Stichtag verschoben

Toll, der Stichtag für den Import embryonaler Stammzellen ist auf den 01.Mai 2007 verschoben worden, bisher durften nur Stammzellen importiert werden, die vor dem 01.Januar 2002 im Ausland „produziert“ wurden.

Jetzt war der Bedarf der Forschung einmal der Grund für die Verschiebung des Stichtages, was verhindert eine solche Abstimmung beim nächsten Mal, wenn eben wieder Bedarf angemeldet wird? Was ist das für eine Auffassung, wenn Frau Schavan, Bildungs- und Forschungsministerin und katholische Theologin, die Entscheidung damit rechtfertigt, es werden nur Embryonen genutzt, die nicht mehr für eine Schwangerschaft gebraucht werden, die Voraussetzung zum Leben sei damit genommen? Bestimmt jetzt ein Weißkittel im Labor über Leben und Tod? Die Potenzialität der befruchteten Eizelle ist weiterhin gegeben, das sollte sie selbst auch wissen. Wieso der 01.Mai 2007, wieso nicht der 31.April oder der 01.August? Willkürlich wird ein Termin gesetzt, der jetzt eben ein paar Jahre gilt.

Eine merkwürdige Auffassung von menschlichem Leben, die zu viele haben, mehrheitlich 346 der 580 anwesenden Abgeordneten im Bundestag. Leben töten, um andere zu retten, bis zur nächsten Verschiebung. Interessant, wer in der Debatte alles meiner Meinung ist und wer nicht.

Von Alex

Einst habe ich an der Universität in Würzburg studiert, jetzt bin ich Lehrer. Mein Lieblingszitat stammt aus dem grandiosen österreichischen Film Poppitz: „Dänkn däaf mass, soogn liaba neet“ – schließlich sind zumindest die Gedanken frei – wer es nicht verstanden hat: „Denken darf man es, sagen besser nicht“

17 Kommentare

  1. Schwieriges Thema, das Du hier völlig zu Recht aufgreifst.

    Leider merke ich gerade, dass ich für eine angemessene Äußerung wohl mehrere Bildschirmseiten Redezeit bräuchte.
    (vor allem, weil ich mir über meine eigene Meinung nicht so richtig im klaren / im Klaren? <- erinnert mich an Schnaps… bin)

  2. Die Argumentation der Gegener der Stammzellenforschung ist als einseitig religiös motivierte Willensäußerung unbeachtlich:

    Inwiefern sollte es überhaupt ein Argument darstellen, dass wir selbst aus Stammzellen entstanden sind und dass sich Stammzellen im Mutterleib zu einem Menschen werden können? Der Grund der religiösen Vorstellung einer Seele ist bei einem hirnlosen Zellhaufen ist beim besten Willen nicht mehr akzeptabel.
    Niemand würde auf die Idee kommen, Samenzellen oder Eizellen unter den Schutz der Menschenwürde zu stellen. Nicht auf das Potential der Entwicklung kommt es an, sondern auf den Zustand des betrachteten Objekts. Menschliche Zellen unterliegen ansonsten überhaupt keinem Schutz, es sei denn, sie sind Bestandteil des lebenden menschlichen Körpers.
    Die rechtliche Gleichsetzung eines Zellhaufens mit einem ungeborenen Menschen mit Hirn und Nervensystem oder gar die Bezeichnung des Zellhaufens als Kind ist eine unerträgliche und willkürliche Verflachung der Argumentation und liegt jenseits jeden rationalen Arguments.

    Im Rahmen des Schutzes der Menschenwürde ist dem Bundesverfassungsgericht ein Freibrief erteilt worden, jede Form von Barbarei zu Lasten der Menschen und der Menschheit zu unterbinden. Auch die emotionale Erträglichkeit ist hierbei ein Argument: Bezüglich der Zellhaufen ist diese Empfindsamkeit allerdings aus religösen Gründen ins Extrem überspitzt und bei einem Vergleich etwa mit dem (fehlenden) Lebensschutz anderer ausgewachsener Wirbeltiere nicht nachvollziehbar. Eine zivilisationsgefährdende Barbarei zu behaupten, ist absurd. Einem Zellhaufen kommt daher keine Menschenwürde zu, der Begriff der Menschenwürde würde hierdurch geradezu der Belanglosigkeit preis gegeben werden.

