Rückblick

Mehr als vier Wochen bin ich schon wieder in der Heimat und  in der Zeit wurde ich immer wieder nach einem Gesamturteil über meine Reise gefragt und ob ich das nochmal machen würde. Ich habe mir sowieso schon länger vorgenommen, die positiven und negativen Seiten gegenüber zu stellen, die ich auch dem Veranstalter mitteilen werde.

Die Kritikpunkte betreffen in erster Linie die Schule, die Partnerorganisation von TravelWorks. Etwas unflexibel habe ich es z.B. empfunden, als ich am Ende der Woche bei der Gastfamilie gefragt habe, ob ich nicht weiterhin dort wohnen könnte. Auf die Idee wäre ich selbst gar nicht gekommen, wenn mir das die Gastmutter nicht angeboten hätte. Es hing wohl wiedermal am Geld, das die Schule der Familie hätte zahlen müssen. Die Übernachtung in der Schule ist auch nicht gerade billig und hatte schon im Voraus dafür gezahlt. Bei – wie ich hörte – 21 $ am Tag (unter peruanischen Verhältnissen) hätte ich in einem einfachen Hostal bestimmt besser gelebt. Für diesen Betrag war ich in einem kleinen Doppelzimmer untergebracht und erhielt Frühstück und Mittagessen. Mein Zimmer lag leider direkt an der Terrasse, wo sich alle versammelten. Besonders schön war es, wenn man morgens – oder egal zu welcher Tageszeit – aus dem Zimmer kam und von allen angestiert wurde. Auch wenn man positiv anmerken könnte, dass jeden Samstag das Bett frisch „bezogen“ wurde, war es dann trotzdem nicht besonders frisch. Von Beziehen kann man auch nicht gerade sprechen, weil es in Peru keine Überzüge wie bei uns gibt. Stattdessen befindet sich zwischen dem Schlafenden und der zentnerschweren Alpakadecke, die nicht gewechselt wird, lediglich ein einfaches Betttuch, das morgens auch des öfteren verschoben war. Jene Betttücher wurden auch nur durch ein Wasserbad gereinigt nass gemacht. Die sanitäre Einrichtung war auch nicht gerade im grünen Bereich. Auf Anfrage sagte man mir zwar, dass die Toiletten/Duschen täglich gereinigt werden würden, ich bin mir aber sehr sicher, dass das nicht immer so war, gerade weil ich durch mein Projekt immer einer der ersten auf den Beinen war. Ein häufiges Ärgernis waren die Duschen selbst. Am Wasserhahn war es ja eigentlich normal, dass nur kaltes Wasser herauskommt (besonders unangenehm beim Rasieren), aber bei den nächtlichen Temperaturen im Zimmer und im Freien wär es doch wirklich schön gewesen, wenn aus der Dusche regelmäßig warmes Wasser gekommen wäre. Nachts wurde das Warmwasser abgestellt – aus Umweltgründen – und so passierte es, dass früh entweder vergessen wurde, die Warmwasserzufuhr wieder anzukurbeln oder es blieb einfach so kalt.

Über manche Mitstudenten habe ich ja schon manchmal meine Meinung durchklingen lassen. Die Holländer waren eindeutig in der Mehrheit (die Gründerin der Schule ist Holländerin) und daher war es wirklich nervig, dass man in jeder Ecke die holländische Sprache vernehmen musste. Die restlichen Unterhaltungen wurden auf Englisch geführt. Auch wenn in der ganzen Sprachschule Plakate mit dem Hinweis hängen, dass man hier Spanisch spricht, hat sich niemand daran gehalten. Somit musste ich mir immer andere Gelegenheiten suchen, wo ich mein ohnehin nicht so gutes Spanisch praktizieren konnte.

Was das Projekt im Kindergarten betrifft, bereue ich die Entscheidung keinesfalls, jedoch hatte ich immer den Eindruck, dass man dort nicht unbedingt auf Helfer angewiesen ist. Es glich eher einem Praktikum, in dem man die meiste Zeit zuschaut und gelegentlich den Erzieherinnen unter die Arme greift (das ist nicht wörtlich gemeint). Die Projekte profitieren hauptsächlich von den Geldern, die sie von den Projektvermittlern, wie hier die Sprachschule, erhalten.

Die Schule verfügt über ein eigenes Reisebüro, mit dem sie schon im Informationsschreiben nach der Buchung wirbt. Ich fand das zunächst gut, weil ich davon ausging, dass man dort zu speziellen, vergünstigten Preisen Touren buchen kann. Nach meiner ersten Tour war ich allerdings aufgeklärt, als ich mitbekam, dass ich innerhalb der Reisegruppe derjenige war, der so ziemlich den höchsten Preis gezahlt hatte. Von anderen in der Schule hörte ich dann noch, dass sie bei einer Agentur in Cusco einen Bruchteil meines scheinbar günstigen Preises löhnen durften. Von da an habe ich alles selbst in die Hand genommen und kam auch entsprechend billiger davon. Dass man somit die Unsicherheit der Fremden ausnutzt habe ich im Büro der Schule auch angefügt. Die Angestellte der Schule wollte es weitergeben; ob sich was ändert, werde ich wohl nie erfahren.
Den von der Schule angebotenen Wäscheservice habe ich erst gar nicht genutzt, als ich gehört habe, dass die gerne mal bescheißen und mehr Kilos berechnen, als man abgibt.

