Nichts Neues an der Supermarktkasse

Wieso passiert das immer mir? Oder geht es etwa allen so? Grundsätzlich ist es die falsche Kasse, für die ich mich entscheide. Beim real habe ich mich trotz meiner vier Artikel nicht in die Schlange an der Schnellkasse eingereiht, weil erfahrungsgemäß dort a) immer mindestens ein Rentner dabei ist, der das große „Schnellkasse“-Schild übersehen hat, dann aber aus lauter Mitleid, Nächstenliebe und Großherzigkeit seinen Großeinkauf dennoch dort bezahlen darf und b) an der Schnellkasse grundsätzlich die langsamste Kassiererin von allen eingesetzt wird, weil man ihr zutraut, immerhin bis sechs zählen zu können. Die lange Warteschlange hat mich also dazu bewogen, mein Glück an einer anderen Kasse zu probieren, ich habe also die vermeintlich kürzeste der Schlangen ausgewählt, um mich dort anzustellen.

Das frisch gegrillte Hähnchen von dem Ami vor mir, dessen Frau ihm vorher an der Kühltheke beherzt an den Arsch gepackt hat, hätte ich ja ertragen, wenn er selbst nicht ganz entsetzlich nach allen möglichen Körperausdünstungen und seine Kleidung nicht ganz fies nach einer Mischung aus kaltem Rauch und Essensmief gestunken hätte. Für einen Schlangenwechsel war es eigentlich schon zu spät, denn die anderen kurzen Schlangen waren jetzt auch nicht mehr kurz, im Gegenteil.

Als hätte der Zupfer nicht gereicht, habe ich dann festgestellt, dass die Dame vor ihm einen Hamsterkauf tätigt und das gesamte Fertigessen-Sortiment in ihrem Wagen aufgeschichtet hatte. Das wollte alles erstmal auf das Förderband gelegt werden, der Herr vor ihr musste aber erst noch bezahlen. Mit Karte. Und das hat er offensichtlich das erste Mal in seinem Leben getan. Ich durfte zuschauen. Ob er eine Payback-Karte hätte. Hatte er nicht, kannte er auch nicht, er wollte aber wissen, was er damit sparen könne. Wirklich beeindruckend. Ob er Treuepunkte sammele. Natürlich wollte er auch über deren Vorteile Bescheid wissen und entschied sich dann dafür, bald mit wertvollen Rosenthal-Präsenten für seine Treue belohnt zu werden, wenn er schon keine Payback-Geschenke bekäme. Bezahlt hatte er noch immer nicht, der Ami stank, das Hähnchen duftete und mir begann nun alles zu stinken. So sehr, dass ich am liebsten jetzt noch gewechselt hätte. Die Schlange an der Schnellkasse war noch länger, aber der Herr, der sich gleichzeitig mit ihr angestellt hatte, war just in diesem Moment fertig, kein Rentner weit und breit in Sicht außer dem zwei Kunden vor mir und die schnellste Verkäuferin saß an der Schnellkasse, die langsamste an meiner. Herzlichen Glückwunsch.

Der Rukola-Salat der Dame nach dem langsamen Herrn mit EC-Problemen wollte sich nicht einscannen lassen, der Ami brauchte einen Extra-Bon für seine Fubu-Basketballschuhe mit Camouflage-Muster, dann musste die Kassiererin die Ami-Frau noch umständlich fragen, ob sie Payback– und/oder Treue-Punkte sammelt. Weder noch, hätte ich ihr auch sagen können, die Antwort von Frau Zupfer ließ aber länger auf sich warten. Ich hatte es doch nur eilig. Dann durfte ich endlich bezahlen. Die Payback-Karte habe ich ihr unaufgefordert hingestreckt – Nein, Treuepunkte sammle ich nicht und will ich auch nicht sammeln -, mein Autogramm auf ihren Zettel gesetzt und anschließend großzügig auf mein Mittagessen verzichtet, weil ich zurück in die Schule musste.

Die Würzburger Bratwürste, die ich mir mitgenommen habe, sind hoffentlich noch genießbar, zumindest ich bin in der Schlange beinahe versauert.

Veröffentlicht am
Kategorisiert in Alltag

Von Alex

Einst habe ich an der Universität in Würzburg studiert, jetzt bin ich Lehrer. Mein Lieblingszitat stammt aus dem grandiosen österreichischen Film Poppitz: „Dänkn däaf mass, soogn liaba neet“ – schließlich sind zumindest die Gedanken frei – wer es nicht verstanden hat: „Denken darf man es, sagen besser nicht“

Ein Kommentar

Kommentare sind geschlossen.