    Wenn der Schutz der Zellhaufen geboten wäre und eine Forschung zu medizinischen Zwecken einerseits zu verbieten wäre, dann wäre es andererseits eine ethisch unerträgliche Vorgehensweise, später lebensrettende, lebensverlängernde, heilende oder gesundheitsfördernde Erkenntnisse aus der Stammzellenforschung zu verwenden. Man kann nicht einerseits an absolutes Dogma aufstellen, und dieses dann durch den Import der Erkenntnisse aus dem Ausland verwenden, die unter Verletzung eben dieses Dogmas gewonnen wurden: Eine solche Vorgehensweise wäre Heuchelei zu Lasten der heimischen Forschung und schlimmstenfalls zu Lasten der Menscheit ansich.

    Auch bei der Teilbarkeit der Stammzellenhaufen kommen die Gegner der Forschung auf kein logisches Ergebnis: Von einem erwachsenen Menschen kann man Zellen abschneiden und diese sterben lassen, von einem Stammzellenhaufen geht dies nicht, weil jede abgetrennte Zelle auf einmal als eigenständiges Lebewesen gilt. Zudem wird durch die bloße Entfernung der Zelle aus dem Mutterleib – in diesem Fall also eine sog. Abtreibung – nicht einmal ein Schaden zugefügt: Die Zellen können eingefroren und später wieder implantiert werden. Wer den Schutz dieser eingefrorenen Zellen will, sollte konsequenterweise auf die Suche nach Frauen gehen, die diese austragen können. Spontan fallen mir hierzu Nonnen ein..

  3. Das ist nicht nur eine religiöse Frage, sondern eine ethische und mit dieser befassen sich auch Menschen, die mit dem Glauben an Gott wenig bis gar nichts am Hut haben. Aus dem Zellhaufen, aus dem Sie sich entwickelt haben, wurde schließlich auch ein Mensch.

    Die Verschmelzung einer Eizelle und einer Samenzelle ist eben mal der Beginn des menschlichen Lebens, niemand fängt als Wesen mit Kopf, Händen und Füßen an, im Mutterleib zu wachsen. Mit dem Geschmarre von einer Seele versuchen Sie nur ziemlich oberflächlich, die Einwände als rein religiös motiviert abzukanzeln.

    Aus dem Zellhaufen kann sich menschliches Leben entwickeln, oder? Und kein Mensch hat das Recht, über dieses Potenzial zu bestimmen, wir schießen ja zum Glück auch kein Flugzeug mit 300 Personen ab, um meinetwegen 1000 zu retten. Ein Menschenleben ist nicht gegen ein anderes abwägbar, drum ist eine mehr als dümmliche Ansicht, dass Menschen über alles bestimmen können und der Zellhaufen nur irgendein Material ist, an dem geforscht werden kann, um irgendwann mal anderen Menschen bessere Heilungschancen zu bieten. Das Potenzial ist vorhanden, nutzen Sie am besten auch mal das Potenzial, das Ihr Hirn bietet (das auch mal aus einem Zellklumpen hervorgegangen ist) und beschäftigen Sie sich mit Ethik.

    So technisch von Menschenleben zu sprechen, ist nämlich äußerst dürftig. Sollte Ihr letzter Satz ein Witz gewesen sein, sollten Sie auch hier Nachhilfe nehmen.

  4. “Aus dem Zellhaufen kann sich menschliches Leben entwickeln, oder?”

    So wie sich aus jeder Samenzelle irgendwann menschliches Leben entwickeln kann. Oder aus jedem Genom, das irgendwann eine Samenzelle, das irgendwann menschliches Leben hervorbringt. Oder aus jedem Einzeller, aus jedem Urschlamm…

    Dieser Logik zufolge müssten wir jede Chance auf Sex nutzen, ansonsten ermorden wir das potenzielle Menschenleben, das aus unseren Samen- und Keimzellen sonst hervorgegangen wäre.

    “Und kein Mensch hat das Recht, über dieses Potenzial zu bestimmen”

    Wir haben die Pflicht über dieses “Potenzial” zu bestimmen.

    “wir schießen ja zum Glück auch kein Flugzeug mit 300 Personen ab, um meinetwegen 1000 zu retten”

    Und damit wären wir verantwortlich für den Tod von 1300 statt nur 300 Menschen. Was ist daran nochmal “ethisch”?

    “und beschäftigen Sie sich mit Ethik”

    Diese Empfehlung möchte ich gerne zurückgeben.

    “So technisch von Menschenleben zu sprechen”

    Sind 150 Zellen (so viele benötigt man in der Regel für Stammzellenforschung) bereits “Menschenleben”? In einem Fliegengehirn stecken übrigens 300 000 Zellen…

    So gesehen richtet Frau Merkel jedes Mal einen Holocaust an, wenn sie sich an der Nase kratzt und dabei sämtliche Hautzellen abtötet, die unter den richtigen Bedigungen ebenfalls ein “Menschenleben”-kreiierendes “Potenzial” besäßen.

