Eine Würzburger Facebook-Seite

Im Frühjahr wurden Würzburger Facebook-Fanseite gebündelt, der Würzburger Stadtmarketingverein Würzburg macht Spaß hatte in Zusammenarbeit mit dem Lehrstuhl für Wirtschaftsinformatik und mit Unterstützung der Sparkasse, vom Duttenhofer und der Social-Media-Agentur Face of Solution die Anwendung CityNavi entwickelt, die in die Facebook-Seite von Würzburg macht Spaß integriert ist und gegen einen kleinen Obolus Würzburger Facebook-Seiten einbindet . Ralf hat darüber ausführlich im Würzblog berichtet.

Diejenigen, denen die WÜMS-Seite gefällt, bekommen neben vielen Informationen zwar regelmäßig aktuelle, sehr stimmungsvolle und wirklich schöne Fotos aus der Stadt geboten, leider wird dort aber auf der Pinnwand immer wieder für seelenlose Events geworben, die mit Würzburg wenig zu tun haben, außer dass sie hier stattfinden. Würzburger Traditionen scheinen egal, wenn zur Einstimmung auf das Kiliani am Vierröhrenbrunnen eingeladen wird und gleichzeitig dazu aufgefordert wird, doch in Dirndl und Lederhose zu kommen. Originell wäre es gewesen, Freibier oder andere Belohnungen denen zu versprechen, die in Kniehose, Dreispitz und fränkischer Tracht kommen. Wer kennt schon die fränkische Tracht? Aber im Lifestyle-Dirndl und der unvermeidbaren Lifestyle-Lederhose, am besten aus der letzten Norma-Aktion? Die Kritik an dieser Einladung wurde mehr oder weniger abgeschmettert, die Urheber verstünden Würzburg als moderne, weltoffene Stadt, die sich auch den vielen Auswärtigen entsprechend präsentieren sollte, selbst den Begriff „Kiez“ finden sie völlig in Ordnung. Die meist einheimischen Kritiker wurden als intolerant bezeichnet, dabei ging es ihnen nur darum, einheimische und ohnehin nur selten wahrnehmbare Trachten nicht mit albernen Lifestyle-Klamotten und Klischees zu überdecken, die rein gar nichts mit Franken und Würzburg zu tun haben. Das Identitätsstiftende unserer Heimat geht so nämlich mehr und mehr verloren, Klischees vom biertrinkenden Bayern mit der Lederhose sollte nicht ernsthaft ein Würzburg-Tourist mit nach Hause nehmen. Als Betreiber einer solchen Seite sollte man das nicht vergessen, auch wenn die Verantwortlichen offenbar sehr gerne in den Stadlwirt pilgern, um dort in Dirndl und Lederhose Tucher-Bier in ihrer Feierhütte zu ertragen, die seit 2008 ebenfalls auf der Talavera steht. Das Kiliani-Festbier von der Würzburger Hofbräu und das große Festzelt sind besser und authentischer. Das Kiliani ist nun mal kein Oktoberfest, in Oberbayern gibt es schließlich auch keine Weinfeste. So wird Würzburg ganz sicher nicht repräsentiert oder denkt jemand bei einer Ballermann-Party an Spanien? Wenn man 35000 Facebook-Fans, Ausländern, Nei’gschmeggdn und anderen Gästen etwas vormacht, was gar nicht ist, ist das bestimmt nicht im Sinne von Würzburger Tradition oder Kultur, sonst können wir in Zukunft auf unseren Weinfesten auch südafrikanische oder kalifornische Supermarktplörre ausschenken, weil wir so weltoffen sind. Was immer die mit „weltoffen“ gemeint haben, es klingt eher nach Beliebigkeit und Gleichgültigkeit.

