Rocky Balboa

Heute früh habe ich mir angeschaut, was ich leider im Frühjahr 2007 im Kino verpasst habe, was ich mir jetzt auch noch mehr vorwerfe. Statt Herzschmerz-Schnulz, der auch schön war, hätte ich mir mitten im Examen mal lieber was fürs Filmnostalgiker-Herz anschauen sollen. Jetzt ist es zu spät und ich konnte Rocky Balboas Comeback nur noch auf dem Bildschirm bestaunen. Ich muss aber zugeben, dass ich dem Braten nicht getraut habe, der alte Rocky gegen einen jungen Powerboxer? Den fünften Teil der Saga habe ich verdrängt, den gibt es in meiner Filmwelt nicht, ebenso wie Star Wars – Episode I und Indiana Jones und der blöde Kristallwichser. Dementsprechend skeptisch bin ich an den Film heran, nach dem großartigen John Rambo habe ich jetzt natürlich ähnlich Großes erwartet und ich wurde nicht enttäuscht:

Sylvester Stallone ist ein großartiger, dramatischer und auch melancholischer Film gelungen, der aber wahrscheinlich nur Fans der alten Rocky-Filme begeistern kann, da er mit einem Bein immer in der Vergangenheit hängt, dann aber wieder große Momente hat, wenn der sichtlich gealterte Rocky mit alten Weggefährten den Schritt aus der Gegenwart in die Zukunft wagt.
Rocky Balboas Frau Adrian ist tot, er betreibt in Philadelphia ein Restaurant mit ihrem Namen und genießt in seinem zurückgezogenen Leben dennoch, wenn ihn die Leute auf der Straße erkennen und ihn noch immer feiern, im Restaurant erzählt er den Gästen von früher. Sylvester Stallone verkörpert Rocky, als hätte es die letzten 20 Jahre nicht gegeben. Er ist Rocky, so wie er Rambo ist. Zwei Alter-Egos, die mein Film-Herz höher schlagen lassen, weil ich diese zwei Figuren geliebt habe und immer noch liebe. Rockys Sohn leidet unter dem bekannten Vater, Paulie verdingt sich weiter in der Fleischfabrik und Rockys Trainer Duke ist noch immer in seinem alten Gym.

Mason Dixon ist der neue Star am Boxhimmel, dennoch beim Publikum nicht gern gesehen, weil er seine Gegner – meist Fallobst – reihenweise nach wenigen Sekunden auf die Bretter schickt. Das ruft ESPN auf den Plan und in virtuellen Computerkämpfen lassen sie ehemalige gegen aktuelle Boxer antreten, Rocky gewinnt das Duell gegen Dixon und wird gefeiert. Rocky kommt ins Grübeln, möchte wieder machen, was ihm wirklich Spaß macht und beantragt eine Boxlizenz. Dann melden sich die Manager von Dixon, die in einem Showkampf das Geschäft wittern…

Der Film liefert für Fans Gänsehaut-Momente. Wenn sich Paulie und Rocky kabbeln, wenn Rocky am Grab seiner Frau sitzt, Rockys schwierige Beziehung zu seinem Sohn und überhaupt, all die bekannten Gesichter, die wie Rocky alt geworden sind und dem Film so die beeindrucke Authentizität liefern. Duke, inzwischen auch Ex-Trainer von Dixon, die Erinnerungen an früher, die man förmlich mitdenken kann. Spätestens Bill Contis Gonna Fly Now muss jedem Rocky-Fan die Freudentränen in die Augen treiben, wenn Rocky dazu im grauen Trainingsanzug durch Philadelphia läuft und an den Treppen vor dem Museum of Art ankommt, möchte man am liebsten mitmachen. So ging es zumindest mir. Der großartig inszenierte Kampf bietet dann gewohntes Rocky-Boxen über die volle Distanz und ohne jede Deckung. Toll. Ein Super-Comeback für Sylvester Stallone in seiner Paraderolle, ein würdiger Abschluss der Reihe.

Von Alex

Einst habe ich an der Universität in Würzburg studiert, jetzt bin ich Lehrer. Mein Lieblingszitat stammt aus dem grandiosen österreichischen Film Poppitz: „Dänkn däaf mass, soogn liaba neet“ – schließlich sind zumindest die Gedanken frei – wer es nicht verstanden hat: „Denken darf man es, sagen besser nicht“

3 Kommentare

  1. Als riesiger Rocky-Fan kann ich da nur zustimmen. Rocky Balboa ist einfach grandios. Ich saß damals in Pretoria im Kino und hab fast geheult.
    Wahnsinn, wie man einer solchen Zeit noch so einen Film machen kann. Ich hatte wirklich auch Angst, es wird son Mist wie Teil vier oder fünf.

  2. Teil IV fand ich aber geil. Wie man den Kalten Krieg so plakativ in einem Box-Film untergebracht hat. Das war so überspitzt, dass es schon wieder gut war.

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