Ein richtig überflüssiger Bürgerentscheid

Den Bürgerentscheid über die Bebauung des Platz’schen Gartens im letzten Frühjahr habe ich ja bereits als überflüssig empfunden, deshalb vor allem, weil die Interessen einiger weniger Anlieger mit teils haarsträubenden Begründungen zum Allgemeininteresse gemacht werden sollten, um so die Bebauung zu verhindern und den Herrschaften weiterhin einen Garten zu erhalten, der ihnen nicht gehört. Ende, Aus, Basta, der Bürgerentscheid hat zu wenig Leute interessiert, inzwischen wird dort richtig gearbeitet. Letztes Jahr hätte ein erfolgreicher Bürgerentscheid noch wirklich etwas bewirkt, morgen sieht das jedoch ganz anders aus.

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Der morgige Bürgerentscheid „A3-Ausbau – Nur mit Würzburg-Tunnel“ wird nämlich NICHTS bewirken. Gar nichts. Er kostet die Stadt Würzburg nur einen Haufen Geld und trägt dazu bei, dass die Wahlfaulheit der Würzburger sicher noch größer wird. Ich habe meine Karte längst zerrissen, zumal ich morgen eh noch nicht in Würzburg bin. Und Briefwahl beantragen? Wegen diesem Käse? Nein, der Mist kostet die Stadt schon genug. Sieht so „Zukunft für Würzburg“ aus? Oder war das nur ein kostspieliges Wahlkampfspektakel der Bürgerinitiative, mit ihrem Anwalt Herrn Baumann einen eigenen OB-Kandidat ins Rennen zu schicken?

Ich versuche mich mit einem Überblick kurz zu fassen: Im Mai 2005 wurde das Bündnis „Ja zum Tunnel! Für den Ausbau der A3“ , dem u.a. auch die Stadt Würzburg selbst angehörte, aktiv und das bereits eingeleitete Planfeststellungsverfahren für einen bestandsnahen Ausbau ausgesetzt. In einem Spitzengespräch (u.a. mit der damaligen OB Dr. Beckmann und Landtagspräsidentin Barbara Stamm) im Oktober 2005 wurde der Prozess der Trassenfindung neu auf den Weg gebracht, so dass das sogenannte „Lenkungsverfahren“ in mehreren Gruppen (auf genauere Details verzichte ich zugunsten der Lesbarkeit) zwischen Dezember 2005 und Februar 2007 stattfinden konnte. Neun renommierte Ingenieurbüros waren hier beteiligt, alle Lösungswege wurden abgewogen, fünf Korridore mit insgesamt 17 Trassenvarianten untersucht und ausgiebig diskutiert, Zwischenergebnisse transparent veröffentlicht. „Als Ergebnis wurde die Katzenbergtunnelvariante einvernehmlich vorgeschlagen“, schreibt die Autobahndirektion Nordbayern am 20.02.2014 in ihrer Zusammenfassung der Ergebnisse, auf die ich mich hier auch beziehe. Am 9.2.2007 wurden die Vertreter des Bündnisses informiert, dessen Vertreter begrüßten diese Trasse einvernehmlich als Ergebnis des Lenkungsverfahrens. Auch die Reaktionen in der Bevölkerung waren positiv, die Vorsitzende des Heuchelhofer Bürgervereins sprach von einem guten Kompromiss. Im März 2007 gab der Stadtrat dann grünes Licht, die Autobahndirektion Nordbayern konnte nun loslegen und die Entwurfs- und Planfeststellungsunterlagen für den A3-Ausbau entwickeln. Das Planfeststellungsverfahren wurde im April 2008 eingeleitet, im Juni 2008 wurden die Bürger in einer Bürgerversammlung in Heidingsfeld informiert.

Auch der Klageweg machte schließlich den Weg zum Ausbau frei, das BVerfG in Leipzig hat die Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss abgewiesen und die Trassenfindung bestätigt, die Katzenbergtunnelvariante mit der sogenannten Troglösung (Absenkung der Fahrbahn um bis zu neun Meter, begrünter Deckel auf großen Abschnitten) hat Gültigkeit, es wird ja seit dem Spatenstich im September 2012 auch fleißig gebaut, um den Ausbau vorzubereiten. Erst letzte Woche wurde die alte Brücke bei Heidingsfeld gesprengt. Zehn Millionen Euro sind bereits verbaut, Aufträge über weitere 80 Millionen sind fest vergeben. Alles Steuergelder.

Der Unsinn am morgigen Bürgerentscheid: die Bürgerinitiative glaubt, einen Bau noch stoppen zu können, um die von ihr angedachte, sehr viel teurere Tunnelvariante zu verwirklichen, die dann wiederum den Anwohnern im Reichenberger Grund zur Last fiele. Problem: Dieser Tunnel ist noch nicht einmal geplant, die Pressemitteilung der Siedlergemeinschaft Heidingsfeld Süd e.V. schlüsselt Argumente gegen diese Variante auf und fordert dazu auf, am Sonntag mit NEIN! zu stimmen. Die BI – ein Unwort in Würzburg, wie ich finde – will die Stadt mit einem „Ja“ dazu zwingen, alle Maßnahmen einzustellen, die dem Bauvorhaben zuarbeiten. Den Bau selbst können sie nicht stoppen, weil das ein Projekt des Bundes ist, somit soll nur die Beteiligung der Stadt gestoppt werden. Ganz toll. Um diesen Bürgerentscheid nicht noch aufzuwerten, hat die Stadt auf ein eigenes Ratsbegehren verzichtet. Bezeichnend, wie ich finde.

Ich wünsche ja dieser BI wie beim letzten Mal, dass es die Würzburger „einen Scheiß interessiert“, es wurden allerdings schon recht viele Briefwahlunterlagen angefordert, wie ich in der Mainpost lese. Wer abstimmt, soll bitte mit NEIN stimmen und den Käse ablehnen, die BI hat in den letzten Wochen fleißig plakatiert und so getan, als könnte hier irgendwas gestoppt werden. Das ist in meinen Augen Verarsche, die Quittung gibt es hoffentlich morgen Abend. Entweder mit einem NEIN, oder mit einem nicht erreichten Quorum.

Von Alex

Einst habe ich an der Universität in Würzburg studiert, jetzt bin ich Lehrer. Mein Lieblingszitat stammt aus dem grandiosen österreichischen Film Poppitz: „Dänkn däaf mass, soogn liaba neet“ – schließlich sind zumindest die Gedanken frei – wer es nicht verstanden hat: „Denken darf man es, sagen besser nicht“

2 Kommentare

  1. Sehr schöner Artikel.
    Schade das ich als Gerbrunner nicht mit NEIN abstimmen kann.
    Frage mich, ob beim BI überhaupt jemand mitdenkt, was die da überhaupt veranstalten.

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