Vielleicht haben sie ja Starbucks, Subway oder McDonald’s gemeint. Heute wurde nämlich nach Gründen gesucht, warum es wohl keinen Starbucks-Laden in Würzburg gibt. Wie seelenlos muss man sich noch geben, sich das zu wünschen? Das kann doch nicht ins Stadtmarketingkonzept passen, wenn sich ein Franchise-Unternehmen hier ansiedelt, um überteuerte Mischgetränke mit Kaffeegeschmack zu verkaufen, die im Pappbecher zum Mitnehmen zum guten Ton in Großstädten zu gehören scheinen und als Massenware weltweit verkauft werden. Sollte Würzburg bei all dem gegebenen Einheitsbrei diese Individualität auch noch verlieren? Wir haben so viele Cafes, die besseren und v.a. billigeren Kaffee anbieten und den besonderen Geschmack von Starbucks-Kaffee soll bitte niemand ernsthaft loben, der dort bereits Kunde war, selbst wenn man über Geschmack nicht streiten soll.

Von Alex

Einst habe ich an der Universität in Würzburg studiert, jetzt bin ich Lehrer. Mein Lieblingszitat stammt aus dem grandiosen österreichischen Film Poppitz: „Dänkn däaf mass, soogn liaba neet“ – schließlich sind zumindest die Gedanken frei – wer es nicht verstanden hat: „Denken darf man es, sagen besser nicht“

11 Kommentare

  1. BRAVO! Ich bin zwar erst seit 15 Jahren in Würzburg, aber du sprichst mir aus der Seele.
    Und die Verantwortlichen von WÜMS kann ich schon lange nicht mehr ernst nehmen. Viel ausschweifendes Gelaber und Geprotze und nichts dahinter.

  2. Ich weiß ja nicht, wer genau die Facebook-Seite mit solchen Einträgen füttert, ob da wirklich WÜMS dahintersteht. Auf jeden Fall bezweifle ich, dass hinter den entsprechenden Einträgen eingeborene Würzburger/Franken stehen, sonst würden sie die Klischees nicht derart strapazieren.

  3. Da steckt wirklich WÜMS dahinter, namentlich Chris & Leo (Christian Papay und Leonard Landois). Insofern ist die Zielsetzung eben nicht Würzburg oder Franken an sich als Thema zu haben, sondern das Stadtmarketing – das ist halt ein entscheidender Unterschied. Der allerdings wohl den wenigsten Fans der Seite wirklich bewusst ist, die wirklich glauben, dass sei eine „offizielle“ Seite von Würzburg.

    Vom Marketingstandpunkt aus betrachtet macht WÜMS seine Sache da wirklich gut. Aber deine Kritik trifft schon den Punkt.

  4. Genau! Warum nicht auch ein „Zara“? Offenbar wird jetzt jede 08/15-Großstadt-Kette durchgekaut. Denen fällt wohl wirklich nichts ein.

  5. Offenbar füttern das ein paar Privatpersonen, die nichts mit WÜMS zu tun haben, aber eng mit denen auf Facebook vernetzt sind. Die sind dort integriert, agieren aber unabhängig von WÜMS.

  6. Wer letztlich welchen Beitrag postet lässt sich natürlich nicht nachvollziehen, wer aber letztlich dafür gerade steht ist das Stadtmarketing/WÜMS. Du könntest mit dem gleichen Argument sagen, hinter der Seite meines Arbeitgebers bei Facebook stecken Privatleute, weil ich dazu ja auch meinen privaten Facebookaccount nutzen muss.

  7. Lieber Würzburcher!

    Vielen Dank für Deine Kritik. In der Tat bin ich kein gebürtiger Würzburger und auch sehr froh, über die Grenzen der Hauptstadt Unterfrankens geschaut zu haben. In der Tat wäre die Würzburger Facebook-Seite nicht gegründet worden, hätte ich 2007 nicht in den USA studiert.

