Die GEW kann nicht rechnen!

Da haben die Kasper von der GEW Bayern (Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft) mal wieder einen rausgehauen und bewiesen, dass sie wirklich für mehr Bildung auf die Straße gehen sollten. Aktiv. Rechnen können die da nämlich offenbar nicht. Auf einen solchen Käse muss man erstmal kommen, um seinen Blödsinn von der Notenfreiheit zu propagieren:

Was ist der Unterschied zwischen einem 10-jährigen Kind mit 2,33 und einem Kind mit 2,34 im Übertrittszeugnis?

Diese Frage stellte die GEW Bayern an den Anfang ihrer Pressemitteilung anlässlich der Übertrittszeugnisse, die die bayerischen Grundschüler morgen bekommen. Sogar das Wort „mathematisch“ wird verwendet, es sei nur ein Unterschied von 0,01 festzustellen. Wundervoll! So verständnisvoll! Und so schülerorientiert! Aber am Thema geht dieser populistische Blödsinn meilenweit vorbei und hat mit guter Bildungspolitik sicher nichts zu tun. Entscheidend für den Schnitt in den Übertrittszeugnissen sind die Noten in den drei „Kernfächern“ Mathematik, Deutsch und Heimat- und Sachunterricht. Selbst ich als mathematischer Tiefflieger – am Gymnasium! – weiß, dass bei der Division durch Drei entweder eine glatte Zahl (1,0 oder 2,0 oder schlechter), ein x,33 oder ein x,66 rauskommt. Demnach ist auch nicht die zweite, sondern die erste Kommastelle entscheidend, ob ein Kind die Empfehlung für das Gymnasium oder die Realschule bekommt. Das klingt also mal wieder nach hysterischem Gezeter, das hier von der GEW verbreitet wird, vom BLLV aber auch dankbar aufgegriffen wird, der das System als „nicht kindgerecht“ empfindet.

Da wird dann von der GEW noch vom Selektionsprozess geschwafelt, um auch ein richtig negativ konnotiertes Wort zu verwenden; das Übertrittszeugnis stellt bei uns nunmal fest, inwiefern ein Kind für die weitere Schullaufbahn geeignet ist. Kinder sollen sich in der Schule schließlich wohlfühlen. Sie verbringen dort ja einen Großteil ihrer Zeit: mit 2,33 (oder besser!) darf oder sollte das Kind aufs Gymnasium, hat es einen schlechteren Schnitt, kann es den direkten Übertritt immer noch über den Probeunterricht schaffen. Ein Jahr später oder dann von der Realschule kann ein Kind ebenfalls noch aufs Gymnasium wechseln, der Weg an die Hochschulen ist selbst mit einer Mittleren Reife noch lange nicht verbaut. Hier werden sicher keine Lebensentscheidungen getroffen. Aber ein Kind, das fürs Gymnasium noch zu verspielt oder zu schwach ist, wird dort keinen Fuß fassen können und kläglich scheitern. Also: Was will die GEW eigentlich erreichen? Einen Übertritt ohne Noten? Wieso muss überhaupt jedes Kind ans Gymnasium? Welchen Gefallen tut man Kindern, die die gymnasiale Eignung einfach nicht haben? Was spricht dagegen, einen anderen Schulabschluss zu machen und einen ganz normalen Ausbildungsberuf zu erlernen und auszuüben? Die fehlenden Fachkräfte Fällen sicher nicht vom rosaroten GEW-Himmel. Für einen Schnitt von 2,66 hat ein Kind schon zwei 3er oder einen 4er, wenn ich mal von einem 2er im zweiten bzw. dritten Fach ausgehe. Da die Fächer Mathematik und Deutsch doch Elementares mitgeben und HSU auch Lern- und Auffassungsgabe schult, ist das sicher nicht die beste Voraussetzung für ein Kind, wenn es mit einem noch schlechteren Schnitt als 2,66 ans Gymnasium wechselt, nur weil das die Eltern wollen oder weil die besten Kumpels dorthingehen. Diese Entscheidung kann ein Kind mit zehn Jahren gar nicht selbst verantwortungsvoll treffen. Und dann? Die erste Fremdsprache in der 5. Klasse, gleich die zweite ein Jahr später? Das Tempo in den anderen Fächern ist auch höher als in der Grundschule. Was hat das Kind also davon? Überforderung und Misserfolgserlebnisse vom ersten Tag an? Ist es das, was die superschlauen Bildungsideologen von der GEW wollen? Ist das „kindgerecht“?

