Torlos, trostlos

Wozu bin ich gestern nach München gefahren? In die Allianz-Arena? Zum 174. bayerischen Derby zwischen dem FC Bayern München und dem Glubb aus Nürnberg? Zugegeben, das Spiel selbst war wirklich gut, ein wirklich nett anzusehendes Nullnull – wenn nicht gerade Roy Makaay aus zwei Metern das leere Tor nicht trifft. Die Nürnberger boten den Bayern auf hohem Niveau Paroli, echte Torchancen hatten sie allerdings nicht, die vergaben entweder die Bayern selbst oder sie scheiterten an dem großartigen Raphael Schäfer. Die Nürnberger sind leider nicht auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt worden, der Anhang träumt mehr denn je vom Europapokal.

Das Spiel war gut, alles andere gestern war zum Kotzen. Auf der Zugfahrt hinwärts Assi-Fans (von beiden Seiten), einer weinte beinahe, da er trotz des Rauchverbots rauchen musste und ihm vom Schaffner in Dollnstein der Rausschmiss drohte, da er die Strafe (7€) nicht bezahlen konnte – die legten dann andere für ihn zusammen, er durfte doch zum Spiel. Nach gut vier Stunden Zugfahrt erwartete uns in München traumhaftes Wetter und besagtes Spiel ohne Live-Tore. Die sind mir jetzt nicht mal mehr im Stadion vergönnt. So ein Scheiß. Den krönenden Abschluss bildete dann aber die Heimfahrt. Die vom Europapokal träumenden Mittelfranken und enttäuschte Bayern. Gesänge, Getrommel und dummes Gebabbel. Einem Rotschwarzen war mein Buch über das Nibelungenlied zu hoch, weshalb er sich dann mitsamt seinem dummen Geschwätz wieder verzog. Ein voller Regionalexpress trotz Entlastungszug nach Nürnberg (in dem zum Glück die meisten Nürnberger Trolle verschwanden), blieben uns die Alkoholleichen vom Bayernanhang. Die Zugfahrt wurde dann in Oberdachstetten wegen Bauarbeiten unterbrochen, wir durften mit dem Bus bis Uffenheim weiterfahren. Das nennt sich dann Schienenersatzverkehr. Mit den sicher betrunkensten Bayernfans durften wir den hinteren Teil des Busses teilen. Ein Kleinostheimer hatte ein Problem mit seinem Kassettenrekorder und präsentierte unfreiwillig sein tiefes Maurerdekolletè. Dies wiederum veranlasste einen anderen, ihm Bier in die Arschritze zu schütten. Er hat aber nur meinen Schoß getroffen. Erst beim zweiten Versuch ist der Streich gelungen. Später hat M. dann noch eine Dusche mit Wodka-Eistee abbekommen. Scharfe Kurve und Alkohol… Mit einer halben Stunde Verspätung sind wir schließlich in Würzburg angekommen, wo mich K. am Bahnhof erwartet hat. Wenigstens ein positives Ende einer nervigen Zugfahrt.

Eines habe ich mich noch gefragt. Ist nicht der Fan im Stadion normalerweise am nähesten dran am Geschehen? Offensichtlich nicht oder nicht mehr. Die Information darüber, dass der holländische Nationalspieler Marc van Bommel ab sofort für den Rekordmeister von der Isar spielt, war offensichtlich so exklusiv, dass Stadionsprecher Stephan Lehmann in der Halbzeit zwar einen Neuzugang vermeldete, den Namen aber für die Pressekonferenz NACH dem Spiel ankündigte, weil er ihn vorher nicht verraten durfte. Wie schön aber, dass Uli Hoeneß den Namen VOR dem Spiel bei arena verkündete, was sich nach und nach per SMS in der Kurve verbreitet hat. Mein Camoranesi-Gerücht wurde schnell zerstreut.

Ach ja! Wozu das Ganze? Ich weiß es nicht. Muss wohl eine Art von Masochismus sein, sich das immer wieder anzutun: Ich werde selbstverständlich wieder zum FC Bayern fahren, aber ich bin doch ziemlich froh, dass das erst im Oktober sein wird. Zur Champions-League geht es schließlich mit dem Auto.

Ich habe gestern nicht nur den Arsch der Welt gesehen… Und der Fußballtipp ist auch mächtig daneben gegangen!

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Kategorisiert in Fußball

Von Alex

Einst habe ich an der Universität in Würzburg studiert, jetzt bin ich Lehrer. Mein Lieblingszitat stammt aus dem grandiosen österreichischen Film Poppitz: „Dänkn däaf mass, soogn liaba neet“ – schließlich sind zumindest die Gedanken frei – wer es nicht verstanden hat: „Denken darf man es, sagen besser nicht“

3 Kommentare

  1. Ärger dich nicht, ich saß in Stuttgart im Stadion und durfte mir auch noch drei einschenken lassen. Und dabei hatten wir auch noch Scheißplätze, na dann, gut nacht…

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