  5. Soll das eine besondere Form von Humor sein? Kommt jetzt der Sprung zur Parthenogenese? O Herr wirf Hirn vom Himmel.

  6. Es wäre müßig zu diskutieren, wenn es keinen einzigen Schnittpunkt gibt. Wir könnten uns weiter unsere Argumente um die Ohren hauen, das wäre hier aber die falsche Plattform.

  7. „Bestimmt jetzt ein Weißkittel im Labor über Leben und Tod?“

    Jetzt? Das war schon immer so. Denn die bisherige Gesetzgebung fordert prakitsch eine Entsorgung überzähliger Embryonen.

    „Leben töten, um andere zu retten, bis zur nächsten Verschiebung.“

    Ich hoffe, Du bist auch so klar gegen Organspende, IVF und ähnliche Maßnahmen eingestellt.

  8. Was hat denn die Organspende mit der Stammzellenforschung zu tun? Die Frage vielleicht, wann der Tod eintritt, äquivalent zur Frage, wann Leben beginnt? Das ist natürlich ein anderes schwieriges Thema, wenn es um den Hirntod geht. Organspende allgemein ist aber eine gute Sache, die hier nicht als Vergleichsobjekt dienen kann.

    Zu dem Weißkittel-Zitat (ich finde es im Übrigen bemerkenswert, welche Diskussion mein Beitrag hier auslöst und wie dieser zerpflückt wird), ich meine damit einfach, dass es nicht angehen kann, dass Forscher im Labor beliebig befruchtete Eizellen herstellen und zersören, um irgendwann mal einen Fortschritt zu erzielen. Deine wissenschaftliche Position kann ich zwar nachvollziehen, sie wird sich aber nie mit meiner Auffassung decken können.

  9. Hier noch ein Auszug aus einer Rede Kardinal Meisners aus dem Jahr 2002:

    „Samenzelle und Eizelle sind natürlich keine Menschen, aber mit der Verschmelzung von Samen- und Eizelle vollzieht sich ein unwiderruflicher qualitativer Schritt aus einem Was zu einem Jemand. Ab diesem Zeitpunkt entwickelt sich in einem kontinuierlichen Prozess dieser Jemand zu einem ausgewachsenen Menschen. Der Embryo entwickelt sich als Mensch und nicht zum Menschen. Alle Ent-
    wicklungsstufen in diesem Prozess sind immer schon Entwicklungsstufen dieses Jemands. Das menschliche Leben im Reagenzglas ist nicht geschützt durch die spontane emotionale Tötungshemmung, die ein Kindergesicht auslöst. Ähnliches gilt für die Abtreibung. Dennoch lehrt uns gerade die moderne Wissenschaft, dass der Embryo Mensch von Anfang an ist. So hilflos und ausgeliefert er ist, bedarf er unseres besonderen Schutzes. Das gilt also auch für den Embryo.

    Gegenwärtig steht die Forschung mit embryonalen Stammzellen im besonderen Interesse der öffentlichen Diskussion, wie auch das Programm Ihres Besuches zeigt. Unser Grundgesetz stellt die Unantastbarkeit der Würde des Menschen an die erste Stelle der Verfassungsprinzipien. Sie steht damit deutlich über menschlichen Hoffnungen auf Gesundheit und Heilung.
    Darum darf die Freiheit der Wissenschaft nicht durch die Einschränkung der Rechte Dritter erkauft werden.

    Wer trotzdem unter dem Deckmantel der wissenschaftlichen Freiheit der Forschung an embryonalen Stammzellen das Wort redet, propagiert letztlich eine Instrumentalisierung des Menschen.
    Der Embryo steht von der abgeschlossenen Befruchtung an unter dem Schutz der Menschenwürde. Im heutigen verfassungsrechtlichen Rahmen hat derjenige die Beweislast zu tragen, der den sich aus dem Menschenwürdeprinzip ergebenden Lebensschutz einschränken will. Es ist in der gegewärtigen Diskussion bemerkenswert, dass sich ausgerechnet diejenigen verteidigen müssen, die für den verfassungsrechtlich garantierten Lebensschutz eintreten und nicht diejenigen, die dieses Verfassungsgut aushöhlen wollen.

