Manchmal schwillt mir einfach der Kamm.
Anfang Dezember spielte die Südtiroler Band Frei.Wild in der Posthalle, im Vorfeld gab es ein ähnlich hysterisches Theater wie im März 2013, als Frei.Wild in Geiselwind spielten. Vor gut zwei Jahren meinte eine damalige Landtagsabgeordnete der Grünen, sich zur modernen Widerstandskämpferin aufzuschwingen, in einem offenen Brief forderte sie die Absage beider Konzerte, zumal eines tatsächlich am 20.04. stattfände. Ende November war es dann ein in der KHG beheimateter AK Asyl, der in einem offenen Brief von Posthallen-Betreiber Jojo Schulz forderte, das Konzert abzusagen. Auch dieses Konzert fand natürlich statt, aber in der Komfortzone des Internets, wo man schnell mal einen offenen Brief veröffentlicht, der dann in der Mainpost breitgetreten wird, geht das ja auch sehr schnell.
Ich mag die Musik noch immer nicht, mir ist aber dafür die Art und Weise, wie auf recht billige Weise Pseudo-Widerstand geleistet wird, zutiefst zuwider. Dass die Grüne Jugend Würzburg mitmischt, sollte bei deren komischen Positionen nicht weiter verwundern, vor lauter Gender-Sternchen scheint da der Blick für die Realität ohnehin getrübt. Getreu dem Motto „Frei.Wild ist zwar keine Nazi-Band, aber eigentlich doch.“ schwurbeln sie sich wirr etwas zusammen, weil sie von ihrem eigenen etwas merkwürdigen Heimatverständnis ausgehen und in den Texten der Südtiroler völkisches und nationalistisches Gedankengut entdeckt haben wollen. Wahrscheinlich war noch nie einer dieser Komfort-Widerstandskämpfer in Südtirol. In meinem Blogeintrag vom März 2013 habe ich bereits geschrieben, dass die Südtiroler nach dem Ersten Weltkrieg von den italienischen Faschisten zwangsitalianisiert wurden, dies wirkt bis heute fort, schließlich mache ich bis heute offiziell in Italien Urlaub, wenn ich in Südtirol unterwegs bin. Italienisch spricht dort keiner, wenn es nicht sein muss. Bis heute haben auch all die italienischen Namen von damals Bestand. Und genau aus diesem Grund haben die Südtiroler ein ganz besonderes Verhältnis zu ihrer Heimat und dem Verständnis davon, wie ein Volk zusammensteht, um sich sein Erbe zu bewahren. Dieses Heimatverständnis mag vielen in Deutschland so nicht mehr taugen und suspekt erscheinen, aus Textzitaten, Merchandising-Produkten und Fanzuspruch einen Zusammenhang mit Pegida und rechten Umtrieben herzustellen, ist dämlich, vor allem aber ist es oberflächlich und furchtbar bequem. Zu allem Überfluss auch noch eine Verbindung zu brennenden Flüchtlingsunterkünften herzustellen, naja, eigentlich habe ich mir meinen Teil gedacht, ziemlich bequem eben, und vor allem völlig ungefährlich.
Dass Herr Schulz das Konzert nicht absagt, weil ihm das ein paar grüne Übereifrige – Das Wort „Gutmenschen“ würde mich ja sofort in die Ecke der ganz Rechten und von Frei.Wild rücken – diktieren, war klar. Dass sich dann am Abend ein paar der „Aktivisten“, aufgerufen hatte die Grüne Jugend, vor der Posthalle einfinden und demonstrieren, war auch klar, dabei merken sie gar nicht, wie die Band genau mit diesem nach Aufmerksamkeit schreienden Gezeter offen kokettiert und diesen Komfort-Widerstand nicht mehr ernst nimmt. Wie ich übrigens auch nicht. Auf dem Rücken der bekannten Band müssen sich die auch als „Gutmenschen“ verspotteten Widerständler profilieren, weil sie es damit mit Sicherheit in die regionalen und überregionalen Medien schaffen. Siehe Würzburg, nicht nur die Mainpost hat mehrfach berichtet, auch der BR widmete sich den 20 Demonstranten, die eine knappe Stunde schreien und singen konnten.
Die üblichen Begleiterscheinungen eines Frei.Wild-Konzert, habe ich mir gedacht, aber dass wenige Tage nach dem Konzert die studentische Bühne Keller Perle ebenfalls einen offenen Brief in die Weiten des Internets schicken musste und Herrn Schulz darin die Zusammenarbeit aufkündigte, war dann doch mehr als albern. Sie wollen ihre Veranstaltungen nicht mehr in dessen Programmheften wiederfinden, sie werden auch kein Werbematerial der Posthalle mehr auslegen, weil dieser das Konzert nicht abgesagt hatte. Schulz, der doch SPD-Stadtrat ist, habe einen Nachmittag für Flüchtlinge veranstaltet, die linkspolitische Band egotronic auftreten lassen, da dürfe er nicht auch „rechtskonservativen Bands wie Frei.Wild“ eine Bühne bieten.
Doch. Schulz ist Geschäftsmann, Frei.Wild eine erfolgreiche Band und deren Musik nicht verfassungsfeindlich. Punkt. Vielleicht muss ja zukünftig jede Band, die in Würzburg auftritt, eine Gesinnungsprüfung im Sinne der Grünen Jugend über sich ergehen lassen. Ein merkwürdiges Weltbild, das diese Herrschaften pflegen. Fazit: Für diese Art von Pseudo-Widerstand, der weder wehtut noch gefährlich ist, braucht es nur ein dickes Fell, anderen regelmäßig gehörig auf die Nerven zu gehen, schon ist die Welt gefühlt ein bisschen besser geworden. Ich brauche nur etwas, das ich lange genug als „rechts“ beschimpfe. Und wenn in der Keller Perle nur Künstler auftreten dürfen, die eine bestimmte Denkweise mitbringen, dann gehe ich eben dort nicht mehr hin.