Mit iPad oder iPhone durch den Würzburger Dom

Wer ein iPhone,  ein iPad oder einen iPod touch hat, kann sich in Würzburg ab sofort den Kiliansdom, die Marienkapelle und das Neumünster von einem Kunstführer erklären lassen. Das konnte man bisher auch, allerdings war das an eine Führung und an feste Zeiten gebunden, jetzt geht das mit einer App, emm Brogrämmli, wann immer man will. Man sollte es allerdings nicht gerade während der Gottesdienste machen und aus Rücksicht auf andere Kirchenbesucher den von Apple nicht ohne Grund mitgelieferten Kopfhörer benutzen. Darauf weist auch des Brogrämmli nochmal ausdrücklich hin.

Artguide stellt die kostenlose App über iTunes zur Verfügung, für die Führungen muss man aber dann die Daten zu den Sehenswürdigkeiten laden, die jeweils 3,99€ kosten. Bei der Domführung bekommt man aber auch was für sein Geld, die beiden anderen Würzburger Kirchenführer habe ich mir (noch) nicht gekauft. Neben der Audio-Führung enthält das Datenpaket ein eBook mit Informationen zur Geschichte des Doms, zum Bau, zum Sakralraum und anderen Bereichen des Doms wie den Bischofsgräbern, alles, was man auch in der gedruckten Ausgabe findet. Ein interaktiver Grundriss rundet das ganze Angebot ab.

Heute habe ich die App einem Praxistest im Dom unterzogen. Die Einführung und die Baugeschichte habe ich mir noch am Paradeplatz angehört, ich muss zugeben, selbst als Würzburger habe ich den Dom von dieser Seite noch nicht so lange angeschaut, so manche Kleinigkeit fällt mit entsprechender Erklärung erst richtig auf, so auch die direkte Sichtlinie von der Residenz zur Schönbornkapelle, der Grabesstätte der Schönborns, die das Memento Mori! des Barock sehr schön sichtbar werden lässt.

Der Außenrundgang ist etwas sprunghaft, da einerseits die Außenportale, andererseits die einzelnen Teile des Doms beschrieben werden und nicht ganz klar wird, wo man sich diesen Abschnitt am besten anhört.

Der eigentliche Rundgang startet dann am Hauptportal im Mittelschiff und erklärt nacheinander und gut nachvollziehbar die Grabplatten der Fürstbischöfe, die Domorgel und das Lichtspiel, das den Besucher vom dunklen Eingangsbereich bis zum hell erleuchteten Chorraum begleitet. Anschließend widmet sich der iPad-Domführer der Kanzel, dem Altar und dem Chorraum mit den 39 Heiligenfiguren verschiedener Künstler. Das barocke Querhaus lässt dann erahnen, wie prächtig der Dom vor der Zerstörung 1945 ausgesehen haben muss, ehe der Rundgang in den beiden Seitenschiffen und der Taufkapelle weitergeht. Die Schönbornkapelle wird nur kurz erklärt, da diese nur im Rahmen einer Domführung zu besichtigen ist. Sonst ist diese nur am Mittwoch in der Karwoche bei der Weihe der Chrisam-Öle frei zugänglich.

Der iPad-Rundgang endet in der Sepultur unter dem Altarraum, hier fällt die Orientierung mithilfe des Audio-Führers eher schwer.

Ein paar Verbesserungsvorschläge habe ich allerdings: Nachdem dafür geworben wird, dass man mit dem iPad die Führung machen könnte, sollte die App auch für das iPad optimiert werden. Als iPhone-App muss man diese nämlich auf iPad-Größe strecken, worunter die Auflösung massiv leidet. Daran sollte bei einem kommenden Update noch gearbeitet werden. Am meisten gestört haben mich allerdings die schnellen Richtungswechsel und die Sprünge, die einem normalen Domrundgangtempo nicht entsprechen. Gerade in den Seitenschiffen und im Querhaus waren diese Sprünge auffällig, die Richtungsangaben mit Himmelsrichtungen waren zusätzlich wenig hilfreich, da ich vorher nicht den Grundriss auswendig gelernt habe.

Ansonsten finde ich das Angebot wirklich toll, zumal die Datenmenge auch unterwegs schnell (insgesamt knapp 16MB) geladen werden könnte. Eine normale Domführung ersetzt die iPad-Führung nicht, da man ja die Schönbornkapelle nur durch die Oegg-Metalltore sehen kann und eine echte Führung immer besser ist, eine Alternative zum gedruckten Exemplar vom Schriftenstand (2,50€) ist die App aber auf jeden Fall.

Von Alex

Einst habe ich an der Universität in Würzburg studiert, jetzt bin ich Lehrer. Mein Lieblingszitat stammt aus dem grandiosen österreichischen Film Poppitz: „Dänkn däaf mass, soogn liaba neet“ – schließlich sind zumindest die Gedanken frei – wer es nicht verstanden hat: „Denken darf man es, sagen besser nicht“