Sapere aude!

Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Mutes liegt, sich seiner ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Sapere aude! Habe Mut dich deines eigenen Verstandes zu bedienen! ist also der Wahlspruch der Aufklärung. (Immanuel Kant, Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung?)

In solch schlimmen Konflikten wie im Nahen Osten denke ich mir immer wieder, auf welch fruchtbaren Boden Immanuel Kant heute dort stoßen könnte, würden sich die Einwohner von Palästina, Gaza, Iran, Syrien, Afghanistan, Pakistan etc. ihres eigenen Verstandes bedienen und nicht von fanatischen Predigern erzählen lassen, was gut und schlecht ist und dass Israel und die USA gehasst und vernichtet werden müssen. Ein Einsehen, dass Terroranschläge und Hasstiraden gegen Israel nicht die adäquate Antwort auf die von der Hamas selbst provozierten Luftangriffe sind, wäre ein so ungeheurer Fortschritt, der den radikalen Fundamentalisten die Unterstützung entziehen würde, die ihre Abschussbasen mitten in Wohngebiete setzen und die zivilen Opfer von Gegenangriffen für Propagandazwecke missbrauchen. Die Hamas hat die Waffenruhe gebrochen, Israel hat lange gewartet und dann geantwortet, wenn auch nicht mit „selbst gebastelten“ Raketen. Das klingt ein bisschen drollig, aber Flugkörper, die mehr als 15 Kilometer zurücklegen können und Menschen töten, fallen nicht mehr unter die Kategorie selbst gebastelter Kracher. So dreht sich die Gewaltspirale unaufhörlich immer schneller, der Hamas-Chef ruft zu einer dritten Intifada mit Selbstmordattentaten auf. Ein Teufelskreis, in den man hineinschreien will: Hört auf, ihr Idioten! Was soll das bringen?

Die Schlagzeile Dauerhafter Frieden im Nahen Osten bleibt wohl eine unerreichbare Wunschvorstellung, solange wenige vorgeben können, was viele zu denken haben. Vielleicht wissen diese Menschen den Frieden deshalb so wenig zu schätzen, weil sie ihn noch nie erleben durften.

Von Alex

Einst habe ich an der Universität in Würzburg studiert, jetzt bin ich Lehrer. Mein Lieblingszitat stammt aus dem grandiosen österreichischen Film Poppitz: „Dänkn däaf mass, soogn liaba neet“ – schließlich sind zumindest die Gedanken frei – wer es nicht verstanden hat: „Denken darf man es, sagen besser nicht“

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