Mittwochs ist immer Filmabend in der Schule. Da sitzen alle Interessierten vor einer Leinwand auf der Terrasse und schauen sich bei niedrigen Temperaturen einen Spielfilm an. Normalerweise sollte der auf Spanisch sein, zumindest mit Untertiteln. Beim letzten dieser Abende, an dem ich beigewohnt habe, lief City of God – allerdings auf Portugiesisch mit englischen Untertiteln. Den Sinn in einer Spanisch-Sprachschule einen portugiesischen Film zu zeigen, kann ich bis heute nicht nachvollziehen.

Insgesamt habe ich den Eindruck, dass die Schule an der falschen Stelle spart. Anstatt Außenstellen zu betreiben, fände ich es sinnvoller, die sanitären Einrichtungen auf einen angemessenen Standard zu bringen. Bei den Räumlichkeiten ist jeder Winkel ausgenutzt, sodass die Klassenzimmer teilweise wirklich ungemütlich und ohne Fenster sind. Noch dazu ist das sog. Internet-Café mit vier PC, von denen auch oft mindestens einer einen Virus hatte, direkt neben einem Klassenzimmer, wo schon die kleinste Unterhaltung störend war.

Positiv sollte ich aber endlich mal sagen, dass ich über das Personal gar nichts Schlechtes sagen konnte. Mit meinen beiden Lehrkräften war ich sehr zufrieden und auch das Küchenpersonal war immer freundlich (zu mir zumindest), besonders hilfsbereit und aufmerksam waren sie, wenn ich krank war. Abgesehen vom Reis war das Essen auch nie zu knapp und in den meisten Fällen hat es ehrlich gut geschmeckt. Die Schule bietet genügend Freizeitmöglichkeiten an, man muss sie nur nutzen. Auch von der Organisation war alles bestens, von Programmbeginn in Lima, der Abholung am Flughafen bis zur Kontaktaufnahme mit dem Projekt hat alles bestens funktioniert. Eine Angestellte vom Büro ist auch mit mir zum Projekt gefahren und hat mir den Weg gezeigt, was jetzt nicht selbstverständlich für mich gewesen wäre.

Ich glaube nicht, dass ich in Cusco oder unter ähnlichen klimatischen Bedingungen ein halbes oder sogar ein ganzes Jahr verbringen möchte, weil man eben doch immer mit einer laufenen Nase, trockenen Lippen oder kranken Leuten zusammen ist. Dass ich mir keinen Parasit eingefangen habe, ist schon ein großes Glück. Jeden Tag zwischen Winter- und Sommerklamotten zu wechseln, bei jedem Essen vorsichtig sein zu müssen und stets auf Wasser aus der Flasche angewiesen zu sein, macht auf Dauer auch keinen Spaß.

Da man oft lesen kann, wie gefährlich es in Peru ist, kann ich für mich sagen, dass ich nie die Sorge hatte, in Gefahr sein zu können, außer vielleicht bei manchen Busfahrten; Busunglücke sind ja bei der Fahrweise dort leider nicht so selten (obwohl man dazu sagen muss, dass dort wesentlich mehr Bus gefahren wird als hier), wie ich erst gestern wieder lesen musste. Es wird ja auch geraten, nachts selbst bei kürzeren Strecken Taxis zu nehmen, was ich auch nie für nötig empfunden habe. In Lima ist das vielleicht eher angebracht, aber für Cusco – besonders im Zentrum – unnötig.

Als Fazit kann ich sicher sagen, dass ich die Reise auf keinen Fall bereue und froh über alle Erfahrungen bin, die ich in der Zeit gemacht habe. Gerade wenn man mal länger unter diesen für uns sehr einfachen Bedingungen leben muss, weiß man erst richtig zu schätzen, was man in der Heimat alles hat und dort als selbstverständlich empfindet. So kann ich jedem, der mal für ein paar Wochen ins Ausland gehen möchte oder keine Zeit für ein normales Freiwilligenprojekt hat (die dauern nämlich meistens mindestens neun oder zwölf Monate), diese Kombination empfehlen. Ändern würde ich beim nächsten Mal wahrscheinlich den Gruppen- zum Einzelunterricht und das Geld für die Freiwilligenarbeit auch; also beim zweiten Mal, denn einmal ist die Erfahrung wirklich wertvoll. Ob man statt in dem Studentenwohnheim in einem Hostal besser und günstiger lebt, müsste man vergleichen; schlechter bestimmt nicht. Sprachkurs würde ich wieder ein, zwei Wochen machen, aber mehr Zeit zum Reisen einplanen. Wichtig ist nur, stets die Preise zu vergleichen.

4 Kommentare

  1. Cool, die Aumata-Sprachschule sieht ja heute noch so aus wie vor fünf Jahren. Danke für deinen Bericht!

  2. Klar – mit L zusammen habe ich 2005 dort einen Spanisch-Kurs gemacht. Wenn ich daran denke, wie wir in den ersten Tagen immer aus der Puste waren, als wir den Berg hoch zur Sprachschule gestiegen sind.

  3. Wusste nur, dass ihr so ziemlich das gleiche wie ich gemacht habt. Der Berg zur Schule ist wirklich fies, und dann kommen ja noch die Stufen.

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