Gift und Galle und Geschrei

Die gerade zu Ende gegangene, von der Opposition einberufene Aktuelle Stunde und die mittägliche Fragestunde im Bundestag, in denen sich Bundesverteidigungsminister wegen der Plagiatsvorwürfe rechtfertigen musste, waren mal wieder hervorragende Beispiele dafür, wie man dafür sorgt, dass die Politikverdrossenheit in unserem Land noch größer wird. Scheinheilig wird da über Karl Theodor von Guttenberg hergefallen, als hätte er Mandanten an die Stasi verraten, anschließend Steine auf Polizisten geworfen und dann dienstlich gesammelte Flugmeilen privat genutzt. Der eine – Herr Trittin – schreit und keift und wirft zu Guttenberg „Unverschämtheit“ vor, da dieser eine bewusste Täuschungsabsicht vehement bestreitet. Der andere – Dietmar Bartsch – hat laut schreiend wie immer rechter als alle anderen und schimpft, als ob er es damit erreichen könnte, zu Guttenberg aus dem Ministeramt zu drängen. Hätte sich Trittin genauso ereifert, wenn sich Joschka fürs Steinewerfen rechtfertigen hätte müssen? Der war Außenminister und er war ein guter Außenminister, trotz seiner Fehler in einem ganz anderen Umfeld. Guttenberg hat seine Fehler deutlich eingestanden, hat die Uni Bayreuth um Rücknahme des Doktortitels gebeten und sich bei denen entschuldigt, die er durch sein Verhalten verletzt oder beschädigt hat. Diese lachhaften Tribunale in den Talkshows, die Rücktrittsforderungen und jetzt die stundenlange Heißluftproduktion im Bundestag überlagern all die Nachrichten, die zumindest mir wesentlich wichtiger erscheinen. Seit Tagen kein anderes Thema, seit Tagen das gleiche Palavern, die üblichen Empörten und volle Reihen im Bundestag, wie man sie sich auch bei anderen Sitzungen wünschen würde. Ein wirklich wichtiges Thema im politischen Weltgeschehen. Morgen ist eine Aktuelle Stunde zu den Unruhen in Libyen, da sind dann wahrscheinlich viele schon auf dem Weg in ihre Wahlkreise. Ihm bewusste, vorsätzliche Täuschung zu unterstellen, ist kühn, als miserabler Wissenschaftler, der die Grundsätze wissenschaftlichen Arbeitens nicht beachtet hat, trägt er die Folgen bereits, wenn er seinen Titel tatsächlich verliert und sich sieben Jahre, wenn auch nicht kontinuierliche Arbeit ans Bein schmieren kann. Es wird immer stärker der Eindruck erweckt, als säße zu Guttenberg nur wegen seiner Promotion im Bundeskabinett und müsste diesen Job verlieren, wenn er den Titel zu Unrecht verliehen bekommen hat.

Im Übrigen benehmen sich die Parlamentarier wieder einmal wie die letzten Saubauern und schreien ständig anderen ins Wort, verbieten sich aber ihrerseits Zwischenrufe und Gelächter. Das sind tolle Volksvertreter, die sich bei diesem Thema derart aufgeilen. Vielleicht gibt es bald wieder wichtige Themen, mit denen sich die Bundestagsabgeordneten beschäftigen.