Keine Prüfungen nach Deutschland-Spielen?

Ist es nicht eine tolle Forderung der GEW Baden-Württemberg, die in dieser Woche von der GEW Bayern unterstützt und vom bayerischen Kultusminister aufgegriffen wurde? Lehrer sollten bei der Planung von Klassenarbeiten und Hausaufgaben auf den EM-Spielplan Rücksicht nehmen, am Tag nach Deutschland-Spielen auf Prüfungen verzichten, wie auf Bayern 3 mehrmals wiederholt wurde. Dafür solle die EM im Unterricht thematisiert werden. Zumindest der letzten Forderung komme ich gerne nach, nicht erst seit gestern.

Die Schulaufgabenpläne stehen seit Monaten für das zweite Halbjahr, jetzt soll in den letzten Wochen, wo noch Noten gemacht werden können, alles über den Haufen geschmissen werden, da mit müden und abgelenkten Schülern zu rechnen sei? Sollen Schüler in der Schule nicht auch aufs Leben vorbereitet werden? Dort bekommt man nämlich normalerweise nicht frei, nur weil Weltmeisterschaften, Europameisterschaften oder Olympische Spiele stattfinden. Vor zwei Jahren hatten wir die WM im eigenen Land und es stellte niemand eine so absurde Forderung. Um 18.00 Uhr findet jeweils das erste Spiel statt, um 20.45 Uhr das zweite Spiel. Bei den Gruppenspielen ist kurz nach halb elf spätestens Schluss, wer danach noch meint, die Nacht durchfeiern zu müssen, muss eben lernen, dass neben dem Spaß auch die Pflichten rufen. Generationen von Schülern hatten damit bisher kein Problem und ich habe während Schule und Studium sehr viel Fußball geschaut, 1990 habe ich von 52 Spielen mehr als 45 angeschaut. So aufgeregt kann man gar nicht Fußball schauen, dass man am folgenden Tag um 8.00 Uhr unfähig ist, in der Schule etwas Vernünftiges zu leisten, auch wenn bei Männern das Herzinfarkt-Risiko bei Fußballspielen angeblich deutlich ansteigt. Bei Schülern sollte zumindest das ausgeschlossen werden können.

Selbst wenn es Verlängerung und Elfmeterschießen gibt, ist um halb zwölf Schluss. Man muss doch Schülern nicht so einfach ein Alibi liefern, sich zurückzulehnen und müde zu sein. Lehrer schauen auch begeistert Fußball, Millionen andere Arbeitnehmer auch, wieso muss man jetzt so einen Schmarrn verbreiten, der sich natürlich wie ein Lauffeuer verbreitet? Und wieso unterstützt der Kultusminister solch einen Vorstoß? Der Blick für die Praxis scheint hier völlig zu fehlen.

Ich werde Fußball schauen und meine Arbeit nicht weniger sorgfältig machen!

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Von Alex

Einst habe ich an der Universität in Würzburg studiert, jetzt bin ich Lehrer. Mein Lieblingszitat stammt aus dem grandiosen österreichischen Film Poppitz: „Dänkn däaf mass, soogn liaba neet“ – schließlich sind zumindest die Gedanken frei – wer es nicht verstanden hat: „Denken darf man es, sagen besser nicht“

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