Elisabeth Scheuring – Aus dem Archiv von Willi Dürrnagel

Elisabeth Scheuring, eine Grombühlerin mit Herz – Leut´ und Kinner

Elisabeth Scheuring wurde vor 122 Jahren, am 5. Januar 1897, in Volkach geboren. Mit sieben Jahren kam die Wolz Liesel, wie sie als Mädle hieß, aus ihrer Geburtstadt nach Würzburg und zwar in den Ingolstädter Hof, wo ihr Vater ein kleines Geschäft betrieb. Nach der Schulzeit wurde sie dann Sekretärin (Tippmamsell) bei den Schokoladenwerken Frankonia.

Später heiratete sie nach Grombühl, natürlich einen Eisenbahner. Im zweiten Weltkrieg fiel ihr Sohn in Griechenland, was sie nie ganz verschmerzen konnte. Ihr Mann, Vorhandwerker bei der Bahn, hatte Verständnis für ihre dichterische Leidenschaft. Er half mit beim Malen und Basteln, denn auch das gehörte zu ihrem Handwerk. Elisabeth Scheuring war immer eigenständig und originell in ihrer Art. In ihrer schriftstellerischen Entwicklung schrieb sie zunächst hochdeutsch, manchmal auch in Prosa. Sehr bald erkannte sie, dass die gereimte Mundart ihre Stärke war. Mit sicherem Gefühl entschied sie sich dann für ihren Dialekt, den sie selbst sprach, den man in Grombühl in der Schiestlstraße hörte, wo sie wohnte und in dem sich auch die Leute ihrer Umgebung auszudrücken pflegten. Ihre Reime hatten aber etwas Besonderes, etwas Originelles an sich, sie waren eben unverkennbar „von der Scheuring“.

Seit 1930 fing sie an allerlei aufzuschreiben, was ihr einfiel: Sagen, Gespenster- und Schmugglergeschichten, die sie von den Großeltern wusste, eigene und fremde Kindheitserlebnisse, Beobachtungen aus ihrem Alltag. Bald illustrierte sie auch ihr „Schreibes“, wie sie sagte. Auch seit dieser Zeit war sie eine geschätzte Mitarbeiterin des „Würzburger Generalanzeiger“. Sie schrieb dort die „Jugendzeitung“ und bis in die schlimmsten Kriegsjahre hinein hat sie darin Jung und Alt ergötzt. Vor allem ihre Grombühler Lausbubenstreiche, die Beschreibung des Alltags der kleinen Leute und die Abenteuer der Tanten und Onkel vom Land in der „Stoodt“ wurden gerne gelesen. Nach dem Krieg zeichnete und dichtete sie ab 1949 für die „Main-Post“ von ihrem Grombühl.

Heiner Reitberger hat als „Kolonat“ 1957 zu ihrem 60. Geburtstag geschrieben: „Wahrhaftig, sie gehört zu Würzburg wie – ja wie der Stadtteil, dessen Eigenart sie so verschmitzt darzustellen weiß: Grombühl. – Alles was sie schreibt und zeichnet, hat Kraft, ist voller Leben, ist illusionslos gesehen (wie eine gute Mutter sieht), aber nie grob oder ätzend, sondern immer in jenem Mit-Leiden menschlicher Schwäche, das echten Humor ausmacht“.

Die verdienstvolle Elisabeth Scheuring schloss ihre Augen am 14. Mai 1971 vierundsiebzigjährig für immer. Sie hinterließ eine unübersehbare, schmerzlich empfundene Lücke, wie Dr. Franz Richter berichtete. Nicht nur bei ihren Angehörigen und Verwandten, bei ihren Freunden und Bekannten, ja bei den Grombühlern im Allgemeinen.

Ihre letzte Ruhestätte befand sich gegenüber dem Grab des Dichters Max Dauthendey und seiner Familie in der 1. Abteilung des Würzburger Hauptfriedhofes. Das Grab wurde vor einigen Jahren aufgelöst. Der Neuerwerber der Grabstätte hatte dann dankbarerweise auf Wunsch von Willi Dürrnagel im Jahre 2000 eine kleine Sandsteintafel auf Scheurings Grab angebracht und erinnerte an ihre humorvollen Gedichte: Der Text endete mit: „Jetzt gewiss im Himmel drin“. Illustriert wurde das Ganze durch einen bärtigen Petrus mit Schlüssel am Himmelstor, der mit dem Fernglas zur Erde späht. Leider ist diese Tafel nun auch nicht mehr vorhanden.

Auch im Würzburger Rathaus war man auf Drängen der Grombühler der Meinung, dass etwas geschehen müsste, um das Andenken an die Grombühler Mundartdichterin zu bewahren. Zunächst dachte man an eine Straße, die ihren Namen führen sollte und an einen Brunnen. Einen Bildhauer hatte man bereits ausgeguckt: es war der bekannte Kulturpreisträger Otto Sonnleitner, der in Würzburg schon viele Kunstwerke geschaffen hatte. Doch es sollte ein Denkmal werden. Die Frage war: Wo sollte es stehen? Nirgends besser als am Ort des ehemaligen „Flohglacile“, etwas zurückgerückt, in einer Blumenrabatte an der Ecke Brückenauffahrt/Grombühlstraße. Dort steht er nun, der erhöhte Steinsockel mit dem Bronzemedaillon und dem Bildnis der Grombühler Mundartdichterin, der Aufschrift „Leut´und Kinner“ (auch Titel eines Buches) und dem Namen Elisabeth Scheuring.
Obendrauf steht in Bronze leibhaftig der Namenstags-Göker, eine Plastik aus dem gleichnamigen Gedicht der Autorin. Inzwischen heißt eine Straße im neuen Stadtteil Hubland nach Elisabeth Scheuring. Diese verläuft hinter der einstigen Blumenhalle bei der Landesgartenschau 2018 und zweigt von der Rottendorfer Straße ab.

Am 8. Oktober 1977 wurde das Denkmal feierlich eingeweiht und natürlich sangen die „Bockertöberle“ dazu. Der Vorstand des Bürgervereins, der sehr geschätzte Arzt Ernst Döller, hielt die Begrüßungsansprache. Der Oberbürgermeister überreichte namens der Stadt einen Scheck über 5000 DM. Den gleichen Betrag stiftete ein Bruder der Dichterin. Den Rest (das Denkmal kostete 16 000 DM) brachten die Grombühler selbst auf. Es war ja ihre Elisabeth Scheuring, ihr Denkmal und darum war auch die Einweihung ein kleines Volksfest für den Stadtteil Grombühl.

Von Alex

Einst habe ich an der Universität in Würzburg studiert, jetzt bin ich Lehrer. Mein Lieblingszitat stammt aus dem grandiosen österreichischen Film Poppitz: „Dänkn däaf mass, soogn liaba neet“ – schließlich sind zumindest die Gedanken frei – wer es nicht verstanden hat: „Denken darf man es, sagen besser nicht“