Wer Übertrittszeugnisse kennt und weiß, welchen Druck Eltern nicht nur auf ihre Kinder, sondern eben auf Grundschullehrer und vor allem auf Grundschullehrerinnen (ich verwende ganz bewusst hier die weibliche Form) ausüben, der kann sich an einer Hand abzählen, was selbst Dreier dann noch für einen Wert haben. Was soll denn ein ausführliches Wortgutachten bringen, das im Zweifelsfall dann wieder interpretierbar ist und so oder so gelesen werden kann? Wenn es darum geht, Eltern zufriedenzustellen, sind auch Formulierungen austauschbar. Ein Zeugnis mit Copy and Paste? Die Übertrittsquoten ans Gymnasium sind hoch, was ist das Ziel? Das Gymnasium war nicht nur zu meiner Zeit die höchste Schule in unserem dreigliedrigen Schulsystem, wer das Abitur will und wollte, muss sich auch besonders anstrengen, auch wenn „Leistung muss sich lohnen“ bei manchem verpönt zu sein scheint. „Leistungsdruck“ wird ja gerne gebraucht, um DIE Schule zu diffamieren. Wenn eine Grundschullehrerin nach vier bzw. zwei Jahren einem Kind eine Eignung bescheinigt oder eben nicht bescheinigt, sollte diese Entscheidung auch dann respektiert werden, wenn das Ergebnis nicht den natürlich hohen Erwartungen der Eltern entspricht. Eine Note ist nie ein Willkürakt, wer einem Kind eine reinwürgen will und das auch noch in solch wichtigen Momenten tut, hat den Beruf verfehlt. Leider ist Elternwille aber oft genug nicht der Kindeswille, sondern ein vorab festgelegtes Ziel muss erreicht werden, koste es, was es wolle. Und wenn es der Anwalt regeln muss. Die „Elternverbände“ schieben den Schwarzen Peter natürlich voll und ganz auf Schule, System, Lehrer, auf jeden Fall ganz weit weg von sich selbst.

Schön, dass die statistischen Angaben der GEW (große Mehrheit dagegen) und des Kultusministeriums (zwei Drittel dafür) zur Akzeptanz der Übertrittszeugnisse einmal komplett gegensätzlich sind. Wahrscheinlich hat die GEW lediglich ihre Mitgliederinnen gefragt. Schön auch, dass die GEW wie auch der bayerische Vorsitzende der Grünen, Dieter Janecek, von der Gesamtschule (die sie natürlich nicht so nennen) schwadronieren, wo alle Kinder neun Jahre lang gemeinsam beschult werden und erst dann auf höhere Schulen wechseln. Aufs G3? Oder doch eher aufs G4? Das muss natürlich geklärt werden. Wohin ein Gesamtschulsystem führt, haben ja andere Bundesländer längst bewiesen. Aber Ideologie bleibt halt Ideologie. Nur vergessen die Bildungsideologen leider immer, dass am Ende die Kinder ausbaden müssen, was am „grünen“ Tisch zusammengesponnen wurde.

Das Übertrittszeugnis ist eine gute Entscheidungshilfe für Eltern, wo die Kinder am besten entsprechend ihrer Begabungen gefördert werden können. Darum geht es . Und nicht um die Frage, wie wir am besten alle aufs Gymnasium bringen, um so die Gesamtschule durchs Hintertürchen zu realisieren. Dann bleiben nämlich nicht nur die Kinder auf der Strecke, sondern auch deren Bildung. Und für die ist ja die GEW heute auch wieder auf die Straße gegangen.

Von Alex

Einst habe ich an der Universität in Würzburg studiert, jetzt bin ich Lehrer. Mein Lieblingszitat stammt aus dem grandiosen österreichischen Film Poppitz: „Dänkn däaf mass, soogn liaba neet“ – schließlich sind zumindest die Gedanken frei – wer es nicht verstanden hat: „Denken darf man es, sagen besser nicht“

3 Kommentare

  1. Laaanger Post 😉
    Aber ich stimme dir zu, ei Übertrittszeugniss wird überbewertet. Und lieber findet ein Schüler/Jugendlicher dann später seinen Weg, zB durch den zweiten Bildungsweg, als dass er nach unten durchfällt.
    Ich war aufm Gym, bin dann aber nach der 10. wegen anhaltend guter Leistungen 😉 gewechselt und habe entsprechend meine Ausbildung gemacht. Für mich wäre Studium echt nix gewesen, auch wenn ich es später ja dann nochmal probiert hab….

  2. Ja, manchmal muss ein so langer Blogeintrag sein, ich muss ja auch ein bisschen weiter ausholen, damit das verständlich ist. 🙂

  3. Danke für den echt lesenswerten Post. Ich stimme mit dir überein. Erst heute kam die Sekretärin zu unserem stellv. Chef, der sich gerade mit mir unterhalten hat, und meinte: „Können Sie mal bitte kommen. Da steht ein Vater, der gerade sein Kind anmelden will, und erzählt mir irgendwas von Elternwille. Ich kann ihm aber da gar nicht weiterhelfen.“ Ich hätte am liebsten gesagt: „Schicken Sie ihn zur Realschule weiter, wenn ihm was an seinem Kind liegt.“

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