Immer diese bösen Zuschauer

Immer diese bösen Fußballfans, dieser Pöbel auf den Rängen. Was erlauben die sich?! Pfeifen die einfach, wenn Deutschland gegen eine weitere Fußball-Macht nur Magerkost abliefert und den Eindruck vermittelt, als wollte sie nicht unbedingt gewinnen.

Solange die deutsche Nationalmannschaft getragen von der WM-Begeisterung ihre Spiele gewann, durften alle ihren Gefühlen Ausdruck verleihen, die Fans haben gejubelt und zwischen all dem Frieden, der Freude und den Pfannkuchen wurden Schwächen gar nicht erst wahrgenommen, die heile Fußball-Welt mit Superstimmung war perfekt und selbst Unsympathen wie der Herr Lehmann wurden kurzzeitig zu Helden, nicht mal ich habe mehr an dem Zusatzbildchen in meinem Panini-Album gezweifelt.

Aber wehe, die Fans sind nicht zufrieden mit dem, was die Herren in den neuen Nationaltrikots abliefern. Seitdem mit dem mageren 0-0 gegen Irland die Qualifikation für die EM in trockenen Tüchern ist, war da, was wir von Löws Philosophen gesehen, nicht selten eine Zumutung. Gegen Wales ein dürftiges 0-0. Fertig. Und dann pfeifen diese bösen Zuschauer, wenn nach dem Spiel ein Transparent von den Spielern getragen wird, mit dem sie sich bedanken wollen. Wie gemein! Erst scheiße spielen und dann bejubeln lassen. So einfach stellt man echte Fans nicht zufrieden. Länderspielkarten sind rar und nicht gerade billig, da hilft auch nicht ein 4-0 gegen einen zweitklassigen Gegner wie Zypern, gerade dann nicht, wenn man zuvor sang- und klanglos gegen die zweite Garnitur der Tschechen mit 0-3 verloren hat, auf eigenem Platz wohlgemerkt.

Da stänkert dann unser Pudel gleich wieder, der Deutsche wolle generell was zu meckern haben, auch Herr Metzelder hat überhaupt kein Verständnis dafür und Herr Bierhoff, der Mann mit den maltesischen Füßen, fand die Reaktion etwas zu heftig.

Der Idealfan sieht für viele anscheinend so aus: Er klatscht, jubelt, singt und sorgt für tolle Stimmung, er kauft fleißig Fanartikel vom Babystrampler bis zum Bleistift, isst und trinkt für knapp 30€ und verfällt in Exstase, wann immer er ein Mitglied des Teams ist und sei es nur der Physiotherapeut. Spielt die Mannschaft scheiße, klatscht er trotzdem, immerhin sind die Jungs ja nur für ihn 90 Minuten auf dem Platz herumgerannt, trotz Kälte und Regen. Alles andere empört die Herren Fußballer sehr schnell und sorgt bei ihnen für völliges Unverständnis. Wenigstens hatte Philipp Lahm die Eier zu sagen, dass die Pfiffe berechtigt waren.

Immer nur Puschipuschi und Liebhaben ist nicht. Zumindest nicht für die, die ins Stadion kommen, weil sie Fußball sehen wollen. Dürfen sich Fans etwa nur dann bemerkbar machen, wenn sie zufrieden sind? Das sind ein paar Mimosen.

Ein bisschen merkwürdig sind die Ergebnisse von gestern ja schon. Holland verliert gegen Weißrussland und wäre bei einem deutschen Sieg nicht im berüchtigten Lostopf 1 gewesen. Die kennen dann das Ergebnis – natürlich kannten sie es nicht, was für eine Unverschämtheit, was anderes zu äußern – und spielen Unentschieden. Mit diesem Ergebnis landen sie nämlich trotzdem nicht im ersten Lostopf, wo eine Todesgruppe recht wahrscheinlich ist.

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Kategorisiert in Fußball

Von Alex

Einst habe ich an der Universität in Würzburg studiert, jetzt bin ich Lehrer. Mein Lieblingszitat stammt aus dem grandiosen österreichischen Film Poppitz: „Dänkn däaf mass, soogn liaba neet“ – schließlich sind zumindest die Gedanken frei – wer es nicht verstanden hat: „Denken darf man es, sagen besser nicht“