Unprofessionell und ziemlich kindisch

Wie ein trotziges Kind, das man nicht mitspielen lässt, ist Kevin Kuranyi gestern aus dem Dortmunder Westfalenstadion davongestapft. Es erinnert ein bisschen an seine Auswechlsung letztes Jahr in der CL, als er dem damaligen Trainer Mirko Slomka den Handschlag verweigerte, weil der es gewagt hatte, den besten Stürmer, den Deutschland je hatte, auszuwechseln. 2006 verstand er die Welt nicht mehr, als er nicht zur WM mitdurfte, es folgte das Comeback in der Nationalelf, ein (!) starkes Spiel gegen Tschechien in der EM-Quali und ansonsten viel Mittelmaß, wenn er spielen durfte.

Unprofessionell und ziemlich kindisch ist auch die Art und Weise, wie er sich davongestohlen hat. Spurlos verschwunden und für niemanden zu erreichen, seine Sachen ließ er von ein paar Kumpels aus dem Mannschaftshotel holen. Bloß niemandem begegnen, er müsste sich ja rechtfertigen. Ein bisschen ist das wie eine Trennung per SMS, wo die beste Freundin anschließend die Sachen abholt. Seine Karriere in der Nationalmannschaft so stillos zu beenden, ist schon echt hart. War die Verzweiflung so groß oder die Selbstüberschätzung oder beides? Er tut mir ja fast ein bisschen leid, auch wenn ich ihn nicht leiden kann, unseren Averell. Wenn er Jogi wenigstens sportliche Gründe geliefert hätte, ihn zu berücksichtigen, aber er hat ihn ja bestätigt. Eine Diva verhält sich so.

Seinen Mannschaftskameraden gegenüber ist das aber eine Frechheit. Respektlos gegenüber den Verantwortlichen auch. Klose, Podolski, Gomez und Helmes sind momentan klar besser und wenn er für das Spiel auf die Tribüne muss, sollte er sich halt damit abfinden. In einem 18-Mann-Kader müssen nicht drei Stürmer auf der Bank sitzen. Für einen Spieler, der immer wieder als Führungsspieler bezeichnet wird, ist das ganz arm. Genug geschrieben, das Kapitel Kuranyi ist jetzt beendet. Endlich.

[Nachtrag 13.10.] Laut Sport-Bild soll sich Kuranyi inzwischen telefonisch bei Löw gemeldet und entschuldigt haben, an Löws Entscheidung, Kuranyi nicht mehr zu nominieren, ändert das aber nichts. Er braucht ihn auch nicht. Da hilft es auch nicht, dass jetzt der Schalke-Boss wie der erboste Papa losrennt und den anderen sagt, sie müssen den Kevn wieder mitspielen lassen, es mache ihm doch so viel Spaß.

Von Alex

Einst habe ich an der Universität in Würzburg studiert, jetzt bin ich Lehrer. Mein Lieblingszitat stammt aus dem grandiosen österreichischen Film Poppitz: „Dänkn däaf mass, soogn liaba neet“ – schließlich sind zumindest die Gedanken frei – wer es nicht verstanden hat: „Denken darf man es, sagen besser nicht“

5 Kommentare

  1. Irgendwie scheint er sich in Schalke nicht so gut zurechtzufinden und im Gegensatz zu Poldi bei Bayern kann er sich den Frust nicht in der Nationalelf von der Seele schießen.

  2. Podolski blüht bei der NM immer wieder auf, bekommt daher auch seine Chancen. Kuranyi hat einfach zu wenig gezeigt, wenn er mal zum Zug gekommen ist. Blöd für ihn, aber wenn die Konkurrenz groß und vor allem besser ist, verdrängt man da schwer einen. Wie lange musste Kahn warten, ehe er im Tor stehen durfte? Auch Lehmann wäre in jedem anderen Land die Nummer 1 gewesen, hinter Kahn ist es halt schwer. Das ist aber ein anderes Thema, ohne Wüterich Klinsi hätte Kahn auch die WM gespielt und Lehmann wäre nie die 1 geworden.

  3. Jetz hab ich wegen dir meine Schreibtisch vollgespuckt 😉

    Ich hab grad getrunken und dabei folgendes gelesen:

    „…weil der es gewagt hatte, den besten Stürmer, den Deutschland je hatte,…“

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