    Im Gegensatz zu anderen Medien und womöglich auch zu Euch Bloggern versuchen wir keine Meinung zu machen, sondern durch unsere Postings Meinungen einzuholen. Wir schneiden Themen an und sehen wie die Fans darauf reagieren. Gerade bei einem Posting zu „Zara“, in dem es zu 61 kontroverse Kommentare, über 240 Likes kommt und zu einer neuen Fan-Page mit über 650 Fans innerhalb 24h führt, haben wir das Gefühl, ein Thema angesprochen zu haben, das die Facebook-Gemeinde um Würzburg interessiert. Wir lernen also aus jedem Posting.

    Ebenfalls nachvollziehbar ist natürlich die Kritik aus dem Gesichtspunkt, dass unsere Seite irgendwie – auch wenn ungewollt – in Konkurrenz zu den örtlichen Blogs treten und man dahingehend dem eigenen Leser (neudeutsch: Fan) die schlechten Eigenschaften des anderen versucht offenzulegen.

    Diese destruktive Kritik erscheint mir fast näher liegend, da Dein Beitrag an vielen Stellen schlecht recherchiert und in Tatsachen verschoben darstellend ist. 35.000 Fans wären super; das dauert aber noch ein paar Monate. Ein Blick ins Impressum der Facebook-Seite legt auch klar offen, wer für die Seite verantwortlich ist und in welchen Tatsachen mit dem Verein „Würzburg macht Spaß“ kooperiert wird. Des Weiteren haben wir uns nie einen Starbucks gewünscht, sondern nur die Fangemeinde nach den Gründen gefragt, warum es noch keinen geben würde!

    Falls es Dir wirklich darum geht, eine große Plattform zu nutzen, um auch auf Würzburger bzw. Fränkische Traditionen hinzuweisen, dann wähle doch den einfachen Weg einer altmodischen E-Mail oder einem Posting direkt auf unserer Fan-Seite.

    Bitte bleibt coole Blogger und werdet nicht zu unterfränkischen miesepeterigen Provinzjournalisten, die erstmal alles schlecht „reden“.

    Zum Schluss noch eine kleine Kritik meinerseits. Eine Seite, die sich http://www.wuerzburcher.de nennt und demnach einen gewissen Bezug zu Würzburg suggeriert, irritiert mit den größten Tag-Clouds „FC Bayern München“, „Bundesliga“, „Dittsche EM“ und „Alpen“ sicherlich ebenso wie Lederhosn und ein Kiez in Unterfranken!

    Nichts für ungut, ich bin auch Bayern-Fan!

    Beste Grüße
    Christian

  8. Es war hier ganz bestimmt nicht meine Absicht, destruktive Kritik zu äußern, um mich mit meinem Blog euch gegenüber zu profilieren, sonst hätte ich fleißig meine Links gesetzt. Es war eine konstruktive Kritik, sonst hätte ich die Fehler nicht so detailliert aufgezeigt. Bevor die Würzburg-Seiten zusammengelegt wurden, war klar erkennbar, wer hinter welchen Postings steht, da das jetzt alles unter der Vanity-URL …/wuems stattfindet, ist hier nicht mehr klar erkennbar, welche Seite jetzt wie viele Fans hat und wer für die Inhalte letztlich wirklich verantwortlich ist.
    Ihr erreicht auf jeden Fall eine Menge Leute und die Kritik an den Umfragen nach dem Interesse an 08/15-Großstadtläden hat ja nicht nur Kritik meinerseits hervorgerufen, die schien aber regelrecht abzuprallen, da wir dort mehr oder weniger als Provinzler ohne Weltoffenheit bezeichnet wurden, die im Gegensatz zu euch mit Lederhose, Kiez und Dirndl bedauerlicherweise nichts anfangen können, weil sie nichts mit Würzburg zu tun haben. Wenn der Blick über den Tellerrand sind darin äußert, dass über einzelne Ladenketten nachgedacht wird, um eine Meinung einzuholen, dann bin ich froh, dass ich über einen anderen Tellerrand geschaut habe, wo ich nicht alle Klischees aufgesaugt habe. Ich habe die Wiesn schätzen und lieben gelernt, mir fiele es aber im Traum nicht ein, hier mit Lederhose rumzustolzieren, nur weil die Landhausmode seit einigen Jahren in ist. Dieses Feingefühl sollte man erwarten dürfen, auch von Neigschmeddn, da muss man nicht miesepetrig sein oder irgendetwas schlechtreden wollen: Einheitsbrei auf dem Kiliani, Einheitsbrei in der Fußgängerzone, das will ich nicht in Würzburg haben, nur weil der Zeitgeist das derzeit so will.
    Ich habe nichts schlechtgeredet, ich habe eure Umfragen kritisiert und an denen finde ich in letzter Zeit wenig Gutes.
    Die Kritik eurerseits ist auch angekommen, die große Tag-Cloud zum FCB liegt übrigens an den vielen Bundesliga-Artikeln, die hier vor der Umbenennung erschienen sind, als ich auch noch regelmäßig im Stadion war.
    Beste Grüße zurück
    Alex

