Die Tattoo- und Gel-Weicheier

Wenn ich in meinen ersten Panini-Alben blättere, finde ich kaum ganzkörpergegelte oder -tätowierte Lackaffen, denen ihr Aussehen wichtiger zu sein scheint als ihr Auftreten auf dem Platz. Da dominierte Minipli, Pilzkopf oder Vokuhila, oft kam der fieser Schnauzer noch dazu, die Herren sahen scheiße bis superscheiße aus und trotzdem war das völlig egal, weil sie ihre Leistung auf dem Platz brachten und ansonsten eher wenig von ihnen zu hören und lesen war. Wer mit einem auffälligen Tattoo ankam, durfte sich hämische Sprüche anhören. Heute ist das anders. Wer ein Tattoo hat, darf seinen Mitspielern eher Adresse und Preise mitteilen, damit die auch ihre Persönlichkeit zum Ausdruck bringen können, eine Topfrisur von Top-Coiffeur ist Standard und die teuren Designerklamotten vom Top-Proll-Label auch.

David Beckham war eine Art Vorreiter, andere sind ihm gefolgt. Die Frisur oberste Priorität, in der Halbzeit wird nicht regeneriert, sondern neu frisiert. Sind die Schlagzeilen in den Sport-Zeitungen auch schlecht, in den Hochglanz-Heften sind sie weiterhin top.

Wenn sich der Trainer von heute erdreistet, die Starqualitäten zu verkennen, ist der Star von heute eingeschnappt, jammert, gibt Interviews und fühlt sich schlecht behandelt. Er stammelt was von mangelnder Rückendeckung und vermisst den Respekt des Trainers. Gedemütigt werden da schnell Rücktrittsgedanken laut. Hätte sich der Star die Schmerzen mal lieber auf dem Platz als beim Tätowierer geholt, er säße vielleicht nicht auf der Bank.

Wer sich nicht tätowieren lässt, arbeitet stundenlang an der Bartfrisur und gelt seine Haare wie Kevin Kuranyi, der hier nur stellvertretend steht für all die Spieler, die scheinbar länger vor dem Spiegel stehen als sich aufzuwärmen. Modepüppchen, die jede Woche eine andere Haarfarbe haben, Knalltüten, die sich das Vereinswappen in die Haarpracht rasieren, um ein paar Wochen später enttäuscht das Weite in Brasilien zu suchen.

Erst ist Kuranyi wie ein trotziges Kind weggelaufen, jetzt jammert Tattoo-Frings, weil er mal bei zwei Länderspielen auf der Bank Platz nehmen musste. Kann nicht auch Torsten Frings mal begreifen, dass er nicht mehr die Qualitäten hat wie vor seiner Knieverletzung? Gleich an Rücktritt zu denken, ist nicht sehr intelligent und auch ungerecht, zumal gerade Frings lange einen Freibrief hatte, auch wenn er scheiße gespielt hat. Nichts gegen Frings, ich halte sehr viel von ihm, aber außer Form hilft er den Nationalmannschaft nicht weiter, es ist daher mehr als legitim, dass Löw auch mal auf Alternativen setzt. Faszinierend, welch hohe Meinung die Herren von sich haben, dass sie sich selbst für so unverzichtbar halten.

Wann begreifen die Herren endlich, dass der Stammplatz in der Nationalmannschaft nicht Bestandteil des millionendotierten Vertrags ist, sondern nur über Leistung erreicht werden kann?