    Ethisch zu rechtfertigen ist nur diejenige Stammzellenforschung, die keine Tötung menschlicher Embryonen oder Foeten im Verfahren beinhaltet; ethisch nicht zu rechtfertigen sind damit unmittelbar alle Weisen der „Herstellung“ menschlicher Embryonen zu Forschungs- oder therapeutischen Zwecken sowie alle so genannte fremdnützige Verwendung. Diese Praktiken verletzen die Menschenwürde und sind deshalb durch keinen noch so hochrangigen Zweck zu rechtfertigen. Ich kann und darf nicht einen Menschen opfern, um einen anderen zu heilen.
    Und ich darf auch nicht zum Profiteur einer solchen unmoralischen Handlung werden. Auch in diesem Fall heiligt der gute Zweck nicht die Mittel.“

    Auch hier steht eine ethische Position im Vordergrund, keine religiöse!

  10. Um auf diese Argumentation noch einmal einzugehen:

    “Samenzelle und Eizelle sind natürlich keine Menschen, aber mit der Verschmelzung von Samen- und Eizelle vollzieht sich ein unwiderruflicher qualitativer Schritt aus einem Was zu einem Jemand.[…]“

    Das wird jetzt einfach mal so postuliert. Man darf aber durchaus anderer Meinung sein.

    „Dennoch lehrt uns gerade die moderne Wissenschaft, dass der Embryo Mensch von Anfang an ist. So hilflos und ausgeliefert er ist, bedarf er unseres besonderen Schutzes. Das gilt also auch für den Embryo.“

    Wie sieht dann der Schutz für die Embryonen aus, die für die IVF „hergestellt“ wurden und dann nicht mehr benötigt werden? Zur Zeit gibt0 es die Mülltonne. Denn um einen Menschen zu erhalten fehlt (noch) der wichtigste Faktor: Die Mutter.

    „Wer trotzdem unter dem Deckmantel der wissenschaftlichen Freiheit der Forschung an embryonalen Stammzellen das Wort redet, propagiert letztlich eine Instrumentalisierung des Menschen.“

    Mit der Instrumentalisierung von Menschn kennt der Autor dieser Rede sich in der Tat gut aus. Aber ich will nicht auf die Ad hominem-Schiene geraten, auch wenn es in diesem Fall sehr Nahe liegt.

    „Der Embryo steht von der abgeschlossenen Befruchtung an unter dem Schutz der Menschenwürde.“

    Wieder einmal wird seine Ansicht ohne tatsächliche Begründung als Fakt hingestellt. Ich (und damit stehe ich nicht alleine) sehe das ein wenig differenzierter.

    „Es ist in der gegewärtigen Diskussion bemerkenswert, dass sich ausgerechnet diejenigen verteidigen müssen, die für den verfassungsrechtlich garantierten Lebensschutz eintreten und nicht diejenigen, die dieses Verfassungsgut aushöhlen wollen.“

    Es ist schon ausgesprochen dreist, die Befürworter der Forschung in diese Ecke zu stellen. Insbesondere deshalb, weil es gerade in Deutschland ausschliesslich Forscher gibt, die eine sachbezogegene Ethik-Debatte unterstützen und ausdrücklich die gezielte Produktion von Embryonen ablehnen. Das wird von den Gegnern immer wieder gerne unterschlagen.

    „Ethisch zu rechtfertigen ist nur diejenige Stammzellenforschung, die keine Tötung menschlicher Embryonen oder Foeten im Verfahren beinhaltet; ethisch nicht zu rechtfertigen sind damit unmittelbar alle Weisen der „Herstellung“ menschlicher Embryonen zu Forschungs- oder therapeutischen Zwecken sowie alle so genannte fremdnützige Verwendung.“

    Was auch immer das heißen mag. Zur gezielten Herstellung habe ich ja bereits etwas geschrieben – was als „fremdnützige Verwendung“ gemeint ist, weiß ich nicht, vermute aber mal, dass es die Nutzung der überzähligen Zellhaufen ist.

    „Auch hier steht eine ethische Position im Vordergrund, keine religiöse!“

    Naja. In dem man ein Dogma postuliert und darauf die Argumentation aufbaut, ist nicht unbedingt eine Disussionsweise, die ich unterstütze. Ob man es als religiös bezeichnet oder nicht, spielt dabei weniger eine Rolle. (wobei in diesem Zusammenhang immer wieder in Richtung „Gott spielen“, „Schöpfung missbrauchen“, usw. argumentiert wird.

  11. Wie ich schon an anderer Stelle in diesem Beitrag geschrieben habe, ist es sehr schwierg, an dieser Stelle in aller nötigen Ausführlichkeit über dieses Thema zu debattieren, gerade wenn die Basis der Argumentation jeweils sehr unterschiedlich ist. Da kommt schnell Polemik hinzu, gerade wenn die andere Position rigoros abgelehnt und die andere als „religiös motiviert“ als hinfällig betrachtet wird. Auf diese Art der Argumentation reagiere ich allergisch.

    Ich finde deine Seite übrigens ziemlich interessant.

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