Wo führt die Straba hin?

Trotz CL-Spiel habe ich mich für das Stadtgespräch zur geplanten Straba-Linie 6 im Saalbau Luisengarten entschieden. „Ich setz mich ausnahmsweise nach links außen“, meinte der Alt-OB, der sich vor mir niederließ, zu seiner Nachbarin.

Etwas verspätet eröffnete Andreas Jungbauer von der Mainpost die Veranstaltung, in der zunächst die „kompetenten“ Gäste ihre Positionen ausführten und eigentlich weniger diskutierten, wie es anscheinend angedacht war. Bei den Gästen handelte es sich um den WVV-Geschäftsführer Thomas Schäfer, den Kunsthistoriker und Verschönerungsvereinsvorsitzenden Stefan Kummer, den Straßenbahnexperten Thomas Naumann, den Sachgebietsleiter von der Regierung von Unterfranken Heiko Brückner sowie Herrn Wiegand vom Würzburger Baureferat.

Viel Neues gab es in der längeren ersten Hälfte nicht zu sehen bzw. zu hören: Der Straßenbahnexperte berichtete von einer Straßenbahn-Renaissance weltweit, zitierte Statistiken, die bewiesen, dass Straßenbahnen stets deutlich stärker frequentiert würden und verglich die Würzburger Planung mit den Straßburger Verhältnissen. Dort steht nämlich das gesamte historische Stadtzentrum unter dem Schutz der UNESCO und man hat es anscheinend dennoch geschafft, alle zufrieden zu stellen. In Würzburg dreht es sich bekanntlich um das Residenz-Areal, für das der Verschönerungsverein einen oberleitungsfreien Abschnitt fordert, was jedoch einige Millionen mehr kosten würde. Der Vorschlag von einem Zuhörer, man solle sich das moderne System von Bordeaux zum Vorbild nehmen, wurde mit der Begründung abgelehnt, dass die Technik in Deutschland nicht genehmigt würde. Thomas Schäfer führte die Animation zur neuen Straßenbahn vor, die man sich bereits auf der Mainfrankenmesse ansehen konnte, und erläuterte – nachdem der Beamer wieder zur Verfügung stand – die jüngsten Pläne, welche die Verlegung der Trasse vom Residenzplatz auf die gegenüberliegende Häuserseite beinhalten.

Interessant wurde es eigentlich erst, als endlich die Zuhörer zu Wort kamen – ein Herr, der seinen Namen nicht nennen wollte, beschwerte sich, dass bisher keine Frau zu Wort kam. Wortmeldungen gab es viele, jedoch zeichnete sich bald ab, dass viele von ihnen ihre Frage für sich behalten mussten. Die Emotionen fingen zu kochen an, als die Sorge um die zukünftige Anbindung des restlichen Frauenlands aufkam, worauf erklärt wurde, dass keine parallelen Trassen bestehen werden. Es kam auch wieder die Frage auf, warum man die Straßenbahn nicht einfach vom Sanderring zum Hubland führt. Hier argumentierte Schäfer, dass dadurch am Sanderring ein Straßenbahnkreuz entstehen würde und auch das Röntgen-Gymnasium irgendein Problem darstellt; zudem müsste ein kleiner Teil der Anlagen dran glauben. Ein anderer Zuhörer griff die Äußerung von Thomas Schäfer auf, dass durch die Stilllegung des Rennwegs die Zahl der dort verkehrenden Busse von über 600 auf 0 sinken werde: Seine berechtigte Fragen, wo denn in Zukunft die beträchtliche Zahl an Bussen umgeleitet und wie die Stadtteile hinter der Residenz an den ÖPNV angebunden werden sollen, konnte von Schäfer eigentlich gar nicht beantwortet werden. Stattdessen erklärte er, dass die neue Straßenbahn u.a. Teile der Linien 14 und 28 ersetzen sollen und dass er nicht sagen könne, ob der Bus um 09.10 Uhr oder 09.40 Uhr fährt oder in welchem Takt und wo die Buslinien im Jahr 2017 geführt werden. Schon merkwürdig, wenn man bei der Planung einer neuen Straßenbahnlinie in diesem Stadium darüber noch keine klare und vielleicht etwas qualifiziertere Aussage machen kann. Diese Erklärungsnot war schließlich der Auslöser, dass viele im Saal wütend ihre Sachen packten und gingen, bevor Andreas Jungbauer die in meinen Augen sehr enttäuschende Veranstaltung beenden konnte. Natürlich befindet sich das alles noch in der Planungsphase, aber ich frage mich auch, wie der Verkehr bei all den Einbahnstraßen – speziell der Busverkehr – durch die Stadt geleitet werden soll. Es gab natürlich auch noch andere Wortmeldungen, aber die erspare ich mir, um zum Ende zu kommen.

Wer die Berichte zur neuen Straßenbahn verfolgt hat, war am Ende nicht viel schlauer, wahrscheinlich eher unzufrieden oder verärgert.  Anstatt das bereits Bekannte aufzusagen, hätte man vielleicht mehr Zeit für Wortmeldungen einplanen sollen. Für die Zuhörer aus dem Frauenland/Keesburg – der größte Anteil – war der Abend wahrscheinlich am wenigsten erfreulich und ich bin mir sicher, dass wir auch noch den einen oder anderen Leserbrief vorfinden werden.

5 Kommentare

  1. *läster-modus an*

    Wie war das noch mal?
    Welt auf Provinz….äähh…Provinz auf Welt….Würzburg auf Provinzniveau?
    Es scheint irgendwie nicht so, als würde hier so richtig professionell gearbeitet werden. Klingt alles ziemlich nach Kompromiss- und Billiglösungen. Hab so das Gefühl, dass sich hier noch viele Menschen (hoffentlich nicht: Generationen) zukünftig über solche Planungen ärgern werden.
    Schade. Und das jetzt, wo wir gerade auf dem Sprung zur …. ja, was eigentlich? waren. Weltstadt? Studentenfreundliche Stadt? Stadt mit freundlichen Studenten? Weinstadt? Fahrradfreundliche Stadt? Was IST Würzburg und was WILL ES SEIN? Habe das Gefühl, das weiß so recht keiner. Sollten mal etwas mehr Imagepflege betreiben oder für eine bessere Corporate Identity sorgen 😉

  2. Also Fahrrad freundlich sicher nicht. Die Fahrradfreundlichkeit fängt nämlich ziemlich genau an den Stadtgrenzen an – dummerweise außen. Man sollte sich diesbezüglich mal andere Studentenstädte wie z.B. Erlangen zum Vorbild nehmen, wo das Radwegenetz wesentlich besser ausgebaut sind und Radwege nicht urplötzlich verschwinden bzw. enden.

  3. Nicht umsonst hat die Stadt auch nicht nur die Auszeichnung „hässlichster Bahnhof“ sondern auch „Fahrradfahrer-Unfreundlichste Stadt“ inne…

  4. na Provinz will man sein, aber eben nicht auf Weltniveau! Das passiert halt wenn Kompetenz und Verantwortung nicht Hand in Hand gegen..mit gutem Projekt-/ Change- Management hat das wenig zu tun. Hier haben vielmehr Ideenlosigkeit und vermutlich persönliche Interessen das Sagen.

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