Fahrradfahren in Würzburg, Fahrradfahrer in Würzburg, ein leidiges Thema, für alle, die damit zu tun haben: für die Radfahrer, für die Autofahrer, für die Fußgänger und letztlich für die, die in der Stadt zu entscheiden haben.
Als Radfahrer, der ich in Würzburg bin, nerven natürlich die oft nicht vorhandenen Radwege, folglich ist es nicht ungefährlich, wenn sich Fahrräder und Autos die oft engen Straßen teilen müssen. Durch die untere Rottendorfer Straße drängt sich alles, für Radfahrer ist da wenig Platz, der Gehsteig ist ganz bestimmt keine Ausweichmöglichkeit, wird aber von vielen wie selbstverständlich genutzt. Im unteren und auch im oberen Bereich, wo die Straße dann wirklich breit genug ist. Auch an anderen Stellen wird es nicht selten brenzlig, wenn man nicht aufpasst. Und genau da liegt das Problem: viele passen einfach nicht auf.
Ich habe mittlerweile als Autofahrer wirklich fast tagtäglich das Gefühl, in Würzburg sind jede Menge Idioten auf zwei Rädern unterwegs, die überhaupt keine Ahnung haben, wie die Perspektive eines Autofahrers ist, weil sie noch nie hinter einem Lenkrad gesessen haben. Anders ist die Dummheit, mit der sich viele selbst gefährden, eigentlich nicht zu erklären. Wie oft kommt es allein bei uns vor, dass ich rückwärts aus unserer Einfahrt rausfahre und fast einen Radfahrer mitnehme, der bergab die Rottendorfer Straße auf dem Gehsteig runterrast. Das ist als Fußgänger dann richtig gefährlich, wenn wir unser Grundstück verlassen. Jetzt bin ich aber noch als Autofahrer unterwegs. Natürlich ist die Verkehrsführung im Berliner Ring nicht radfahrerfreundlich, der Berliner Ring ist aber auch als Kreisverkehr für Autofahrer eine beknackte Konstruktion. Mal geht es zweispurig rein, mal zweispurig raus, dann einspurig, dann kann man aber auf einer Spur nur reinfahren, wenn man den Ring gleich wieder verlässt. Viele drängen sich auf der äußeren Spur, die Innenspuren scheinen manchen nicht bekannt. Die Vorfahrt bekomme ich fast täglich beim Ausfahren genommen, wenn ich nach Grombühl will, direkt danach muss ich schon wieder aufpassen, dass nicht ein Radfahrer über den Zebrastreifen schießt. Schilder werden da missachtet, Sperren umfahren. Fahre ich einen um, bin ich der Depp. Im Ring selbst ist unzähligen Radfahrern gar nicht bewusst, wie gefährlich es ist, gegen die Fahrtrichtung den Ring zu durchfahren, weil sie zu bequem sind, richtig rum zu fahren oder zu schieben. Der Schulterblick nach hinten ist obligatorisch, schon da ist der tote Winkel aber Dauergast. Wenn jetzt plötzlich von der anderen Seite ein lebensmüder Radler kommt, ist das Geschreie immer groß, wenn man einen fast vom Rad fährt. Bei einem Unfall wäre ich als Autofahrer wahrscheinlich auch hier der Depp.
Als Fußgänger ist es in der Fußgängerzone auch nicht immer ungefährlich, weil Radfahrer in unserer Stadt gerne mehr Rechte haben und sich diese nur zu gerne auch nehmen, selbst wenn sie diese noch nicht haben. Im Gedränge durchschlängeln, wie doof muss man sein, frage ich mich da auch als Radfahrer immer wieder. Wie schnell fahre ich jemanden an, weil man als Fußgänger eben nicht ständig nach hinten schaut. Zumindest diese Perspektive kennen Radfahrer auch.
Sinnbildlich für das Verhalten vieler Radfahrer, die hier auch eine unangenehm aggressive Lobby haben, finde ich ja die Diskussion um die Alte Mainbrücke. Da wurde vor ein paar Wochen dieses gelbe Schild aufgehängt, das freundlich dazu auffordert, sein Rad zu schieben, wenn zu viel los ist, sofort brach ein Sturm der Entrüstung los, da sich Radfahrer diskriminiert und an den Pranger gestellt sahen:
„Zu viel Leut, da schieb ich heut!“ heißt es auf dem Schildchen. Natürlich ist die Alte Mainbrücke als Radweg ausgewiesen, ob das sinnvoll ist, wage ich aber zu bezweifeln. Die Alte Mainbrücke ist nun mal einer der schönsten Orte in Würzburg, Brückenschoppen hin oder her stehen da auch unzählige Touristen und machen begeistert ihre Erinnerungsbilder. Mit und ohne Wein. Heute war es dort so voll, dass wir zu Fuß nicht auf die Brücke gegangen sind, weil das Gedränge zu groß war. Nichtsdestotrotz fahren da nicht wenige Radfahrer völlig schmerzfrei durch die Menge. Dass es da zu Konflikten kommt, ist nur logisch. Als Radfahrer steige ich da doch ab und schiebe freiwillig, schon aus Eigensicherung. Als Fußgänger, als Tourist oder als Schoppenpfetzer stehe ich und bin mit anderem beschäftigt, eventuell kennen diese Perspektive auch einige der Radfahrer, die dennoch aggressiv glauben, sich ihren Weg bahnen zu müssen, weil ihnen schon der Kamm schwillt, wenn sie auf eine Situation zufahren.
So weit denken aber viele offenbar einfach nicht. Die sehen sich in ihren Rechten als Radfahrer ständig beschnitten, wo aber die Radwegesituation schlecht ist, kann ich nicht durch schlechtes Benehmen irgendwas besser machen. Und wenn ich dann diese sogenannte „Critical-Mass“-Demo sehe, die provoziert doch geradezu noch mehr Konflikte. Auch die Autofahrer haben es nicht leicht, auf engen Straßen im Feierabendverkehr voranzukommen. Wenn dann Radfahrer mit einem in meinen Augen miesen Manöver ihren Spaß haben und spontan Hauptverkehrsadern zumachen, macht das nicht unbedingt auf deren schlechte Radwegesituation aufmerksam, sondern darauf, wie borniert diese ihre eigenen Rechte sehen.
Würzburg ist nun mal eng. Für alle. Gegenseitige Rücksichtnahme und ein Einhalten der Verkehrsregeln würde allen helfen. Autofahrer, Radfahrern, Fußgängern. Die Reihenfolge ist völlig egal.
Ich sag nur:
Provinz auf Weltniveau
🙂