Olfaktorischer Großangriff

Was waren das vorhin für fiese Gerüche Gestänke, die mich in Bus und Bahn erreicht haben! Im Bus saß neben mir ein älterer Herr, der eine Milka-Vollmilchschokolade verputzt hat. Also habe ich abwechselnd das Aroma von zerkauter und aufgestoßener Schokolade in der Nase gehabt, vermischt mit dem uralten kalten Zigarettenrauch aus der Jacke meines Nachbarn. Unmittelbar vor mir saß der Kräuterfreund, der wie immer nach Rauch und Schnaps stank, dessen Gschmäckle wiederum vermischte sich mit dem unangenehmen Kokos-Parfüm der Dame, die neben dem Kräuterfreund gesessen war. Eine feine Mischung. Olfaktorische Differenzierung habe ich die Übung genannt, die einzelnen Gerüche zu analysieren. In der Straßenbahn ging es anschließend gleich weiter, an der Haltestelle hatte ich vorher nur kurz Zeit, mein zartes Riechorgan zu revitalisieren: Die Dame neben mir hatte eine fürchterlich fiese Mischung aus kaltem Rauch, Essensfett und Erbrochenem an sich; zumindest meine ich, diese einzelnen Noten herausgefunden zu haben. Ich habe ein bisschen was von Jean-Baptiste Grenouille, natürlich nur, was die Wahrnehmung betrifft.

Von Alex

Einst habe ich an der Universität in Würzburg studiert, jetzt bin ich Lehrer. Mein Lieblingszitat stammt aus dem grandiosen österreichischen Film Poppitz: „Dänkn däaf mass, soogn liaba neet“ – schließlich sind zumindest die Gedanken frei – wer es nicht verstanden hat: „Denken darf man es, sagen besser nicht“

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