Uli Hoeneß als Lügner beschimpfen, und das auch noch öffentlich, während des Spiels in der Allianz-Arena. Kühn ist das schon, aber ebenso dumm und auch dreist. Dass es sich nicht um die „Bayern-Fans“ handelt, sondern nur um eine überschaubare Gruppe, die normalerweise hinter dem Tor in der Südkurve steht, scheint Reportern egal. Sie schreiben fleißig, dass die „Bayern-Fans“ sauer auf Uli Hoeneß und dessen Führung sind, und bieten denen auf diese Weise noch eine Bühne. Weil er den verhassten Giesingern zum wiederholten Male hilft, dass er wohl Manuel Neuer vom Schalke 04 holt und überhaupt, dass die Bayern dem schnöden Mammon frönen, die Allianz-Arena voller Erfolgsfans ist, deren Geld Uli will, und dass sie nicht alles ins Stadion bringen können, was sie gerne wollen. Auf ihrer Webseite setzen sie sich z.B. für für eine Legalisierung von Pyrotechnik im Stadion ein. Weitblick und Klugheit suche zumindest ich hier vergeblich, ich war mehrmals mitten im Rauch gestanden, als mein Platz noch in der Südkurve im Olympiastadion war. „Ihr mit eurer scheiß Stimmung“, Hoeneß’ Wutausbruch vor ein paar Jahren hat jeder sicher noch im Ohr. Es waren auch keine „Bayern-Fans“ , die am Rasthof Süd vor ein paar Jahren Glubberer verprügelt haben.
Wenn die Bayern 1860 nicht geholfen hätten, gäbe es den Verein nicht mehr. Zunächst ist mir das als Bayernfan auch erst mal egal, dennoch sollte man einen 150 Jahre alten Traditionsverein nicht vor die Hunde gehen lassen. Aus diesem Grund hat Hoeneß auch schon Sankt Pauli und Fortuna Düsseldorf geholfen, was mich viel mehr gestört hat. Für die Hardcore-Roten aus der Südkurve kein Argument, „Tod und Hass dem TSV“ steht über allem. Wenn ich mir dann einen Großteil der Burschen bei der Schickeria anschauen, sind die deutlich jünger als ich und haben die letzten Bundesliga-Derbys gegen die Giesinger Bauern wohl höchstens noch als Büblein in der Sportschau gesehen und reden jetzt halt, weil sie reden können. Die tollsten Spiele, wenn ich nur an die Verbalscharmützel zwischen Werner Lorant und Mario Basler denke. Und die Stimmung. Dass sie aber nicht begreifen wollen, dass auch ihr FCB finanziell leiden würde, wenn der TSV plötzlich weg vom Fenster wäre, leuchtet mir nicht ein. Oder sollen dann Unterhaching oder die Bayern-Amateure, die ein wahrer echter und überzeugter Bayern-Fan eh viel lieber unterstützt, in die Arena einziehen und die fehlenden Mieteinnahmen von 1860 übernehmen?
Manuel Neuer ist als Mitglied der „Buerschenschaft“ Hardcore-Schalker, so wie die Schickeria-Mitglieder Hardcore-Bayern sind, aber der Neuer ist halt auch Fußballprofi und will in seiner Karriere etwas erreichen. Das würde jeder Schickeria-Fan auch wollen, wäre er in Neuers Situation. Mit Schalke würde Neuer sicher am liebsten Meisterschaft und CL gewinnen, das wird er aber – ganz ohne Polemik – in 100 Jahren nicht erleben, daher wird er wechseln. Selbst wenn Thomas Kraft ein guter Torwart ist, Manuel Neuer ist überragend und sehr wahrscheinlich zu haben. Oliver Kahn hat uns – Wie alt waren viele der heutigen Protestführer vor zehn Jahren beim CL-Sieg? – 2001 die CL gewonnen, er war ein Fels in der Brandung, und da ist es doch nur verständlich, dass Hoeneß und Co. Neuer verpflichten wollen, um eine neue Ära mit einem ähnlichen Fels einzuleuten. Ein Experiment mit Michael Rensing ist gescheitert, Rensing war schon der Liebling der Schickeria, weil er eben ein Eigengewächs von den Amateuren ist. Das zählt nicht. An einen Schalker Ultra im Bayerntor muss man sich gewöhnen, klar, aber ein Ausschlusskriterium ist das nicht. Diese lächerliche Aktion mit der Eckfahne ist irgendwann auch vergessen, Neuer wird auch älter und reifer. Dortmunder wechseln zu Schalke und andersrum, Jens Jeremies kam von den Blauen zu uns und wurde bejubelt und auch im Ausland zählen alte Rivalitäten irgendwann nicht mehr, Figo hat erst bei Barca, dann beim Erzfeind Real gespielt.
Die „Koan Neuer“-Plakate waren kindisch, Neuer aber persönlich als „Schalker Schwein“ auf Spruchbändern zu beleidigen und in Sprechchören zu beschimpfen, ist primitiv und unterste Schublade. Ebenso die Aktionen gegen Uli Hoeneß. Was glauben diese Typen eigentlich, wem sie es zu verdanken haben, dass sie heute die Mannschaft bejubeln können, die spielt? Einerseits wollen sie Erfolge jubeln und am Marienplatz am liebsten jeden Pokal präsentiert bekommen, dann aber dürfen aus Borniertheit und Fanatismus bestimmte Spieler nicht kommen, die diese Erfolge ein bisschen realistischer erscheinen lassen. Auch Neuer wird sich früher oder später mit dem Verein identifizieren oder er kommt gar nicht erst, weil er ein konsequenter Schalker Ultra ist. Wenn das so ist, brauchen diese Typen von der Schickeria gar nicht zu protestieren.