Voll-Spacken an der Tankstelle

Was für ein Pech, dass ich ausgerechnet am Sonntagabend Benzin gebraucht habe. Ich musste zur Tankstelle, da ich mit dem Schluck, der noch im Tank war, am Montagfrüh nur den halben Weg bis zur Arbeit geschafft hätte.

Leider war das gegen acht Uhr am Abend, ich wollte nur noch kurz tanken, dann heim, Auto brav auf der Straße parken, umziehen und los zum EM-Finale. Nur habe ich nicht bedacht, dass wohl der halben Stadt eingefallen ist, dass zum Fußball Bier und Chips ganz gut schmecken, die Läden am Sonntag aber nicht auf haben und somit alle eine Stunde vor Anpfiff die Tankstellen stürmten. Vor mir waren sage und schreibe zwölf Leute, von denen keiner auch nur einen Tropfen Benzin gekauft hat, sondern jeweils mehrere Einzelflaschen in dem kostenlosen Hofbräu-Pappträger zur Kasse trug. Von jeder Sorte ein Bier, damit es länger dauert und die Kassiererin auch wirklich jede Flasche einscannen muss. Zwischendurch fiel dem Pächter ein, die wartende Meute darauf aufmerksam zu machen, dass es auch gekühltes Bier gäbe. Also sicherte sich jeder bei Vorder- und Hintermann ab, sich anschließend wieder einreihen zu dürfen, und stürmte dann die frisch bestückte Kühltheke, um den bunten Biermix in gekühlter Form einzuräumen und dabei die warmen Flaschen einfach irgendwo abzustellen. Ausgerechnet in dieser Schlange stand auch ein Autofahrer, der wohl doch getankt hatte und sich in den Kopf gesetzt hatte, seine 40 gesammelten Bonus-Punkte für ein Jako-Handtuch einzulösen. Er hatte nur leider keinen eingeklebt, also wurde er mit einer Bonus-Punkte-Karte versorgt, in die er seine Handtuchpunkte neben der Kasse auf der Kühltheke einkleben durfte.

Es ging und ging nicht voran, die beiden Damen an der Kasse arbeiteten zwar schnell, aber die vielen Einzelflaschen ließen sich nicht schneller einscannen. Der Knabe mit dem Schweinegesicht direkt vor mir musste dann seinen Personalausweis vorzeigen und bekam von der netten Dame an der Kasse mit einem Grinsen gesagt, dass er aber Glück hätte, dass er seit zwei Wochen 16 ist. Ein Sechser-Träger mit sechs Bieren, der sah aber schon aus, als würde er keine drei vertragen. Der andere hat Freixenet gekauft, von dem er sich auch auf Zuruf des Pächters ein gekühltes Exemplar geholt hatte.

Nach einer geschlagenen Viertelstunde durfte dann auch ich meine 60€ loswerden, es war nach acht und meine Laune war kurz davor schlecht zu werden. Die hat dann der Ossi-Depp aus Schmalkalden richtig schlecht gemacht, der sich mit seinem beschissenen Prolo-Escort so saudämlich hinter mich gestellt hatte, dass ich weder vor- noch zurückfahren konnte, dabei aber seiner Freundin seinen Wunschzettel entgegensächselte, die sich schon angestellt hatte, aber nicht wusste, welche sechs verschiedenen Biere er will.

Von Alex

Einst habe ich an der Universität in Würzburg studiert, jetzt bin ich Lehrer. Mein Lieblingszitat stammt aus dem grandiosen österreichischen Film Poppitz: „Dänkn däaf mass, soogn liaba neet“ – schließlich sind zumindest die Gedanken frei – wer es nicht verstanden hat: „Denken darf man es, sagen besser nicht“