„Wetten dass..?“ wurde einfach kaputtgemacht

Aus. Vorbei. Am Samstag lief die letzte Sendung von „Wetten dass..?“ und ich bin echt traurig, dass es diese großartige Show nicht mehr gibt. Fast 34 Jahre lief der Samstagabendklassiker und ich dürfte sieben oder acht gewesen sein, als ich die Sendung erstmals mitschauen durfte. Nicht den ganzen langen Abend, aber ich kann mich noch an Frank Elstner erinnern und natürlich auch an den Moment, als Thomas Gottschalk im quietschbunten Jackett mit Schulterpolstern auftrat und als Nachfolger Elstners vorgestellt wurde. Mit Gottschalk war ich dann auch alt genug, um bei meinen Eltern mitzuschauen, und fortan gehörte „Wetten dass..?“ zu den Sendungen, die ich nicht verpassen durfte und wollte. Viele, unzählige tolle Momente hat die Show nicht nur mir beschert und so fand ich es auch echt traurig, als Gottschalk nach wenigen Jahren seinen Abschied bekannt gab. Umso glücklicher war ich, als er nach einem Jahr Wolfgang Lippert wieder ablöste, den ich einfach nicht mochte; wahrscheinlich mochte ich ihn aber vor allem deshalb nicht, weil ich Gottschalk so toll fand und bis heute toll finde. Der zweite Abschied war dann leider endgültig, Lanz tat mir auch sofort leid, dass er in diese riesengroße Fußstapfen treten musste, ich konnte ihn mir aber von seiner ganzen Art auch nicht als Nachfolger vorstellen. Wahrscheinlich war das aber der gleiche Effekt wie 1992 bei Lippert.

Hätte es 1992 schon Twitter und Facebook gegeben, Lippert wäre in den sozialen Medien ebenso vernichtet worden wie Lanz in den letzten 2 1/2 Jahren. Er hatte von der ersten Sendung an keine Chance, ihm wurde jeder noch so kleine Fehler vorgehalten, der Höhepunkt war sicherlich diese lächerliche Petition, die auch noch eifrig von allen möglichen Medien dankbar aufgegriffen wurde, nachdem er in seiner Talkshow Sahra Wagenknecht auflassen hat lassen. „Wetten dass..?“ sollte aus irgendeinem Grund vernichtet werden, Lanz war der nette Talkshow-Moderator, der stets gut vorbereitete Streber, den aber offenbar viele nicht auf dem berühmten Sofa sitzen sehen wollten. Am Montag nach den Sendungen versuchten sich Spiegel Online, Welt Online und andere Portale gegenseitig mit ihren Verrissen zu übertreffen, plötzlich musste jeder Hollywoodstar peinlich berührt von Lanz bloßgestellt worden sein. Wenn Tom Hanks mit rosa Hasenöhrchen dumm herumsteht, ist das die Schuld der Redaktion, auch wenn die Aktion wirklich doof und zum Fremdschämen war. Solche Momente gab es sicher öfters mal, die gab es aber auch bei Gottschalk. Der hatte am Ende auch mit den unzähligen Nervensägen zu kämpfen, die sich die Sendung offenbar nur deshalb angeschaut haben, um parallel dazu auf Twitter oder Facebook den Oberklugscheißer zu geben, der jedes Wort auf die Goldwaage legt, um abwechselnd „Sexist“, „Rassist“ oder sonst irgendeinen Schmarrn in die sozialen Netzwerke zu plärren. Nach jeder Sendung war der Sendung die Tracht Prügel sicher, auf allen Kanälen.

Ich habe mich da immer gefragt, ob die nicht einfach abschalten und das schauen können, was ihrem scheinbaren pseudointellektuellen Kulturzeit-Anspruch genügt. Ich frage mich auch jetzt noch das gleiche und denke, dass die meisten der Obernörgler die Sendung gar nicht angeschaut haben, aber auf ihrem Smartphone jeden Käse nachgeplappert haben. Ohne Handy in der Hand fernzusehen ist ja nicht mehr in. Mir hat die Sendung immer Spaß gemacht, mir hat sie auch am Samstag Spaß gemacht, auch wenn ich das wirkliche Ende nicht mehr gesehen habe, weil das Skifahren zu anstrengend war, sodass ich lieber geschlafen habe. Die Wetten am Samstag waren jedenfalls nochmals toll, spannend und spektakulär.

Für mich als Fernsehkind der später 80er wird „Wetten dass..?“ immer etwas Besonderes bleiben, weil die Abende selten langweilig waren und über Stunden tolle Unterhaltung geboten wurde. Und wenn palavert wird, der Fernsehdino sei angestaubt, nicht mehr zeitgemäß und somit überfällig gewesen, dann frage ich mich, ob Castingshows oder seichte Ich-trete-dir-in-die-Eier-und das-ist-lustig-Shows mit Joko und Klaas bessere und zeitgemäßere Unterhaltung bieten. Sicher versammelt eine Fernsehshow nicht mehr 20 Millionen vor dem Fernseher, bei Gottschalk waren es oft auch nicht mehr mehr als 10, aber das liegt eher an den heutigen Sehgewohnheiten. Fernsehen und Internet verschmelzen, Mediatheken und Videoportale sind populärer und zeitunabhängig.

Nichtsdestotrotz war Lanz ein sympathischer Moderator der Sendung, besser als Lippert, lange nicht so gut wie Gottschalk, und sicherlich war er nicht die Idealbesetzung. Eine Chance hätte er aber durchaus verdient gehabt, die hat er aber nie bekommen. Schon gar nicht von den anonymen Klugscheißern auf Twitter. Auf was stürzen sie sich jetzt eigentlich nach dem Ende der Sendung?

Von Alex

Einst habe ich an der Universität in Würzburg studiert, jetzt bin ich Lehrer. Mein Lieblingszitat stammt aus dem grandiosen österreichischen Film Poppitz: „Dänkn däaf mass, soogn liaba neet“ – schließlich sind zumindest die Gedanken frei – wer es nicht verstanden hat: „Denken darf man es, sagen besser nicht“