Herrn die Daumen.

66% Wahlbeteiligung müssen wir den blöden Amis übrigens erst einmal nachmachen. Statt Halloween und Valentinstagen wäre das mal tatsächlich toll und lohnenswert. Yes, we can.

Von Alex

Einst habe ich an der Universität in Würzburg studiert, jetzt bin ich Lehrer. Mein Lieblingszitat stammt aus dem grandiosen österreichischen Film Poppitz: „Dänkn däaf mass, soogn liaba neet“ – schließlich sind zumindest die Gedanken frei – wer es nicht verstanden hat: „Denken darf man es, sagen besser nicht“

4 Kommentare

  1. guter Eintrag, so hätte ich das auch formuliert. Leider kann kein Präsidentschaftskandidat in den USA nach der Wahl selbständig regieren. Dazu kostet der Wahlkampf zu viel Geld, das muss alles „gerechtfertigt“ werden. Obama hat Rekordsummen bekommen, hoffen wir dass die Unabhängigkeit nicht leidet. Im übrigen Teile ich Deine Ansichten vollumfänglich..

  2. Ich bin auf die bisherigen Bush-Basher und Obama-Jubler gespannt, wenn Obama wie angekündigt Truppen u.a. aus Deutschland für Afghanistan fordert.

  3. eben, für die meisten genügte die Tatsache, dass er kein Republikaner ist; das heisst aber nicht, dass man bei der Einreise keinen Fingerabdruck mehr hinterlassen muss, seine Reise ankündigen muss etc..und was das Protektorat der Amerikanischen Wirtschaft angeht sind die Demokraten eher noch strikter..

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