  9. Hi Alex,

    wir haben nochmals Eure Kritik in unserer kleinen Redaktionssitzung besprochen und sind auf eine Idee gekommen. Wie wäre es, wenn Du/Ihr einen Vorschlag für eine Aktion/Kampagne/Posting etc. machst/macht, deren Inhalt urfränkisches/urWürzburgerisch ist? Gerne könnt Ihr das auf Deinem/Eurem Blog/s aufbereiten und wir machen unsere Fans darauf aufmerksam? Ideen?

    Beste Grüße
    Christian

  10. Gute Idee! Derzeit habe ich noch recht viel zu tun, aber in den Ferien werde ich mir was überlegen, die Idee gefällt mir wirklich.

  11. Ich glaube den ersten Teil von Alex Kritik ignoriere ich mittlerweile schon von mir aus. Das Krachlederne und Dirndl nichts mit Franken zu tun haben sollte jedem bewusst sein. Dass es aber im Zusammenhang mit Bier und Brezen das einfachste Image abgibt, lässt sich eben nicht ändern. Ist eben die Sicht des In- und Auslands auf Bayern. Dass die Franken da ein bisschen eigen sind ist den meisten erst unter Androhnung von Gewalt verständlich zu machen 😉

    Der andere Punkt ist, dass die URL auf Facebook, wie ich da ja beim Zara-Post auf Facbook auch schon erwähnt habe, mit /wuems vielleicht etwas unglücklich gewählt ist. Als End-Nutzer orientier ich mich eben erstmal an der URL und will mich nicht erst durch die Infos und Impressum einer Facebookseite lesen, wenn ich wissen will, dass das ganze zwar unter wuems läuft aber nichts mit wuems zu tun hat. Was hier zum Ausdruck kommt ist keinesfalls Profilneurose oder fränkisches gezeter, sondern, zumindest bei mir, verwirrter Nutzer. Ich kenne die Seite eben als inoffizielle Würzburger Facebook-Fanpage die durch wuems irgendwie irgendwann ins Leben gerufen wurde und nicht als Sammel-URL.
    Natürlich hat die Seite nicht direkt gesagt „Wir wollen Zara/Starbucks!“ aber man kann nicht umhin die Fragen „Warum haben wir eigentlich keinen…“ auch als rhetorische Fragen zu deuten und damit die implizite Forderung nach eben jenen Ketten.
    Wenn es nur um den Wissensdurst danach geht, warum es eben keinen gibt, wie im Kommentar weiter oben schon erwähnt, wäre es doch der sicherer und verlässlichere Weg gewesen, direkt bei den entsprechenden Konzernzentralen oder Pressesprechern nachzufragen, statt die (wahrscheinlich größtenteils zugezognenen) Lifestyle-(Studenten 😉 )Followerschaft zu interviewen.

    Vorschlag von meiner Seite, wie ich schon von Alex anklang: Eindeutiger (nicht nur „versteckt“ im Impressum) klar machen, dass ihr eben nicht an wuems hängt und eindeutiger zeigen, wer da schreibt.

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