In der Kafka-Vorlesung, der ich in einer guten Stunde beiwohnen werden, geht es heute um die Erzählung In der Strafkolonie – ein Grund, diese kurze Erzählung von knapp 30 Seiten mal zu lesen, um eben zu wissen, von was Prof. C. heute spricht: Also habe ich mich vorbereitet und die Erzählung gelesen – nur: ich habe sie so recht nicht verstanden. Aber wahrscheinlich ist genau das der Grund, warum ich da gleich hinfahren sollte.
Ein Reisender, der sich im Strafprozesswesen gut auskennt, kommt in eine Strafkolonie, wo er eingeladen wird, bei einer Exekution zuzuschauen. Jetzt wird aber der Verurteilte nicht einfach an die Wand gestellt und erschossen, sondern er wird bäuchlings in eine Maschine gespannt. auf der ihm von scharfen Messern seine Vergehen solange in die Haut „geschrieben“ werden, bis er schließlich in die Grube geworfen wird. Geknebelt wird er mit einem Filz, den schon all die anderen Verurteilten bei ihrem Sterben im Mund hatten. Die Qualen werden ziemlich detailliert beschrieben, der Reisende ist nicht begeistert und auch der neue Kommandant hält nicht viel von dieser Tötungsmaschine, die sein Vorgänger konstruiert hatte. Plötzlich wird dann der Verurteilte freigelassen und der Offizier lässt sich selbst in die Maschine spannen; nur ist die Maschine defekt, der Offizier kommt auf recht grausame Weise ums Leben und der Reisende verlässt die Strafkolonie. Franz Kafka eben – maßlos überschätzt! Wer stirbt schon an meinem Geburtstag (-54 Jahre)?
Im Weinberg macht das Lesen aber richtig Spaß und zum Glück hatte ich auch noch Das Parfum dabei, einen wirklich guten Roman von Patrick Süskind.
kann man Kafka überhaupt ‚verstehen‘? Der war doch immer drauf und hat phantasiert, oder!? 🙂
Es gibt tatsächlich Leute, die Kafka verstehen. Die geben dann eine kommentierte Gesamt-Ausgabe seines Werkes heraus, das heißt dann „historisch-kritisch“. Ich habe mit dem auch meine Probleme, obwohl ich Germanistik studiere.
genau diese so oft als kafkaesken Situationen machen das Werk ja so interessant; wobei ich sagen muss, dass Hägar manchmal auch was feines ist; aber doch bitte mit dem tollen ROMAN von Süsskind (demnächst wohl auch im Kino) vergleichen..
Ich freu mich auf die Verfilmung, bin jedoch – nachdem ich einige Trailer gesehen habe – der Meinung, dass Grenouille fehlbesetzt ist. Zumindest habe ich mir diesen Typen völlig anders vorgestellt.
nicht vergleichen meinte ich natürlich…
Die plötzliche Wendung, der neue Kommandant lässt den Verurteilten frei und legt sich selbst auf das Folterbett, lässt sich rational nicht erklären und ist typisch für Kafka. So die Erklärung der Neuen Deutschen Literaturwissenschaft in einem knappen Sat. Es ist schon höchst faszinierend, was Schriftgut zu etwas Besonderem werden lässt. Ein Faible für grausame Darstellungen aber hat Kafka schon und wer von den Details aus \“In der Strafkolonie\“ noch nicht genug hat, dem sei eine der literarischen Vorlagen Kafka, Der Garten der Qualen von Octave Mirbeau empfohlen. Da geht es noch mehr zur Sache.