Unvernünftig, dumm oder einfach nur ignorant und rücksichtslos

In Würzburg gibt es eine mehr als aggressive Radfahrerlobby, die sofort mit „Aber die Autofahrer“-Beißreflexen reagiert, wenn das Verhalten der Radler kritisiert wird. Natürlich möchte niemand Teil dieser aggressiven Radfahrerlobby sein, es sind nur erstaunlicherweise immer wieder die gleichen Nasen, die genau diesen Beißreflex zeigen und sich auch politisch entsprechend aggressiv engagieren. Schuld sind immer ausschließlich die anderen, niemals die Radfahrer selbst, denn die sind ja die Allerschwächsten. Mit dem Auto in den Berliner Ring zu fahren ist nicht nur baulich bedingt im Berufsverkehr stressig, weil sich Lücken oftmals schneller schließen als man losfahren kann. Ganztägig muss man auch noch auf der Hut sein, dass einem kein gestörter Radfahrer vors Auto fährt, der entgegen jeder Vernunft gegen die Fahrtrichtung fährt und von der Seite kommt, wo man eben normalerweise nicht hinschaut, weder beim Rein- noch beim Rausfahren. Hupen wird im Normalfall mit dem Mittelfinger oder üblen Schimpfwörtern bedacht, Unverständnis fährt auf jeden Fall immer mit. Blöd, wenn es doch zum Unfall kommt, dann ist der Autofahrer am Ende noch der Dumme. Beim Verlassen ist es fast noch schlimmer, weil zum Schulterblick der Sicherheitsblick dazukommen muss.

In der Fußgängerzone ist es ähnlich, Radfahrer haben alle Rechte, niemals aber Pflichten, zumindest scheint es so. Rücksichtnahme ist ein völliges Fremdwort. Wer schiebt denn sein Rad über den Marktplatz, wenn Weihnachtsmarkt, Frühlingsmesse oder Häfelesmess ist? Da kann es noch so voll sein, irgendein Schwachkopf schlängelt sich durchs Gedränge, klingelt, schreit, rempelt oder wird gar unverschämt, wenn man darauf hinweist, dass Schieben vielleicht vernünftiger wäre. Dass das Radfahrer bei Messen verboten ist, stört die wenigsten der besagten Herrschaften. Kontrollen gibt es keine, werden diese tatsächlich mal angekündigt, schimpft wieder die oben beschriebene Lobby, die in Radfahrern immer nur Opfer sieht.

Einbahnstraßen, rote Ampeln, Rechts vor Links, Vorfahrt achten oder Stoppschilder gelten nur für Autofahrer, auf Hupen wird hier ähnlich reagiert wie im Berliner Ring.

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Als das gelbe Schild oben letztes Frühjahr aufgehängt wurde, reagierte die bekannte Radlerlobby entsprechend aggressiv, geändert hat sich nichts, im Gegenteil. Nur Dumme kommen auf die Idee, sich durch eine Menge stehender und in unterschiedliche Richtung laufender Menschen durchzuschlängeln, ohne Kontakt geht das nicht. Letzte Woche ist am Maifeiertag ein Schwachkopf gerade noch am Kinderwagen entlanggeschrammt. Warum? Stürzt er, reißt er andere mit, sonst wäre mir das tatsächlich egal. In Karlstadt steht am Bahnhof ein Schild „Vernünftige fahren hier nicht. Allen anderen ist es verboten.“. Ein Appell an den gesunden Menschenverstand hilft leider dann nicht, wenn besagter Verstand nicht vorhanden ist. Leider ist genau das ein Problem unserer Gesellschaft geworden. Rücksicht gibt es für viele nicht mehr. Die persönliche Freiheit steht in völliger Selbstherrlichkeit über allen anderen, diese endet nicht mehr dort, wo die persönliche Freiheit anderer beginnt. Im Zweifel soll sich immer der andere fügen. Und wenn ich den heutigen Artikel zur Straßenmusik auf der Mainbrücke in der Mainpost lese, sehe ich mich nur bestätigt. Nicht nur, was die Radfahrer angeht, sondern was die allgemeine Rücksichtnahme angeht. Die Ellenbogengesellschaft voller egoistischer Arschlöcher hat immer mehr Mitglieder.

Von Alex

Einst habe ich an der Universität in Würzburg studiert, jetzt bin ich Lehrer. Mein Lieblingszitat stammt aus dem grandiosen österreichischen Film Poppitz: „Dänkn däaf mass, soogn liaba neet“ – schließlich sind zumindest die Gedanken frei – wer es nicht verstanden hat: „Denken darf man es, sagen besser nicht“